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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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gewesen, als die Bombe losging, und die Druckwelle hatte sie von den Beinen gerissen, aber einen Augenblick zuvor hatte sie als Einzige den Tod der Zwölf mit angesehen, hatte gesehen, wie ihre Körper zerfetzt und in einem Feuerball weit verstreut worden waren. Alles andere war verschwommen. Von Amy hatte sie nichts gesehen.
    Überhaupt nichts.
    Einer von ihnen war aber gefallen.
    Als sie Tifty fanden, hatte er seine Pistole noch in der Hand. Er lag im Schlamm, zerschlagen, zerfetzt, mit Blut in den Augen. Sein rechter Arm war nicht mehr da, aber das war nicht das Schlimmste. Als sie sich um ihn herum versammelten, bemühte er sich stoßweise atmend, noch einmal zu sprechen. Endlich brachten seine Lippen die Worte hervor. » Wo ist sie?«
    Nur Greer schien zu verstehen, was er wollte. Er drehte sich zu Nina um. » Er meint dich.«
    Vielleicht begriff sie, worum es ging, vielleicht auch nicht; das konnte niemand erkennen. Aber sie ließ sich neben ihm auf den Boden sinken. Zitternd vor Anstrengung hob Tifty die Hand und berührte ihr Gesicht mit den Fingerspitzen in einer überaus zarten Gebärde.
    » Nitia«, flüsterte er. » Meine Nitia.«
    » Ich heiße Nina.«
    » Nein. Du bist Nitia. Meine Nitia.« Er lächelte unter Tränen. » Und du hast so viel Ähnlichkeit… mit ihr.«
    » Mit wem?«
    Das Leben versickerte aus seinen Augen. » Ich habe ihr versprochen…« Sein Atem stockte. Er begann an dem Blut zu ersticken, das aus seinem Mund quoll. » Ich habe ihr versprochen… dich zu beschützen.« Das Licht in seinen Augen erlosch, er war tot.
    Niemand sagte etwas. Einer von ihnen war fort, in der Dunkelheit verschwunden.
    » Das verstehe ich nicht«, sagte Alicia und sah die anderen an. » Warum hat er sie so genannt?«
    Greer beantwortete diese Frage. » Weil sie so heißt.« Nina schaute von dem Toten auf. » Das hast du nicht gewusst, nicht wahr?«, sagte er. » Das konntest du nicht wissen.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    » Tifty war dein Vater.«
    Beizeiten würde alles erzählt werden. Ein Pick-up würde ins Stadion gerast kommen, und sie würden drei Leute aussteigen sehen. Nein, vier: Michael, Hollis und Sara mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm.
    Aber jetzt standen sie schweigend vor ihrem Freund, und das größte Geheimnis seines Lebens war offenbart. Der große Gangster, Tifty Lamont, Captain der Expeditionsstreitkräfte. Sie würden ihn begraben, wo er gefallen war, auf dem Feld. Denn das verlässt du nie, erklärte Greer; das hatte Tifty immer gesagt. Du denkst vielleicht, das kannst du, aber du kannst es nicht. Wenn du einmal darauf gestanden hast, ist es für immer ein Teil von dir.
    Niemand hat das Schlachtfeld je hinter sich gelassen.

XII
    Der Kuss
    Januar 98n. V.
    Am Tag des Sieges ist kein Mann müde.
    Arabisches Sprichwort

67
    Das Wetter spielte nicht mit. Januar in Iowa– was hatten sie erwartet? Tag um Tag froren sie bis auf die Knochen. Lebensmittel, Treibstoff, Wasser, Strom, das ganze komplexe Unternehmen, eine Stadt mit siebzigtausend Seelen in Gang zu halten– die Freude des Sieges war bald von profaneren Dingen überlagert worden. Vorläufig hatten die Rebellen die Kontrolle übernommen, auch wenn Eustace nach eigenem Eingeständnis kein besonderes Geschick für diese Aufgabe besaß. Die vielen kleinen Dinge, die es zu organisieren galt, überforderten ihn, und die hastig auf die Beine gestellte Übergangsregierung aus Delegierten der einzelnen Baracken tat wenig, um ihm die Last leichter zu machen. Das neugeschaffene Gremium war aufgebläht und unorganisiert, die eine Hälfte zankte sich ständig mit der anderen, bis Eustace die Hände in die Höhe warf und sämtliche Entscheidungen doch selbst traf. Die Bevölkerung hatte ein gewisses Maß an Fügsamkeit bewahrt, doch das würde nicht so bleiben. Auf dem Markt war es zu Plünderungen gekommen, bevor Eustace für die öffentliche Sicherheit hatte sorgen können, und jeden Tag gab es neue Berichte über Racheakte; viele der Kols hatten versucht, anonym in der Bevölkerung unterzutauchen, aber ihre Gesichter waren bekannt. Ohne ein Justizsystem, das denen, die sich ergaben oder von den Rebellen gefasst wurden, bevor der Mob sie in die Hände bekam, den Prozess machen konnte, war es schwer, etwas mit ihnen anzufangen. Das Gefängnis platzte aus allen Nähten. Eustace hatte die Möglichkeit angesprochen, das » Projekt« nachträglich umzubauen– es war jedenfalls sicher genug und hatte zusätzlich den Vorteil, etwas abseits zu

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