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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yael Guiladi
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Als er sein Gemach im
verfallenen alten Palast betrat, wartete dort schon ein Eunuch auf ihn.
Man teilte ihm mit, das ›Schwert des Königtums‹ wünsche, seinen Rat
über den Entwurf für ein Mosaik zu hören, das den Haupteingang zum
neuen Palast zieren sollte. Zutiefst verärgert folgte Amram dem
Eunuchen zur Baustelle. Habbus war bereits ins Gespräch mit den
Griechen vertieft, die er nach Damaskus geschickt hatte, um dort die
Flüsse und Brücken, die Bäume und Paläste zu studieren, die auf den
herrlichen Mosaiken in der großartigen Moschee dieser Stadt abgebildet
waren. Über einen improvisierten Tisch gebeugt, lauschte er aufmerksam
ihren Erklärungen. Sobald sich Amram dazugesellte, unterbrach er die
Künstler mitten im Satz. Ein Blick genügte, und der Eunuch, der Amram
begleitet hatte, scheuchte die Griechen wieder an die Arbeit, gab ihnen
kaum Zeit, ihre Zeichnungen zusammenzurollen und ihre bunten Steinchen
einzusammeln. Während sie davoneilten, führte Habbus Amram von der
Baustelle weg, ging mit ihm ein Stück den Berghang hinunter auf einen
kleinen Zypressenhain zu, wo er manchmal die Abgeschiedenheit suchte
und über die Staatsgeschäfte nachdachte.
    »Ihr habt zweifellos von der unerhörten Forderung des Abu
Dja'far gehört«, begann er, als sie sich dem Wäldchen näherten.
    »Abu Ali hat mir davon erzählt.«
    »Da Ihr der Vorwand dafür zu sein scheint, bin ich ganz
sicher, daß Ihr Euch nach besten Kräften bemühen werdet, damit wir
sicher sein können, siegreich aus dieser Konfrontation hervorzugehen.«
    »Wie immer, o Schwert des Königtums, ist Euer Vertrauen
gerechtfertigt. Aber um unseren Sieg garantieren zu können, wären wir
meiner Meinung nach gut beraten, wenn wir die Söldner Málagas in unsere
Reihen aufnähmen.«
    »Ich habe diese Möglichkeit bereits in Betracht gezogen, doch
ich möchte die Verhandlungen Euch überlassen. Wie Ihr wißt, habt Ihr im
Herrscherhaus von Málaga eine getreue Verbündete, die Euch behilflich
sein wird.«
    Wieder die gleiche Anspielung … Inzwischen waren sie
im Hain angelangt. Dort saß auf einer Steinbank, in Wolken aus Seide
gehüllt, eine winzige Gestalt: Rasmia.
    Darauf war Amram überhaupt nicht vorbereitet. Überrascht und
verwirrt wandte er sich, eine Erklärung heischend, an Habbus, doch der
König hatte sich bereits wortlos umgewandt und ging mit großen
Schritten wieder auf den Palast zu. Dies war einer der seltenen
Augenblicke in Amrams Leben, in denen er völlig unschlüssig war, wie er
sich verhalten sollte. Diese Situation hatte er nicht voraussehen
können. Sie war so ungewöhnlich, daß Rasmia allen guten Sitten trotzte
und als erste das Schweigen brach.
    »Als Ihr das letzte Mal mit mir zu sprechen geruhtet«, sagte
sie und zog die seidenen Tücher fort, die ihr kindliches Erröten
verborgen hatten, »versprach ich, daß ich wegen meiner Zuneigung zu
Euch stets alle mir zur Verfügung stehenden Mittel zu Eurem Schutz
einsetzen würde. Nun hat sich unerwartet eine Möglichkeit dazu ergeben,
und ich habe Wort gehalten. Auf mein Beharren hat sich meine Familie in
Málaga bereit erklärt, die Truppen Granadas im Kampf gegen Abu Dja'far
zu unterstützen.«
    Amram war schreckensbleich. Welchen Preis würde sie für ein
derart unerbetenes – wenn auch bitter notwendiges –
Einschreiten fordern?
    Rasmia war bestürzt über seine kühle Reaktion, verfolgte ihr
Ziel aber unbeirrt weiter. »Nun? Wollt Ihr mir nicht danken?«
    »Auf … auf … welche Weise?« stammelte Amram,
völlig verwirrt, weil einmal die Initiative nicht mehr in seiner Hand
lag, sondern in den Händen dieses unschuldigen, aber eigensinnigen
Kindes.
    »Wie Ihr es für richtig erachtet.«
    »Vielleicht habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt«,
entschuldigte sich Amram in onkelhaftem, ja väterlichem Ton, während er
um Fassung rang. »Was erwartet Málaga im Gegenzug für seine
Unterstützung?«
    »Auf mein Verlangen hin nichts.«
    »Und Ihr?«
    »Auch nichts. Eine Liebe wie die meine kann man nicht durch
Feilschen gewinnen. Im Augenblick ist es mir genug, daß Ihr unversehrt
und im Triumph des Sieges aus diesem unerhörten Angriff auf Eure Ehre
hervorgeht. Wenn eine Frau liebt, so schenkt sie ohne Einschränkungen.
Ich glaube jedoch nicht, daß ein Mann Eurer Umsichtigkeit einer so
seltenen Liebe gegenüber auf immer gleichgültig bleiben kann oder ihren
unschätzbaren Wert nicht erkennt. Eure Wertschätzung dieser Liebe soll
mein Lohn sein.«
    Wertschätzung?

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