Die Zwölf Türme (German Edition)
entgegeneilten...
Zwei Tage später hatten sie unter Romualds Führung die Grenze des Elfenlandes erreicht und verließen das unwegsame Gebirgsland der Zwerge. In dem stark an das irdische Irland erinnernde grasbewachsenen Hügelland kamen sie um ein Beträchtliches schneller voran als in den Bergen. Nachdem sie eine kleine Hügelkette überquert hatten, erblickten sie vor sich ein Lagerfeuer, an dem zwei Männer von gewaltiger Statur saßen und ein erlegtes Wildschwein über dem Feuer brieten.
"Das sind Riesen!" entfuhr es Romuald, "Von denen habe ich schon seit Jahren keine mehr zu Gesicht bekommen. Lasst uns zu ihnen reiten."
Sie lenkten ihre Pferde zu dem Lager, wo ihr Kommen bemerkt wurde, denn die beiden titanenhaften Männer hatten sich jetzt erhoben und erwarteten sie in selbstsicherer Gelassenheit, die Arme vor der Brust verschränkt. Charles staunte über die Größe dieser Giganten, die sogar noch einen Troll fast um einen halben Meter überragen würden.
Das also waren Riesen von den östlichen Inseln!
Außer ihrer enormen Größe sahen sie für ihn aus wie die alten Wikinger. Weiter fielen ihm ihr langes Haar und ihre zottligen Bärte auf, die kaum etwas von ihrem Antlitz erkennen ließen. Einer von ihnen hatte sein rotblondes Haar zu zwei seitlichen Zöpfen geflochten, die ihm bis über die Schultern herabhingen. Der andere hatte dunkelbraunes, krauses Haar, das ebenfalls bis über seine Schultern herabfiel. Beide waren in Hosen und Jacken aus dickem Bärenfell gekleidet und trugen mächtige zweischneidige Streitäxte in den Gürteln. Neben ihrem Feuer waren zwei Spieße in den Boden gerammt, deren Schäfte so dick wie Birkenstämme waren und am Boden lagen zwei eisenbeschlagene Rundschilde, die einen Durchmesser von fast zwei Metern hatten.
Pferde schienen die beiden nicht dabei zu haben, aber man konnte sich auch kaum Pferde vorstellen, die kräftig genug gewesen wären, solche Reiter zu tragen. Selbst der stärkste Ackergaul wäre unter einem solchen Titanen sofort zusammengebrochen.
Als sich die kleine Schar den beiden bis auf ein Dutzend Schritte genähert hatte, hob der Kraushaarige die Hand und rief: "Halt! Ihr seid jetzt nahe genug herangekommen! Sagt, wer ihr seid und nennt euer Begehr!"
"Wenn das nicht Uddo Windfolger und Tiddu Waldfreund sind, will ich sofort zum Lurch werden!" rief da der Zwerg, "Erkennt ihr denn euren alten Freund Romuald aus Steinheim nicht mehr?"
"Romuald!" brüllte da der Riese hocherfreut, "Komm´ an mein Herz, alter Halunke! Welche Freude, dich hier zu treffen!"
Hurtig sprang Romuald aus dem Sattel und flitzte wie ein geölter Blitz auf die beiden zu. Es sah schon etwas komisch aus, als sich der Zwerg und die Riesen umarmten und wie Kinder umher tollten, um ihrer Wiedersehensfreude Ausdruck zu verleihen.
Schließlich stellte Romuald den beiden Riesen seine Gefährten vor und erklärte ihnen, in welcher Mission sie unterwegs waren. Die Riesen luden sie ein, sich zu ihnen ans Feuer zu gesellen. Da es ohnehin bereits Abend wurde, nahmen sie die Einladung an und schlugen beim Feuer der Riesen gleich ihr Lager auf. Als sie dann alle gemütlich um die Flammen herum saßen, außer Swidberd, der Wache hielt, boten die Riesen Charles an, ihn zu den Türmen zu begleiten, was er natürlich gern annahm, denn in Begleitung solcher Kämpfer bräuchte er kaum einen Feind zu fürchten.
Nach dem gemeinsamen Abendmahl fragte Umbras: "Seid Ihr die beiden einzigen Männer vom Volk der Riesen, die in die Ostländer gekommen sind, oder sind noch andere Krieger von Euren Inseln hier, um gegen den Dämonenlord zu kämpfen?"
Plötzlich herrschte betretenes Schweigen und die beiden Riesen schauten düster in die Flammen, deren blutroter Schein auf ihre Gesichter fiel und ihnen einen dämonischen Ausdruck verlieh.
Nach einer Weile bedrückenden Schweigens begann Tiddu leise und mit brüchiger Stimme zu sprechen: "Auf unseren Inseln gibt es das Volk der Riesen nicht mehr. Eine furchtbare Seuche hat unsere Sippen bis auf wenige ausgerottet. Und die wenigen Überlebenden haben die Inseln verlassen. Sie sind mit ihren Schiffen nach Osten über das Meer gefahren, um irgendwo an fremden Gestaden eine neue Heimat zu finden. Wir wissen nicht, was aus ihnen geworden ist. Vom Riesenvolk ist nur noch wenig übrig geblieben."
Betroffenheit ergriff die anderen und der Ritter Oswin fragte ungläubig: "Wie konnte so etwas geschehen?"
"Es gab einen Verräter in unseren
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