Dieb meines Herzens
Hause gekommen und hatte die Katastrophe entdeckt, die vom Personal bis kurz vor seiner Rückkehr gar nicht bemerkt worden war. Nun aber beherrschten Panik und Chaos die Szene.
»Lady Milden lag auf dem Teppich«, hatte Gribbs, der Butler, bekümmert erklärt. »Der Schuhmacher und seine Gehilfen waren schon einige Zeit weg … mit Miss Hewitt natürlich.«
Die Kidnapper hatten Leona in die Holzkiste gepfercht und durch den Lieferanteneingang hinausgeschafft. Niemand hatte sich etwas dabei gedacht, als der Schuhmacher und seine Gehilfen sich so rasch nach der Ankunft wieder empfahlen. Der Schuhmacher hatte zerknirscht erklärt, es hätte sich um eine dumme Verwechslung der Termine gehandelt und Lady Milden hätte ihn nun zu einem passenderen Zeitpunkt bestellt.
Die Kiste wurde in einen wartenden Wagen verfrachtet, der mit den Männern rasch im Nebel verschwunden war.
Mit einem Hauch Hypnose hatte Thaddeus Gribbs eine genaue Beschreibung des Schuhmachers und seiner Gehilfen entlockt. Er hatte den Schuhmacher nicht erkannt, doch es gab keinen Zweifel, was die Identität der zwei kräftigen Männer betraf, die geholfen hatten, Leona zu entführen.
»Es waren die zwei Wachen, die Delbridge an dem Abend der Party in seinem Haus beschäftigte«, sagte er zu Victoria. »Der Schurke kannte wahrscheinlich keine anderen Männer aus diesem Metier, also kontaktierte er diese beiden.«
Sie runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
»Ich auch nicht, doch es ist ein Anhaltspunkt.«
»Lieber Gott, sie schwebt in Lebensgefahr?«
»Ja.«
Er durchschritt die Bibliothek und öffnete die Glastüren.
Fogs Rachegeheul verstummte, der Hund blickte ihn mit gespitzten Ohren und kaltem Tod in den Augen an.
»Komm mit«, sagte Thaddeus leise. »Wir werden sie finden.«
45
Leonas Erwachen war von Übelkeit und dem gemurmelten Gefasel einer Wahnsinnigen begleitet. Einen entsetzten Augenblick lang glaubte sie, sie wäre diejenige, die diese irre, Furcht einflößende Konversation bestritt.
»Der Dämon kommt aus der Hölle. Man würd’s nicht glauben, wenn man ihn sieht, und doch kommt er direkt aus der Hölle. Kommst du auch von dort?«
Vorsichtig schlug Leona die Augen auf. Die Welt drehte sich nicht mehr um sie wie in dem Moment, als sie in die Bewusstlosigkeit abgeglitten war, doch sie war noch immer ein sehr dunkler Ort. Lag sie noch in der Kiste des Schuhmachers? Vielleicht war sie darin gefangen.
Eine Woge des Schreckens erfasste sie. Sie setzte sich rasch auf, zu rasch. Ihr Magen rebellierte. Sekundenlang glaubte sie, sie müsste sich übergeben. Sie schloss die Augen ganz fest und versuchte tief zu atmen. Allmählich ebbte das aufrührende Gefühl ab.
»Er ist ein Dämon, nur darf man es ihm nicht sagen. Er glaubt, er wäre was Besonderes. Nennt sich Forscher.«
Leona riskierte es wieder, die Augen aufzuschlagen, und entdeckte, dass sie am Rand einer Pritsche saß, die an der Wand einer kleinen steinernen Kammer stand. Streifen von Laternenlicht fielen durch die in die Zellentür eingefügten
Gitterstäbe, doch es gab keine Fenster. Das erklärte die tiefe Finsternis.
»Es waren die Gehilfen des Dämons, die dich hier in die Hölle brachten.«
Leona überlegte ein paar Sekunden angestrengt und kam dann zu der Erkenntnis, dass sie die Stimme nicht in ihrem Kopf vernahm. Es befand sich noch jemand in der Zelle. Sie blickte um sich und sah eine Frau zusammengekauert in der Ecke.
Die andere Gefangene, die ein verblichenes braunes Kleid trug, starrte Leona durch eine verfilzte blonde Haarmatte verzweifelt und hohläugig an.
»Sagt, er wäre Forscher, dabei ist er ein Dämon«, erklärte sie Leona.
»Wenn du den Mann meinst, der vorgibt, Schuhmacher zu sein, gebe ich dir recht«, antwortete Leona leise.
»Nein, nein, nein, nicht der Schuhmacher.« In ihrer Erregung verfiel die Frau in wilde Zuckungen. »Ein Forscher.«
»Ich verstehe. Der Forscher ist in Wahrheit ein Dämon.«
»Ja, richtig.« Die Frau schien erleichtert, dass die Hauptsache geklärt war. »Ein schrecklicher Dämon. Er hat Zaubertränke, die Albträume wahr werden lassen.«
Leona schauderte. »Ich weiß.«
Der winzige Hauch einer Wahrnehmung regte sich in ihr. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Thaddeus und Fog waren auf der Suche nach ihr. Das wusste sie so gewiss, wie sie wusste, dass die Sonne am Morgen aufgehen würde. Sie musste für die beiden Zeit gewinnen, damit sie sie finden konnten.
»Er sagt, er wäre Forscher, dabei ist er ein
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