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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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natürlich nicht möglich. Also begnügte sie sich damit, sich das Gesicht mit Wasser aus einem der Krüge auf dem Waschbecken zu waschen. Mit einem Waschlappen rubbelte sie ihre Haut, bis sie rosa war. Sie zog eine Bürste durch ihr Haar und band es mit einem Gummi im Nacken zusammen. Dann legte sie Rouge auf die Wangen, strich Mascara auf die Wimpern und ein bisschen Lippenstift auf den Mund. Bei dieser Hitze trug sie nur T-Shirt und Unterwäsche. Sie zog sich ins Schlafzimmer zurück, zu den abgebrannten Kerzen und Bergen von Schmutzwäsche und dem muffigen Geruch von ungewaschenem Bettzeug, und nahm eins von Davids langschößigen Hemden aus dem Schrank. Was sie darunter anziehen sollte, war ein Problem; nichts passte ihr mehr richtig. Sie entschied sich für eine Schlabberjeans, in die sie sich hineinzwängen konnte, wenn sie den obersten Knopf offen ließ, und dazu ein Paar Sandalen.
    Noch einmal zum Spiegel. Nicht schlecht, befand Lila. Entschieden besser. Schließlich hatte sie ja nichts Besonderes vor. Obwohl– es wäre nett, irgendwo zu Mittag zu essen, wenn sie ihre Besorgungen erledigt hätte. Das hatte sie sich nach all der Zeit, die sie im Haus eingesperrt gewesen war, jedenfalls verdient. Irgendein hübsches Lokal, wo man draußen essen konnte. Es gab kaum etwas Netteres als ein Glas Wein und einen Salat im Freien an einem Sommernachmittag. Café des Amis– das wäre genau das Richtige. Dort hatten sie eine wunderbare, mit duftenden Blumen umrankte Terrasse und einen fabelhaften Koch– er hatte sie mal am Tisch begrüßt–, der im Cordon Bleu gelernt hatte. Pierre? François? Der Mann konnte die erstaunlichsten Dinge mit Saucen anstellen und entlockte den einfachsten Gerichten die feinsten Aromen; sein Coq au vin war der absolute Traum. Aber bekannt war das Des Amis für seine Desserts, vor allem für die Mousse au Chocolat. Etwas so Himmlisches hatte Lila anderswo nie im Leben gegessen. Sie und Brad hatten sich nach dem Essen immer eine geteilt und einander damit gefüttert wie zwei Teenager, die so verliebt waren, dass die Welt um sie herum kaum existierte. Selige Tage– wenn man verliebt war und die Verheißungen des Lebens sich vor einem auftaten wie die Seiten eines Buches. Wie hatten sie gelacht, als sie beinahe den Verlobungsring verschluckt hatte, den er zwischen der luftigen Schokoladenmasse versteckt hatte. Oder damals, als Lila ihn abends noch in den strömenden Regen hinausgeschickt hatte– alles wäre ihr recht, irgendein Schokoriegel, ein Kit-Kat oder ein Almond Joy oder ein blödes altes Milky Way– und er eine Stunde später nass bis auf die Knochen in der Schlafzimmertür gestanden hatte, mit dem breitesten Lächeln der Welt auf dem Gesicht und einer riesigen Tupperdose mit François’– Pierres?– berühmter Mousse au Chocolat in der Hand, genug für eine ganze Armee. So war Brad gewesen. Er war zur Hintertür gegangen, wo noch Licht brannte, und hatte an die Tür gehämmert, bis jemand gekommen war und ihm den vom Regen durchweichten Fünfzig-Dollar-Schein abgenommen hatte. Es war so unglaublich lieb. Mein Gott, Lila, hatte Brad gesagt, als sie den vollen Löffel zum Mund führte, wenn du so weitermachst, wird dieses Baby halb aus Schokolade bestehen.
    Jetzt passierte es ihr schon wieder. David. David Centre war jetzt ihr Mann. Lila musste sich wirklich zusammenreißen. Nicht, dass sie und David je eine Mousse au Chocolat geteilt hätten oder im Café des Amis gewesen wären oder sonst etwas annähernd Ähnliches getan hätten. Der Mann hatte nicht den geringsten Sinn für Romantik. Wie hatte sie sich von solch einem Typen überreden lassen können, seine Frau zu werden? Als wäre sie nichts weiter als ein Punkt auf seiner anspruchsvollen To-do-Liste? Berühmter Arzt werden– abgehakt. Lila Kyle schwängern– abgehakt. Ehrenhaft handeln– abgehakt. Er wusste anscheinend kaum, wer sie war.
    Sie ging die Treppe hinunter. Draußen flutete die Sommersonne vom Himmel und füllte den Hausflur wie ein goldenes Gas. Als sie an der Tür war, durchströmte sie pure Erregung. Was für eine Befreiung! Herrlich! Sich endlich hinauszuwagen, nachdem sie so lange eingesperrt gewesen war! Sie konnte sich vorstellen, was David sagen würde, wenn er es erfuhr. Mein Gott, Lila, ich hab doch gesagt, es ist gefährlich. Du musst an das Kind denken. Aber sie dachte ja an das Kind; das Kind war der Grund. Das war es, was David nicht verstand. David, der so viel damit zu tun hatte, die Welt zu

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