Die Zypressen von Cordoba
und
Stelle – schimmernde Seidenbehänge in Rot, Gold und Violett,
üppige Sträuße zartvioletter und scharlachroter Blüten in goldenen
Amphoren, Höflinge in reichen, vielfarbigen Gewändern und mit
verschwenderischem Juwelenschmuck, die Ehrengarde säuberlich
ausgerichtet. Und vor diesem strahlend bunten Hintergrund die weiß
gekleidete Gestalt des Kalifen, unbeweglich und majestätisch auf dem
Löwenthron.
Die Mitglieder der byzantinischen Gesandtschaft schritten nun
auf ihn zu, eine gemessene Prozession in Silber und Blau, ein
verblüffender Kontrast zum opulenten Glanz des Omaijaden-Hofs. Während
ein Kammerherr zum Zeichen des Willkommens die Hände der Gäste mit
Parfüm beträufelte, verrauchte Abd ar-Rahmans Zorn, und ein leises
Lächeln der Zufriedenheit spielte ihm auf den schmalen Lippen. Er hatte
allen Grund zur Zufriedenheit. Nicht er, sondern Kaiser Konstantin
höchstpersönlich hatte die Unterzeichnung dieses Freundschaftsvertrags
zwischen dem byzantinischen und seinem Reich angeregt. Offensichtlich
hatten die beiden Herrscher eine gemeinsame Gefahr zu bekämpfen. Die
aufstrebende Dynastie der Fatimiden in Nordafrika bedrohte nicht nur
die riesigen Gebiete des Kalifen dort, Ländereien, die sich von Algier
im Norden bis Sijilmasa im Süden erstreckten. Sie begann auch die
Besitztümer des byzantinischen Herrschers zu gefährden und war zu einer
ständigen Bedrohung für dessen Mittelmeerflotte geworden. Was den
Kalifen mit besonderer Genugtuung erfüllte, war, daß Byzanz ihn nun für
ebenbürtig erachtete, für eine Macht, mit der man in dieser Region
rechnen und um die man sich bemühen mußte. Stephanos, der Kammerherr
des Kaisers, der Anführer der Delegation, trat jetzt vor und
überreichte Abd ar-Rahman mit allen gebührenden Bekundungen der
Hochachtung eine große silberne Truhe. Aus dieser zog der Kalif eine
Schriftrolle aus blauem Pergament, die mit goldenen Buchstaben
beschrieben und mit einem schweren goldenen Siegel versehen war. Wie er
auf den ersten flüchtigen Blick bemerkte, prangte auf der einen Seite
des Siegels ein Bild Jesu und auf der anderen ein Bildnis des Kaisers
und seines Sohnes. Er nickte zustimmend, während er den Vertragstext
überflog, den seine Abgesandten so geduldig ausgehandelt hatten und der
in arabischer und griechischer Sprache verfaßt war. Dann reichte er die
Goldbulle an einen seiner Wesire weiter und bedachte das Geschenk des
Kaisers mit einem gnädigen Lächeln der Anerkennung, als man nun einen
Satz goldener und silberner Gefäße mit eingelegten Edelsteinen von
außerordentlicher Größe hereintrug und vor ihm ausbreitete. Wieder trat
Stephanos vor, trug diesmal einen schweren Kasten aus Zedernholz. Er
näherte sich dem Thron und sprach den Kalifen an.
»Möge der Herr unzählige Segnungen auf Euch und Euer großes
und ruhmreiches Herrscherhaus herabregnen lassen, o Herrscher der
Gläubigen! Mein hoher Herr, Seine Kaiserliche Majestät Konstantin VII.
Porphyrgenetos, der selbst als Gelehrter und Autor einigen Ruhm
erreicht hat, wünscht Euch, eingedenk der vielen eminenten Gelehrten,
die dank Eurer großzügigen Unterstützung diesen Hof zieren, die beiden
in dieser Schatulle befindlichen seltenen und kostbaren Bücher zum
Geschenk zu machen. Das eine ist ein vor 400 Jahren in lateinischer
Sprache verfaßtes Geschichtswerk des spanischen Gelehrten Orosius. Das
andere ist ein Manuskript der De Materia Medica des
Dioskurides in der ursprünglichen griechischen Sprache. Obwohl der
große Hunayn dieses Werk bereits vor einem Jahrhundert in Bagdad ins
Arabische übersetzt hat, ist uns bekannt geworden, daß es ihm nicht
gelungen ist, alle Pflanzen in diesem Buch der einfachen Heilmittel zu
bestimmen. Seine Kaiserliche Majestät hat sich daher großmütig bereit
erklärt, wohlwollend auf Euren Vorschlag einzugehen und die Besiegelung
dieses Freundschaftsvertrages zwischen dem byzantinischen Reich und dem
Kalifat von Córdoba dadurch zu unterstreichen, daß er einer gemeinsamen
Schirmherrschaft über die Anfertigung einer neuen Übersetzung dieses
großartigen Werkes zustimmt. Zu diesem Behufe hat er den hier
anwesenden gelehrten Mönch Nicolas dazu bestimmt, Eure Gelehrten bei
der Durchführung dieses Unterfangens zu unterstützen.«
»Euer Herrscher zeigt große Urteilskraft und immenses
Verständnis sowie auch eine tiefe Kenntnis unseres Hofes«, erwiderte
Abd ar-Rahman gnädig. »Unsererseits setzen wir Abu Suleiman Da'ud ben
Ya'kub ibn Yatom ein, einen
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