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Diebe

Diebe

Titel: Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Gatti
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alles okay?«
    »Hab gar nix gefunden.«
    »Gar nix! Was heißt das, Lucien? Was ist los? Mama passiert nix, keiner will ihr was.«
    »Hat keiner irgendwas gesehn. Küche ist abgebrannt. Mama ist weg. Alles ist weg. Alle ihre Tassen, ihre Küchensachen. Leute ham nix gesehn«, sagt er ausdruckslos, »weil sie diejenigen sind, die alles genommen ham. Jeder bedient sich, wenn jemand anders in Schwierigkeiten ist.«
    Baz kneift die Augen zu. Sie war es, die Mama die Probleme beschert, ja sie ihr direkt in die Küche getragen hat. Sie braucht eine Weile, bevor sie es über sich bringt zu sagen: »Was glaubst du, was mit ihr passiert ist, Lucien?«
    »Männer ham sie gleich mitverbrannt, mit ihrer Küche«, sagt er. »Oder vielleicht verschleppt, sie auf’n Berg gebracht.«
    Baz berührt seinen Arm. »Mama ist so ungefähr das einzig Gute im Barrio. Besonders gut zu dir. Beinah Familie.«
    »Beinah.«
    »Vielleicht ist alles in Ordnung mit ihr, Lucien. Vielleicht finden wir sie, wenn das alles vorbei ist. Mama ist wie ’n Fels. Als würde sie das alles hier auf ihrn Schultern tragen, so stark ist sie.«
    Ein weiteres Donnern ertönt, noch mehr Rufe und Schreie. Baz sieht Leute durch die Gasse laufen, die zu Luciens Platz führt, einige tragen Taschen bei sich, ein Mann schleppt einen Fernseher auf der Schulter. Im ganzen Barrio beginnen die Leute aus ihren Häusern zu strömen, laufen wild durcheinander in ihrem Versuch, einen Weg nach draußen zu finden.
    Lucien scheint das alles nicht zu bemerken. »Hab Leute gesehn, so groß und stark wie Mama«, sagt er, »aber auf’m Berg schrumpfen sie zusammen, bis nix mehr übrig bleibt. So stark ist Mama nicht.« Er setzt sich gerade. »Was ist denn mit dir, he? Dachte, du wolltest Demi holn.«
    »Die Wege zum Agua sind alle von Uniformierten versperrt. Will nur kurz Luft holn, dann lauf ich am Fluss lang und komm über Basquat in die Stadt. Werd ich ’n paar Stunden für brauchen.«
    »Da, wo du deinen Namen herhast.«
    »Hat Demi dir das erzählt?«
    »Hat er.«
    Die Hintergrundgeräusche werden lauter, ein dröhnendes Röhren, vermischt mit stetigem Mahlen und dem Kreischen von reißendem Metall. »Bulldozer«, sagt Lucien, »so groß wie ’n Haus. Hab sie beim Agua auffahrn sehn. Schätze, sie machen das Barrio platt.
    Sie bezweifelt nicht, dass er recht hat. »Komm mit mir«, sagt sie plötzlich. »Hilf mir, Demi zu holn, und dann haun wir hier ab, gehn nach Norden, aufs Land.« Sie will ihn nicht zurücklassen. Sie hat genug Probleme ins Barrio gebracht, und sie will nicht, dass auch noch Lucien davon betroffen wird, und außerdem weiß sie jetzt, hat es vielleicht schon immer gewusst, was Lucien in ihr sieht. Vielleicht hat er eine kleine Schwester auf dem Berg zurückgelassen, jemanden wie sie. Lucien sieht sie an, blinzelnd vor Überraschung. »Komm mit uns, Lucien. Was willst du noch hier?«
    »Wie wollt ihr hier wegkommen?«, sagt er langsam. »Is ’n großes Land, Baz. Wanderst in irgend ’ne andere Stadt, findest da genau so’n Barrio wie das hier. Überall gibt’s solche Dreckstädte, wo die Diebe und das Gesindel landen. Wir sind das Gesindel, Baz. Die Polizei fegt uns auf, egal wo wir hingehn.«
    »Ach, das ist doch dummes Gerede!« Sie zieht den Motorradschlüssel aus der Tasche. »Du sagst, du kennst dich mit Motorrädern aus. Meinst du, du könntest das hier fahrn?«
    »Klar. Bin schon mal auf einem gefahrn. Warum? Haste irgendwo eins versteckt? Hat Demi irgend ’nem Reichen eins aus der Tasche geklaut –«
    Sie unterbricht ihn. »Wir ham halt eins, Lucien, okay? Ich zeig dir, wo, wenn du mitkommen willst. Du könntest damit bis in die Stadt fahrn, mir helfen, Demi zu holn.« Sie spricht darüber, als sei das kinderleicht, praktisch nichts anderes, als ihn von der Schule abzuholen oder so etwas. Es geht ihr darum, so schnell wie möglich loszukommen.
    Lucien ist nicht wie sie. Tag für Tag hat er hier bei seinem Brunnen gesessen, sein Leben war immer eine gemächliche Angelegenheit. Gedanken arbeiten hinter seiner gerunzelten Stirn, während er zur Kenntnis nimmt, was sie ihm sagt, und übersetzt, was es bedeutet. »Hab gehört, einer von Señor Moros Männern, der hat vor ’n paar Tagen sein Motorrad verlorn.«
    »Hab ich auch gehört.«
    »Hab gehört, es würd ’ne Belohnung geben für denjenigen, der was drüber sagen kann, wo diese Maschine gelandet ist.«
    »Bist scharf auf die Belohnung, Lucien?«
    »Sind sie alle, Baz. Was mich angeht, denk

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