Die Zypressen von Cordoba
mußte
herausgeschnitten werden, sobald das Fieber nachließ. Hoffentlich hatte
die Krankheit noch keine anderen Körperteile in Mitleidenschaft
gezogen – doch das konnte er nicht sagen. Er wußte auch nicht,
ob Abu'l Kasim es für nötig befinden würde, die ganze Brust zu
entfernen. Die arme Frau, sie war ohnehin nicht mit übergroßen Reizen
gesegnet, und nun sollte ihr auch noch ein Attribut ihrer Weiblichkeit
genommen werden … Aber sie war jung, hatte ihr Leben noch vor
sich. Ein entstellter Körper war besser als ein Körper mit einer
tödlichen Krankheit. Und wer konnte es sagen, vielleicht würde ein
aufmerksamer Mann die Schönheit ihres eindringlichen Blicks wahrnehmen,
die Wärme hinter ihrem wenig attraktiven Äußeren spüren? Er mußte alles
versuchen, um sie zu heilen. Aber konnte er das? Vielmehr, konnte
Ralambos Extrakt sie heilen, den er nun in großen Mengen zur Verfügung
hatte? Wie seltsam, daß die Frau, die Dalitha geholfen hatte, sich um
ihren kleinen Sohn zu kümmern, die erste Patientin sein würde, an der
dieses Mittel erprobt würde. Es schmerzte ihn, daß es so war, aber da
das Schicksal entschieden hatte, sie mit dieser Krankheit zu schlagen,
hatte er nun zumindest die Möglichkeit, einen Versuch der Heilung zu
unternehmen …
Stella fühlte sich in Hais geschickten Händen so sicher, daß
sie ohne Zögern seinem Vorschlag zustimmte, den Knoten in ihrer Brust
unverzüglich zu entfernen. Sie fragte nicht nach dem Warum und Weshalb.
Wenn Hai es sagte, war ihr das genug. Und da sie ihn nicht fragte, sah
er keinen Grund, ihr zu erklären, daß das Risiko für ihre
Gesundheit – ja, für ihr Leben – auch nach dem
Schnitt noch bestehen würde, denn er konnte nicht sagen, wie tief die
bösartige Krankheit schon in ihren Körper eingedrungen war. Warum
sollte er jedoch einen so grauenerregenden Schatten auf ihr Leben
werfen, ehe er alles in seiner Möglichkeit Stehende getan hatte, um sie
zu heilen?
Vor der Operation ließ Hai sie selbst zur Ader, um ihren
Körper von der schwarzen Galle zu befreien, und er bereitete auch den
betäubenden Trank aus Opium, Baldrian und Honig in einem solchen
Mischungsverhältnis zu, daß sie unter Abu'l Kasims Messer keine
Schmerzen verspüren, aber auch keine Nebenwirkungen erleiden würde. Als
der Chirurg in das Zimmer eintrat, das für die Operation vorbereitet
war – das man auf Hais Geheiß gründlich gereinigt
hatte –, lag seine Patientin schon betäubt und reglos auf dem
Marmortisch, auf dem er seine Operationen vornahm.
Mit geschickten, sicheren Bewegungen schnitt Abu'l Kasim den
gesamten Knoten mit dem umgebenden Gewebe heraus. Dann ließ er das Blut
eine Zeitlang frei strömen und dämmte anschließend den Fluß ein, indem
er die umgebenden Blutgefäße abdrückte. Während er begann, die Wunde zu
versorgen, drängte ihn Hai, all seine Kunstfertigkeit zu benutzen,
damit die Narbe, die dort bleiben sollte, wo sonst die sanfteste,
weichste Rundung einer Frau war, so glatt wurde, wie es seine
geschickten Hände nur erreichen konnten. Wenn sie bekleidet war, würde
niemand bemerken, daß die Rundung fehlte, denn Stellas Brüste waren von
Natur aus recht flach gewesen, und man konnte sie unter der Bekleidung
kaum ausmachen. Aber was war in ihrer Hochzeitsnacht? fragte er sich,
während er zusah, wie der Chirurg die klaffende Wunde kauterisierte und
verband. Nach der Operation beschäftigte die gleiche, unausgesprochene
Frage die Gedanken der beiden Ärzte: Hatte die bösartige Geschwulst
auch andere Körperteile befallen, oder hatten sie sie entfernt, solange
sie noch auf einen Ort begrenzt war?
Stella war noch immer benebelt von dem Betäubungsmittel und
erschien Hai erstaunlich leicht, als er sie hochhob und zu einer
bereitstehenden Trage brachte, auf der sie zu seinem kleinen Landhaus
transportiert wurde. Er selbst ritt neben ihr her, um ständig über sie
wachen zu können. Als sie zu Hause ankamen, brachte Dalitha die junge
Frau in einem sauberen, frischen Zimmer unter. Obwohl seine Frau selbst
neben der Patientin wachte, die die ganze Nacht unruhig schlief, kam
auch Hai immer wieder herein, um nach ihr zu sehen und ihr wohl
bemessene Mengen Opium und Baldrian zu geben, die ihr über den
schlimmsten Schmerz hinweghelfen sollten. Er verband die Wunde im Lauf
der nächsten Tage regelmäßig neu, versorgte sie mit frischen
Galläpfeln, den Schalen von Granatäpfeln, Lakritzrinden und natürlich
frischem Aloesaft, dessen heilende
Weitere Kostenlose Bücher