Die Zwölf Türme (German Edition)
nun auf dem Wege nach Alfheim, wo man eine gute Klinge jetzt sicher gebrauchen kann, denn es heißt, dass die Trolle Alfheim bedrohen. Auf dem Wege sah ich das Feuer und kam hierher, um zu sehen, wer hier lagert."
"Seid Ihr auf der Schwertreise?" erkundigte sich Oswin, "Ich weiß, dass jede Kriegerin von Yathir sich erst in fremden Landen bewähren und ihr Waffengeschick vervollkommnen muss, bevor sie in die Kaste der Schwertfrauen aufgenommen wird. Wir Ritter aus Aesirland müssen ebenfalls eine solche Bewährungsprobe bestehen, bevor wir zum Ritter geschlagen werden."
"Ihr habt Recht", antwortete Uta, "ich bin auf der Schwertreise der Kriegerinnen und wie Ihr wisst, gibt es derzeit in diesen Ländern genug Möglichkeiten der Bewährung."
"Auch wir wollen nach Alfheim", meinte Oswin, "Wenn Ihr wollt, könnt Ihr Euch uns anschließen."
Uta nickte zustimmend, dann wandte sie sich um, um ihr Pferd zu holen, eine schneeweiße Stute, die sie in einiger Entfernung vom Feuer angepflockt hatte.
Als sie sich Alfheim näherten, hörten sie aus der Ferne ein seltsames Rauschen, Summen und Heulen, das manchmal anschwoll und dann wieder leiser wurde.
"Was ist denn das für ein Geräusch?" fragte Charles den neben ihm reitenden Swidberd.
"Was Eure Ohren da vernehmen, sind die fernen Geräusche einer Schlacht", erklärte ihm der Ritter, "Stellt Euch Tausende von Kehlen vor, die einen Schlachtruf brüllen oder Schreie des Schmerzes ausstoßen, sowie das Klirren von Metall auf Metall. Das alles zusammen vermischt sich zu einem einzigen Ton, jenen, den wir jetzt hören können. Es hört sich ganz so an, als würde um Alfheim erbittert gekämpft."
"Wie sollen wir unter solchen Umständen in die Elfenstadt hineinkommen?" überlegte Krysander laut, der sein Pferd neben Swidberd gelenkt hatte.
"Da fragt lieber Umbras. Vielleicht kann er mit seinen Zauberkräften bewirken, dass wir irgendwie und unbeschadet nach Alfheim hineingelangen."
Schließlich kam Alfheim in Sicht und jetzt konnte man auch die einzelnen Geräusche der Schlacht voneinander unterscheiden. Auf der Kuppe eines größeren, bewaldeten Hügels hielten die Zehn an und starrten gebannt auf die Szenerie, die sich da in einer Entfernung von etwa fünftausend Metern ihren Augen bot.
Für Charles sah Alfheim fast so aus wie eine orientalische Stadt aus "1001 Nacht". Umgeben von hohen, weißen Mauern reckten sich schlanke, fast zierlich wirkende Türme mit zwiebelförmigen, goldenen Spitzen scheinbar bis in den jetzt dunkelgrauen, düsteren Himmel. Jedes Haus sah aus wie ein kleiner, reich verzierter Palast und Charles konnte kein Dach erkennen, das nicht vergoldet zu sein schien.
"Das ist Alfheim", meinte Umbras, "Die Stadt aus Gold und Marmor."
"Wollt Ihr damit sagen, dass diese ganze Stadt aus Marmor und Gold gebaut ist?" staunte Charles.
"So ist es", lächelte Umbras, "Und es gibt meines Wissens auf ganz Nimmerwelt keine Stadt, die ihr an Schönheit und Anmut gleichkäme."
"Sagt uns lieber, wie wir dort hineinkommen", brummte der Riese Uddo, "Mir scheint es schier unmöglich, durch den Belagerungsring zu kommen. Der Trollkönig Farvd scheint alle seine Krieger hier aufgeboten zu haben. Das müssen mehr als zehntausend Trolle sein, die da die Elfenstadt belagern."
Charles beobachtete den dunklen Ring der Belagerer, der sich innen unaufhörlich vor und zurück bewegte. Das waren die Horden, die immer wieder zurückfluteten, nachdem sie gegen die weißen Mauern angerannt waren, eine dunkle, amorphe Masse bärenartiger Leiber, die Tod und Vernichtung in sich trug. Den äußeren Rand des Belagerungsringes bildeten Hunderte von Zelten aus braunem oder schwarzem Stoff, die in den verschiedensten Größen ungleichmäßig rund um die weißgoldene Stadt aufgeschlagen worden waren. Zwischen ihnen sah man Trolle geschäftig hin und her eilen oder in kleinen Gruppen an Kochfeuern hocken. Offenbar beteiligte sich immer nur ein Teil der Trollarmee am Sturm gegen die Mauern, während die anderen sich ausruhten. Charles konnte auch mehrere gewaltige, hölzerne Katapulte sehen, mit denen die bärenartigen Angreifer große Steine und Brandgeschosse über die Mauern hinweg in die Stadt hinein schleuderten. Sogar drei große Belagerungstürme, so hoch wie die Stadtmauer, wurden für den Angriff verwendet, nebst schweren Rammen zum Einstoßen der Tore und langen Sturmleitern zum Erklettern der Mauern. Die Trollarmee war bestens ausgerüstet und auf die Dauer würde
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