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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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einen Erdnuss-Schokoriegel aus dem Automaten in der Lobby des Motel 6 gezogen, weil er meinte, sich irgendetwas einverleiben zu müssen, aber er hatte das verdammte Ding nicht mal in den Mund bekommen. Bei dem bloßen Geruch verknoteten sich seine Eingeweide. Er konnte die Konservierungsstoffe praktisch riechen, einen ekligen Chemiegestank wie von einem scharfen Putzmittel.
    Als das Zentrum der Stadt in Sicht kam, wusste Grey, dass er den Interstate Highway verlassen musste. Er kam einfach nicht mehr um die Autos herum, und die Situation würde nur schlimmer werden, je weiter er käme. Er steuerte den Truck auf den Parkplatz vor einem 7-Eleven und sah auf die Uhr. Am besten fuhr er Richtung Süden und damit um die Stadtmitte herum, entschied er, obwohl das nur eine Vermutung war; er kannte Denver überhaupt nicht.
    Er schwenkte nach Süden und dann wieder nach Osten. Überall war es das Gleiche; keine Menschenseele war zu sehen. Er wünschte, wenigstens das Radio könnte ihm Gesellschaft leisten, doch als er die Skala absuchte, hörte er immer nur das leere Rauschen, das er schon seit anderthalb Tagen hörte. Eine Zeitlang drückte er immer wieder auf die Hupe, um jeden, der vielleicht noch am Leben war, auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen, aber irgendwann gab er es auf. Hier war niemand mehr, der es hörte. Denver war eine Gruft.
    Als schließlich der Motor krepierte, war Grey derart am Rande der Verzweiflung, dass er es erst gar nicht merkte. So verstörend war die Stille der Umgebung, dass die Möglichkeit, er könnte nie wieder einen lebenden Menschen zu sehen bekommen, immer greifbarer wurde: Vielleicht war die Menschheit auf der ganzen Welt und nicht bloß in Denver hinweggefegt worden. Ein paar Sekunden lang rollte der Pick-up noch ohne Antrieb weiter, aber auch die Lenkung war ausgefallen, und Grey konnte nur dasitzen und warten, bis der Wagen zum Stehen kam.
    Gott, dachte er, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er schob Iggys Pistole in die Tasche seines Overalls, stieg aus und klappte die Haube hoch. Er hatte im Laufe seines Lebens genug Schrottautos besessen, um einen gerissenen Keilriemen zu erkennen, wenn er einen sah. Der logische nächste Schritt wäre es, den Truck stehen zu lassen und sich einfach einen neuen Wagen zu suchen, bei dem der Schlüssel steckte. Er war auf einer breiten Straße, die von großen Einzelhandelsmärkten gesäumt war: Best Buy, Target, Home Depot. Die Sonne brannte vom Himmel. Auf jedem Parkplatz standen Autos herum, auch ein paar Pick-ups. Aber er hatte keine Lust hineinzuschauen, denn er wusste, was er finden würde. Er hatte schon jede Menge Keilriemen ausgewechselt; er brauchte dazu nur den Riemen und ein paar einfache Werkzeuge, einen Schraubenzieher und einen oder zwei Schlüssel, um die Spannvorrichtung zu justieren. Vielleicht gab es bei Home Depot Autoersatzteile. Es konnte nicht schaden, kurz nachzusehen.
    Er überquerte den Highway und ging auf die offen stehende Tür zu. Die Gitterbox mit den Propangasflaschen neben dem Eingang war aufgebrochen worden, und alle Gasflaschen waren weg, doch ansonsten sah die Frontseite des Baumarkts unbeschädigt aus. Eine Phalanx von aneinandergeketteten Rasenmähern stand unberührt neben dem Eingang ebenso wie eine Ansammlung von Terrassenmöbeln, die mit gelbem Blütenstaub überzogen waren. Den einzigen Hinweis darauf, dass etwas nicht in Ordnung war, gab eine große, viereckige Sperrholztafel, die an der Wand lehnte und auf der mit Sprühfarbe geschrieben war: GENERATOREN AUSVERKAUFT .
    Grey zog die Pistole aus der Tasche und ging hinein. Der Strom war ausgefallen, aber soweit er es von der Tür aus sehen konnte, machte alles einen relativ ordentlichen Eindruck. Viele Regale waren zwar leer geräumt, doch so gut wie nichts lag auf dem Boden herum. Er hielt die Waffe ausgestreckt vor sich, ging vorsichtig durch den vorderen Teil des Baumarktes und suchte die Schilder über den einzelnen Gängen nach einem ab, auf dem » Autoteile« stand.
    Er hatte die Hälfte der Regalreihen hinter sich, als er etwas hörte. Starr blieb er stehen. Einen Moment lang war es still, dann kam das Geräusch noch einmal, links vor ihm: ein leises Rascheln, gefolgt von einem kaum hörbaren Murmeln. Grey ging zwei Schritte weiter und spähte um die Ecke.
    Es war eine Frau. Sie stand vor einem Display mit Farbproben, gekleidet in Jeans und einem Männeroberhemd. Ihr Haar war von sanftem Braun mit helleren Strähnen, und sie hatte es hinter die

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