Die Zypressen von Cordoba
in
angemessenen lateinischen Worten nieder …«
Während des abendlichen Sabbatmahls dieser
Woche erwähnte Ya'kub Saris Heirat nicht. Da'ud nahm sein Schweigen als
klares Zeichen dafür, daß sein Vater beschlossen hatte, ihn allein über
sein Schicksal entscheiden zu lassen – zumindest im
Augenblick. Die Sache hatte schließlich keinerlei Dringlichkeit. Jetzt,
da alle ihre Töchter verheiratet waren, genoß Sola die Gesellschaft des
Mädchens, verspürte große Befriedigung über das Band der Vertrautheit,
das sie voller Geduld mit diesem seltsamen, fremden Geschöpf geknüpft
hatte, indem sie Sari mit ihrer mütterlichen Wärme einhüllte. Obwohl
sie sorgsam vermied, dies zuzugeben, um ihren Gatten nicht zu betrüben,
verstand sie sehr gut den Reiz, den Saris ungewöhnliche slawische
Schönheit auf ihren Sohn ausübte, ebenso die Herausforderung, die Saris
Persönlichkeit für ihn als Mann und als Heiler menschlicher Gebrechen
darstellte. Deswegen hatte sie am Sabbatmorgen, als die Männer von der
Synagoge zurückgekehrt waren, Ya'kub mit einem Gespräch über die
Reparatur des Daches abgelenkt, die noch vor dem Winterregen erfolgen
mußte, während Da'ud Sari in sein Zimmer führte, um ihr zu erklären,
wie sie sich um seine Pflanzen kümmern sollte.
»Diese hier muß häufig gegossen werden, aber diese kleinen
stacheligen Gesellen scheinen mit sehr wenig Wasser auszukommen. Hier,
fühle die Erde«, sagte er. Gehorsam legte sie ihren Zeigefinger leicht
auf die ziemlich trockene Blumenerde. »Nein, du mußt den Finger fester
in die Erde drücken, bis du die Feuchtigkeit im Topf spüren kannst«,
erläuterte er und drückte sanft mit seinem Finger auf den ihren. Bei
der ersten Berührung zog sie abrupt die Hand weg, als hätte sie sich
verbrüht.
»Hab ich dir weh getan?« fragte er, als er ihr plötzlich
kreideweiß gewordenes Gesicht erblickte.
Sie antwortete nicht, also fuhr er fort: »Diese hier liebt den
Schatten, diese wendet sich der Morgensonne zu. Beide müssen regelmäßig
alle drei oder vier Tage gegossen werden, so daß die Erde immer
gleichmäßig feucht ist, so wie hier«, erklärte er und nahm diesmal ihre
Hand in die seine und ließ sie die feuchte Erde unter der Handfläche
spüren. Erneut zuckte sie zurück, diesmal noch heftiger als zuvor. »Ist
etwas mit deiner Hand? Laß mich einmal sehen.«
Sari schüttelte den Kopf.
»Warum ziehst du sie dann zurück, wenn ich sie berühre, als
hättest du Schmerzen?«
Wieder störrisches Schweigen.
»Hast du Angst vor mir?«
Ein Aufblitzen von Meeresblau, als das Mädchen für den
Bruchteil einer Sekunde voller Schrecken die Augen zu ihm hob, dann
wieder nichts.
»Sari«, begann er noch einmal, entschlossen, aufrichtig, aber
auch sanft. »Meine Mutter hat mir und meinem Vater unterbreitet, die
Zeit sei gekommen, einen angemessenen Ehemann für dich zu suchen. Hat
sie dir von den intimen Beziehungen gesprochen, die zwischen einem
Ehemann und seiner Gattin bestehen?«
»Ihr meint, zwischen Mann und Frau?«
»Das ist eine gröbere Art, es auszudrücken.«
»Ich habe Eure Mutter nicht gebraucht, um das zu lernen.«
»Wer hat dich darüber belehrt? Der Kaufmann?«
»O nein, nicht er, der liebe Mann. Er war der einzige,
der …«
»Der?«
»Und was ist mit den Pflanzen hier drüben?«
»Vergiß die Pflanzen. Sari, hier ist es Brauch, daß
heiratsfähige Mädchen mit jungen Männern verheiratet werden, deren
Stand dem ihren entspricht – und der Mitgift, die sie
mitbringen. Mein Vater hat bereits einen angemessenen Partner für dich
in Aussicht, aber ich habe mich seinem Vorschlag widersetzt.«
»Danke.«
»Warum dankst du mir?«
»Weil ich nicht heiraten möchte, niemals.«
»Aber die Ehe gehört doch zum natürlichen Verlauf eines
menschlichen Lebens.«
»Es gibt keinen natürlichen Verlauf eines menschlichen Lebens.
Jeder Mensch ist dazu verdammt, in der Falle seines eigenen Schicksals
gefangen zu sein.«
»Niemand ist dazu verdammt. Das Schicksal läßt sich wenden.
Jeder Mensch hat die Freiheit, die Bedingungen seiner Existenz zu
verändern.«
»Dann sind wir uns einig. Ich habe die Freiheit, niemals zu
heiraten.«
»Nicht einmal mich?«
»Bitte macht Euch nicht über mich lustig. Wenn es der Wunsch
Eures Vaters ist, dann verlasse ich sofort Euer Haus und hole den
Kaufmann auf seiner Handelsreise noch ein.«
»Niemand wünscht, daß du dieses Haus verläßt, und ich mache
mich nicht über dich lustig. In dem Augenblick, als
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