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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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verschränkten Hände über den Tisch und beugte sich vor. Guilder spürte, wie ein Schweißtropfen sich aus seiner Achsel löste und über seine Rippen nach unten lief. Sie haben beschlossen, ein uraltes Virus zu manipulieren, mit dem sich ein Dutzend Todeskandidaten in unzerstörbare Monster verwandeln ließen, die sich von Blut ernähren. Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, jemandem davon zu erzählen?
    Na ja, beschlossen nicht gerade. Guilder war nicht von Anfang an bei der DSW gewesen. Er war dazugekommen, als die Administration gewechselt hatte, und da war schon so viel Geld zum Fenster rausgeschmissen worden, dass er die Bremse nicht mehr hätte anziehen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Das Projekt NOAH unterstand einer so obskuren Kommandohierarchie, dass nicht einmal Guilder wusste, wo es seinen Ursprung hatte– wahrscheinlich bei der National Security Agency, obwohl er das Gefühl nicht loswurde, dass es noch höher reichte, vielleicht sogar bis ins Weiße Haus. Aber als er hier vor den Vereinigten Stabschefs saß, schien es auf solche Feinheiten nicht mehr anzukommen. Guilder hatte dreißig Jahre lang in Behörden gearbeitet, in denen so vieles geheim war, dass im Grunde niemand mehr für irgendetwas verantwortlich war. Ideen schienen von allein zu erblühen. Was haben wir getan? Nein, haben wir nicht. Ab in den Reißwolf damit. Genau das würde mit Special Weapons passieren, wahrscheinlich sogar mit Guilder selbst.
    Einstweilen jedoch gab es Schuld zu verteilen. Das Meeting hatte sich schnell zu einem Brüllwettbewerb entwickelt, und Guilder hatte einen verbalen Tiefschlag nach dem anderen kassiert. Er war erleichtert, als sie ihn aus dem Zimmer schickten, denn er wusste, dass die Situation ihm damit aus den Händen genommen war. Von jetzt an würde das Militär sich mit dem Problem befassen, wie es sich mit allem befasste: indem es auf alles schoss, was ihm über den Weg lief.
    Rückblickend hatte Guilder den Eindruck, er hätte die Lage diplomatischer präsentieren können. Aber die Projektionen des Zentrums für Seuchenkontrolle sprachen für sich. Drei Wochen, maximal vier, und das Virus würde Chicago dezimieren, St. Louis, Salt Lake City. Sechs Wochen, und es ginge um die Küsten.
    Vampire, Herrgott. Was hatte er sich bloß dabei gedacht?
    Was hatten alle sich dabei gedacht?
    Und doch, es gab keinen Zweifel, dass Lear da einer sagenhaften Sache auf der Spur gewesen war. Der große Jonas Lear– sogar Guilder fühlte sich von diesem Mann eingeschüchtert, einem Biochemiker aus Harvard mit einem unglaublich hohen IQ , der das Gebiet der Paläovirologie so gut wie erfunden und uralte Organismen isoliert und für moderne Zwecke wiederbelebt hatte. In Fachkreisen galt Lear allgemein als sicherer Kandidat für einen Nobelpreis. Okay, vielleicht war die Verwendung von Straftätern aus der Todeszelle nicht die allergescheiteste Idee gewesen. Da hatten sie sich übernommen. Und gegen Ende hatte Lear sicher nicht mehr sämtliche Tassen im Schrank gehabt. Aber man musste zugeben, dass die Idee mehr als reizvoll war. Nicht zu sterben, beispielsweise. Nie. Eine Sache, an der Guilder, wie er in letzter Zeit festgestellt hatte, ein nicht unbeträchtliches persönliches Interesse hatte.
    Seine einzige Hoffnung war das Mädchen.
    Amy– Nachname unbekannt. Probandin Nummer dreizehn, entführt aus einem Kloster in Memphis, Tennessee, wo ihre Mutter sie zurückgelassen hatte. Guilder war nicht ganz wohl dabei gewesen, als er seine Unterschrift gegeben hatte. Ein Kind, um Himmels willen! Jemand musste etwas merken, und so war es auch gekommen. Alle durchkämmten das Land nach dem entführten Mädchen, von der Oklahoma Highway Patrol bis zu den U. S. Marshals, und Richards, dieser Irre, hatte eine Spur von Leichen hinterlassen, die eine Meile breit war. Die Nonnen in dem Kloster, im Schlaf erschossen. Zwei Kleinstadt-Cops. Sechs Leute in einem Coffeeshop, die nur einen einzigen Fehler begangen hatten: Sie hatten zur gleichen Zeit frühstücken wollen wie Wolgast und das Mädchen.
    Lear persönlich hatte das Mädchen angefordert, und so etwas abzulehnen, brachte Guilder nicht über sich. Jeder der Sträflinge war mit einer leicht veränderten Variante des Virus infiziert worden, auch wenn die Wirkung immer die gleiche gewesen war. Erkrankung, Koma, Verwandlung, und ehe man sichs versah, hingen sie kopfüber an der Decke und weideten ein Kaninchen aus. Aber die Amy-Variante war anders. Sie stammte nicht

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