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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Monaten Jahre wurden, wagten sich sowohl Hai als auch
Abu'l Kasim zu der Annahme vor, daß das andauernde Wohlbefinden der
beiden Frauen, die sie behandelt hatten, zumindest ein vorläufiger
Beweis für die Wirksamkeit des Extraktes in diesen speziellen Fällen
sein könnte. Aber sie vermochten sich nicht zu erklären, worin der
Grund dafür bestand. Sie konnten nur vermuten, daß sie die Geschwulste
der beiden Frauen in ihrem ersten Stadium entfernt hatten und daß daher
die Lebenskraft, die Ralambos Aloe ihnen einflößte, das Entstehen
weiterer Geschwulste verhinderte. Aber wie lange, wenn überhaupt?
Dieser Zweifel blieb.
    Inzwischen hatten die Frauen von Córdoba –
hochwohlgeboren oder von niedrigem Stand – viel geredet und
getratscht. Hais Name war in aller Munde – seine
Freundlichkeit, seine Sanftheit, sein Mitgefühl – und sein
Charme. Seltsamerweise wuchs der Anteil von Frauen unter seinen
Patienten beträchtlich, und viele Frauen kamen nur unter
fadenscheinigen Vorwänden zu ihm. Es wäre ihm nicht in den Sinn
gekommen, daß sie allein um des Vergnügens willen erschienen, seine
Finger auf ihren Brüsten zu spüren – denn auch davon
flüsterten die Frauen … Erst als eines Donnerstags ein Ehepaar
in sein Arbeitszimmer trat, der rotgesichtige Ehemann ungehobelt, die
Frau ängstlich hinter ihm, dämmerte ihm die Wahrheit.
    »Die Freundinnen meiner Frau haben sie so sehr in Aufregung
versetzt«, begann der Mann in unverhohlen feindseligem Ton, »daß sie
nun überzeugt ist, einen harten Abszeß in der Brust zu haben. Wenn ihn
irgend jemand dort gespürt haben sollte, dann doch wohl ich, ihr
Ehemann, aber ich habe nichts bemerkt. Das ist alles nur eine
Einbildung ihrer lüsternen Phantasie, eine Entschuldigung, damit sie
Eure Hände überall an ihrem Körper spüren kann, wie all die anderen,
die wegen dieser skandalösen Vergnügung zu Euch gerannt kommen. Nun,
ich werde dieser schändlichen Verirrung ein Ende setzen. Untersucht
meine Frau, wenn es recht ist, aber in meiner Gegenwart, um diese
verworrenen Gedanken ein für allemal aus ihrem Hirn zu verbannen.«
    Zitternd vor Verlegenheit und unendlicher Scham, knöpfte die
Frau ihr Hemd auf, ließ kaum genug Raum, daß Hai mit der Hand
hineingreifen konnte. Während er ihre langen, hängenden Brüste
abtastete, schaute ihm der Ehemann über die Schulter und begutachtete
jede seiner Bewegungen genau. Die Frau wandte schamhaft die Augen ab.
Plötzlich erstarrte Hais Gesichtsausdruck. Seine Hand kehrte noch
einmal zu einer Stelle zurück, die er bereits abgetastet hatte, und
obwohl er fest zudrückte, verspürte die Frau keinen Schmerz. Damit war
die Untersuchung beendet. Während die Frau ihre Kleidung richtete,
wandte sich Hai ihrem Mann zu und sagte mit fester Stimme: »Eure Frau
hat recht. In ihrer linken Brust ist eine Geschwulst von erheblicher
Größe. Ich empfehle, daß sie unverzüglich entfernt wird.«
    »Unsinn«, bemerkte der Mann verächtlich.
    »Ich kann Euch versichern, daß ein Irrtum ausgeschlossen ist.«
    »Das ist unmöglich. Ich hätte es gespürt.«
    »Nicht unbedingt. Die Geschwulst sitzt ziemlich tief.«
    »Da habt Ihr sie also ordentlich betastet, Ihr elender
Lüstling? Ich glaube Euch kein Wort. Und selbst wenn Ihr recht hättet,
dann hat sie ihr Leben bisher mit diesem Ding gelebt und kann auch so
weiterleben.«
    »Nicht ohne schwerwiegendste Folgen.«
    »Ihr erwartet doch nicht ernsthaft, daß ich mich an einer Frau
mit nur einer einzigen Brust erfreue?«
    »Besser eine Frau mit nur einer Brust als gar keine Frau«,
erwiderte Hai trocken, entrüstet über die Brutalität dieses Mannes.
    »Was meint Ihr damit? ›Gar keine Frau‹?«
    »In einigen Fällen können solche Geschwulste, wenn man sie
nicht behandelt, katastrophale Folgen haben.«
    »Wenn Allah ihr Schicksal so bestimmt hat, dann soll es so
sein.«
    »Im Gegenteil. Allah hat sie zu mir geführt, damit ich ihr zu
helfen versuche, wie ich schon anderen in ähnlichen Fällen geholfen
habe.«
    »Allah würde sie nicht zu einem verwerflichen Ungläubigen
führen, um sie zu retten. Komm«, befahl er und zerrte seine Frau hinter
sich her, »wir müssen diesem Sündenpfuhl entfliehen.«
    Wenige Monate später erfuhr Hai, daß die Frau nach
schrecklichen Schmerzen am ganzen Leibe angefangen hatte, Blut zu
spucken, und bald darauf an einem Fieber gestorben war.
    Doch Stella und Abu'l Kasims Base, die regelmäßig den Extrakt
einnahmen, waren noch am Leben und bei guter

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