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Diebesgeflüster - Band 3

Diebesgeflüster - Band 3

Titel: Diebesgeflüster - Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Giegerich , Tanja Rast , Flo P. Schmidt , Susanne Haberland
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caelis: Sanctificetur nomen tuum, adveniat regnum tuum, fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra. Panem nostrum cotidianum da nobis hodie. Et dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris. Et ne nos inducas in tentationem, sed libera nos a malo. Quia tuum est regnum et potestas et gloria in saecula. Amen.«

Diebesbanner
    Tanja Rast

    Tebby stolperte zwischen den Wachen durch helle Flure, deren Marmorböden unter jedem Schritt laut hallten. Halbblind nach zwei Tagen Kerkerhaft, Handgelenke und Knöchel von Ketten blutig gescheuert. Sie wusste genau, was vor ihr lag: eine kurze Verhandlung vor einem Richter. Ein Ankläger würde teilnahmslos eine Liste der zur Last gelegten Verbrechen vorlesen. Doch das war reine Formsache. Tebby wusste, wie Diebstahl bestraft wurde, und Richter und Ankläger würden dem Vollzug nur einen offiziellen Anstrich verpassen. Der Ausgang stand bereits fest. Man würde Tebby beide Hände abschlagen und sie dann entweder in einer Zelle oder auf der Straße vor dem Palast verbluten lassen.
    Panik breitete sich von Tebbys Magengrube aus. Was mit ihr geschehen würde, war schon schlimm genug. Aber was würde dann aus ihren kleinen Brüdern werden? Die beiden waren auf sie angewiesen, und jetzt … Sie schluckte Tränen herunter und versuchte, nicht an die beiden Jungen zu denken, die ohne ihre Schwester kläglich verhungern mussten.
    Weitere Wächter vor einer hohen Tür, die lautlos aufschwang.
    Tebby blieb der Mund offen stehen, als sie – statt in einen nüchternen Raum vor Richter und Ankläger geführt zu werden – über die Schwelle in einen langen Saal geschleift wurde. Kerzen brannten in Kandelabern, eine üppig bestückte Tafel mit silbernen Tischaufsätzen harrte auf dickem Teppich einer hungrigen Gästeschar.
    Tebbys Magen knurrte. Hungrig war sie. Ein Gast bestimmt nicht.
    Am Kopfende des überladenen Tisches saß eine hagere Gestalt, die beim Eintreten der Wachen mitsamt der traurigen Kreatur aus der Kerkerebene des Palasts nur knapp aufblickte. Hart flog der Blick aus kühlen Augen über Tebbys Gestalt, dann nickte der Mann und wandte sich an einen Diener, der sich einsatzbereit zur Seite hielt. »Javin, du darfst Wein einschenken. Mein lang erwarteter Gast ist eingetroffen. Wachen, ihr könnt die Fesseln lösen und euch entfernen.«
    »Hoheit …«, wandte eine der Wachen ein.
    »Ich bezahle dich nicht dafür, mir Widerworte von dir anzuhören. Deine Sorge um meine Sicherheit ist rührend, aber vollkommen unnötig. Mit einem halbverhungerten Straßenjungen werde ich selbst in zehn Jahren noch fertig.«
    Wenigstens das war noch nicht entdeckt worden, dachte Tebby wie betäubt. Ein kleiner Vorteil eines Lebens der Entbehrungen. Wo ihre Geschlechtsgenossinnen weiche Rundungen aufwiesen, war Tebby flach genug, um als junger Mann durchzugehen.
    Hastige Betriebsamkeit entfachte sich, und nur Momente später fiel die Tür lautlos ins Schloss, und Tebby stand ohne Ketten an der Seite des Tisches. Der Diener legte tatsächlich ein zweites Gedeck zur Rechten seines Herrn auf und rückte einen Stuhl heran.
    »Du darfst dich setzen. Ich bin kein Menschenfresser, und angesichts dieser Üppigkeit vor mir würde ich selbst als ein solcher keinerlei Appetit auf deine magere Gestalt entwickeln.«
    Tebby trat vorsichtig näher. Sie musste mehrfach schlucken, so verlockend stiegen ihr die Düfte in die Nase. Allein der Anblick gebratener Enten, glitzernd in knusprige Haut gehüllt, von gefüllten Pfannkuchen, diversen Aufläufen und herrlich frischem Brot ließ ihre Knie weich werden. Der Stuhl war gerade rechtzeitig hinter ihr, bevor Tebby einfach zu Boden sinken konnte.
    Der Großfürst fügte milder hinzu: »Javin.« Ein knapper Befehl, der kaum als solcher zu erkennen war.
    Der Diener füllte den Teller an Tebbys Platz mit Kostproben aller Köstlichkeiten, rückte einen Brotkorb und ein Wasserglas heran und trat wieder in die Schatten.
    Tebby griff zu, bevor irgendjemand es sich anders überlegen konnte. Tief grub sie die Zähne in das Brötchen, riss den Bissen nahezu heraus, ließ sich kaum Zeit zum Kauen. Zwei Tage lang hatte Tebby im Kerker geschmachtet, und außer Wasser und Grütze hatte es dort nichts gegeben – und von der Grütze war es nie mehr als eine Pfütze im Blechnapf gewesen. Gerade genug, dass ein Gefangener nicht umgehend Hungers starb.
    »Ich habe dich fangen lassen, weil du der geschickteste Dieb in meinem Reich bist.«
    Der große

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