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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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Schlimmer als Momma, schlimmer als die ganzen Toten, die er am Morgen auf dem Weg zum Depot gesehen hatte. So ein Geruch konnte sich in dich hineinschlängeln, durch Nase und Mund, und dann blieb er tagelang in dir.
    » Hallo?«, rief April. Ihre Stimme hallte über den Platz. » Ist jemand hier? Hallo!«
    Danny hatte ein übles Gefühl in der Magengrube. Zum Teil lag es an dem Geruch, zum Teil aber auch nicht. Das unruhige Klingeln erfüllte ihn von oben bis unten.
    » Hallo!«, rief April noch einmal und legte die gewölbten Hände um den Mund. » Ist da jemand?«
    » Vielleicht sollten wir abhauen«, schlug Danny vor.
    » Die Army soll doch hier sein.«
    » Vielleicht ist sie ja schon wieder weg.«
    April streifte den Rucksack ab, öffnete den Reißverschluss und nahm einen Hammer heraus. Sie schwang ihn hin und her, als wolle sie sein Gewicht prüfen.
    » Tim, du bleibst bei mir, verstanden? Nicht wegspazieren.«
    Der Junge stand unten an der Bustreppe und hielt sich die Nase zu. » Aber es stinkt eklig«, sagte er näselnd.
    April schob die Arme durch die Rucksackgurte. » In der ganzen Stadt stinkt es eklig. Da musst du einfach durch. Jetzt komm.«
    Danny wollte auch nicht mitkommen, aber das Mädchen war wild entschlossen. Er folgte den beiden, als sie in das Gewirr der Autos vordrangen. Schritt für Schritt begann er zu begreifen, was er sah. Die Autos waren als Verteidigungsanlage um die Zelte herum aufgestellt worden. Wie die Siedler in den Zeiten der Pioniere ihre Planwagen im Kreis aufgestellt hatten, wenn die Indianer angriffen. Doch hier waren keine Indianer gewesen, das wusste Danny, und was immer passiert sein mochte, es sah aus, als wäre es längst vorbei. Irgendwo waren Leichen– der Geruch schien immer durchdringender zu werden, je weiter sie kamen–, aber bis jetzt hatten sie noch keine Spur von ihnen gesehen. Es war, als wären sie alle verschwunden.
    Sie kamen zum ersten der Zelte. April schlug die Klappe zur Seite und ging hinein. Den Hammer hielt sie schlagbereit über den Kopf gestreckt. Im Zelt herrschte ein heilloses Durcheinander. Tragen und Infusionsständer waren umgekippt, und überall lag Müll herum– Verbände, Edelstahlschalen, Spritzen. Aber noch immer waren keine Leichen zu sehen.
    Sie schauten in das nächste Zelt und in ein drittes. Überall war es das Gleiche. » Wo zum Teufel sind sie alle?«, fragte April.
    Der einzige Ort, wo sie noch suchen konnten, war das Stadion. Danny wollte da nicht hinein, doch April akzeptierte kein Nein. Wenn die Army gesagt hatte, man sollte hierherkommen, beharrte sie, dann musste es einen Grund geben. Zusammen gingen sie den Weg zum Eingang hinauf. April hatte die Führung übernommen; sie hielt Tim mit einer Hand fest und den Hammer mit der anderen. Zum ersten Mal bemerkte Danny die Vögel. Wie eine große schwarze Wolke kreisten sie über dem Stadion, und ihre schrillen Rufe durchbrachen die Stille und schienen sie zugleich zu vertiefen.
    Dann hörten sie hinter sich eine Männerstimme.
    » Ich würde da an eurer Stelle nicht reingehen.«
    Der Ferrari hatte den Geist aufgegeben, als Kittridge auf den Parkplatz des Stadions gebogen war. Da bockte der Wagen schon wie ein halb zugerittenes Pferd, und Wolken von öligem Rauch wehten unter der Haube und dem Fahrgestell hervor. Es war klar, was passiert war: Kittridges Raketenstart über die Ausfahrtrampe der Tiefgarage– dieser Sprung in die Höhe und der harte Aufprall auf dem Asphalt– hatte die Ölwanne aufgerissen. Das Öl war ausgelaufen, der Motor hatte sich immer weiter überhitzt, das Metall sich ausgedehnt, bis die Kolben sich schließlich in den Zylindern festfraßen.
    Tut mir leid um deinen Wagen, Warren. Er war jedenfalls gut, solange er lief.
    Nach dem, was er im Stadion gesehen hatte, brauchte Kittridge ein Weilchen, um sich wieder zu fassen. Himmel, was für ein Anblick. Nicht, dass es ihn groß überrascht hätte, aber es mit eigenen Augen zu sehen war noch mal was anderes. Ihm war speiübel. Seine Hände zitterten regelrecht, und er war nah daran zu kotzen. Kittridge hatte in seinem Leben schon einiges gesehen, auch ein paar schreckliche Dinge. Leichen in Massengräbern, aufgereiht wie gefällte Baumstämme. Ganze Dörfer, die vergast worden waren, mit Familien, die da lagen, wo sie zusammengebrochen waren, die Hände vergebens nach einer letzten Berührung ihrer Lieben ausgestreckt. Die unkenntlichen Überreste von Männern und Frauen und Kindern, auf einem Marktplatz in

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