Die Zypressen von Cordoba
brillantem Geschick gedient. Warum sollte er Granada
Eurer Dienste berauben? Euch zu entlassen würde ihm einen größeren
Schaden zufügen als Euch.«
Mit einer bescheidenen Verbeugung nahm Amram diese schöne
Lobrede entgegen und erkundete vorsichtig das Terrain. »Wie, meint Ihr,
wird Abu Dja'far auf Habbus' Weigerung reagieren?«
»Wenn Zuhair selbst sich stark genug fühlt, dann könnte sein
Wesir ihn leicht überreden, sie als einen Vorwand für einen Angriff zu
nehmen, in der Hoffnung, sein Reich auf Kosten des unseren zu
vergrößern.«
»Almeria ist eine Macht, mit der man rechnen muß. Wie würde
sich Eurer Meinung nach Málaga in einem solchen Falle verhalten?«
»Ihr wißt, wie milde und friedliebend der Kalif ist. Er würde
zögern, sich einzumischen.«
»Aber vielleicht könnte man ihn überreden, Euch seine Söldner
zur Verfügung zu stellen?«
»Die sind ebenfalls Berber und würden wahrscheinlich nur zu
gerne die Gelegenheit ergreifen, Abu Dja'far einen Dämpfer zu geben.
Und da Ihr eine diskrete, aber einflußreiche Verbündete im Hause der
Hammudiden habt«, fügte Abu Ali mit einem wissenden Lächeln hinzu,
»sollte es nicht schwierig sein, ihn zu überreden.«
Sofort war Amram hellwach. Nichts konnte trügerischer sein als
ein solches unerbetenes Bündnis. Dafür würde er vielleicht eines Tages
teuer bezahlen müssen, zu teuer. Doch dieses Angebot auszuschlagen, das
könnte über Sieg oder Niederlage für den König entscheiden, der
wiederum sein zerbrechliches Schicksal in der Hand hielt …
»Bereitet unsere Truppen deutlich sichtbar auf einen Kampf
vor«, fuhr Abu Ali fort. »Wenn diese Drohung nicht ausreicht, um die
Almerianer abzuschrecken, dann kämpfen wir für die Ehre der Berber und
der Juden.«
Als Abu Ali sich wieder zu seinen anderen Gästen gesellte,
ging Amram leise fort, überließ seine Kollegen ihrem Wein und ihren
Sinnenfreuden. Er galoppierte rasch nach Hause, als könnte die
Geschwindigkeit seine widerstrebenden Gefühle besänftigen: Wut und Zorn
über Abu Dja'fars Arroganz, ungeheure Erleichterung über Habbus'
Entschlossenheit, sich dessen unverschämten Forderungen zu widersetzen,
wenn er sich auch keinerlei Illusionen über dessen Motive machte.
Eindeutig lagen Stolz und reines Selbstinteresse dem Handeln des Königs
zugrunde, keineswegs der glühende Wunsch, die Ehre seines jüdischen
Wesirs zu verteidigen. Doch all diese Überlegungen wurden von der Sorge
überschattet, wie er als Jude sich wohl in Zukunft in dem Morast von
al-Andalus behaupten könnte. Wenn Habbus einmal nicht mehr war, würden
seine Nachfolger mit ihm auch so freundlich umspringen? fragte er sich,
als er zu Leonora hineinschaute. Welche Zukunft konnte er dem Kind
bieten, von dem sie schon bald entbunden werden sollte?
Als Amram am nächsten Morgen den Albaicin
hinaufritt, war er so in seine Pläne für den Feldzug gegen Abu Dja'far
vertieft, daß er kein Auge für die Veränderungen hatte, die an den
Berghängen vonstatten gingen. Umsichtige Männer, die es in die blühende
Berberstadt gezogen hatte und die mit ihr zu Wohlstand gekommen waren,
bauten sich im Schatten der uralten Festung herrliche Villen. Und der
König, dem klar wurde, daß der verfallene Palast der Omaijaden, mit dem
sein Onkel sich zwar noch zufriedengegeben hatte, nun nicht mehr mit
seinem neu gewonnenen Ansehen vereinbar war, war schon bald ihrem
Beispiel gefolgt. Aus Nordafrika hatte er Steinmetze herbeigerufen, aus
Damaskus Handwerksmeister, die aus schlichtem Gips spitzenfeine
Gitterwerke zu zaubern vermochten, aus Byzanz die erlesensten
Mosaikkünstler, die den Fassaden des herrlichen Baus, der ihm
vorschwebte, Glanz und Leben verleihen sollten. Obwohl es Amrams
Hauptaufgabe war, die Gelder für dieses ruhmreiche Unterfangen
aufzutreiben, zog man ihn als kultivierten Mann auch immer wieder zu
Rate, wollte seine Meinung über die Bearbeitung eines Marmorblocks,
über die höchst eleganten Proportionen einer Säule erfahren oder
einfach nur bewundernde Worte über das komplizierte Gitterwerk eines
Stuckpaneels hören, in dem Lotosblumen und Palmetten, dreiblättrige
Blüten und Pinienzapfen kunstreich miteinander verschlungen waren. Als
Amram sich einen Weg durch die aufgehäuften Baumaterialien und die
Handwerker bahnte, die sich überall an der Bergflanke zu schaffen
machten, betete er, es mögen nicht wieder derlei triviale Dinge sein,
mit denen man ihn heute morgen belästigte.
Diese Hoffnung wurde enttäuscht.
Weitere Kostenlose Bücher