Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
gerne ein paar Fragen beantworten. Niemand sollte
behaupten können, die Polizei von Firaqa sei Bürgern und
Durchreisenden gegenüber nicht hilfsbereit, Neuankömmlingen
gegenüber ebenso wie alteingesessenen Bürgern!
Ja, in Firaqa gäbe es Gesetze gegen Kutschen innerhalb der
Stadt und Gesetze, die Wägen und Pferde beträfen, wie
schnell und wo sie sich bewegen dürften. In der Mitte der
Straße, aye. Ah, der Lenker des Wagens!
Nun, man hatte den armen Burschen ins Gefängnis gesteckt. Es
lag wirklich nicht daran, daß er irgend etwas getan oder sich
fahrlässig verhalten hätte. Der Mann namens Lallias war
tot, und irgend jemand mußte verantwortlich gemacht werden. Ein
durchgedrehtes Pferd kam dafür nicht in Frage, obwohl man es
getötet hatte, nur für alle Fälle.
Auch das nicht mehr auffindbare Kind käme in Frage, das das
ruhig dastehende und friedlich dösende Pferd mit einer
Drahthalskette, an der ein paar Kupferstücke gehangen hatten, in
die Seite geschlagen hatte.
»Oh, das ist schrecklich!« stieß Mignureal
hervor.
»Ich kann dir nicht widersprechen, Min-uh…«
Gaise lächelte und machte eine hilflose Geste, während
Hanse nur mit Blick gegen die Wand murmelte: »Getötet…
das… Pferd?!«
Wieder einmal wiederholte Mignureal ihren Namen mit der richtigen
Aussprache. Dann erkundigte sie sich nach dem Wagenlenker. Sie
erfuhr, daß es sich um einen Bauern handelte, der in die Stadt
gekommen war, um seine Melonen zu verkaufen. Und was würde mit
ihm geschehen? Tja, antwortete Gaise, eine Geldstrafe sei festgesetzt
worden, und der Bursche könnte sie nicht zahlen. Der Sergeant
zuckte die Achseln, als sei damit alles erklärt.
»Wieviel?«
»Drei Flamm…, entschuldigt. Drei
Silbermünzen.«
»Wir wissen, was Flammen sind«, stellte Hanse klar.
Mignureal warf ihm einen kurzen Blick zu. Das war nun wirklich
nicht wichtig! Ein armer Mann saß im Gefängnis, weil ein Kind sein Pferd erschreckt hatte, so daß es in
Panik durchgegangen war und einen Mann zu Tode getrampelt hatte. Das
war wichtig; ein Bauer saß im Gefängnis, nur weil er keine
drei Silbermünzen besaß. Gesetze, die darauf beruhten,
daß für alles irgend jemand verantwortlich zu
machen war, dachte sie wütend, deuteten auf eine verdorbene
Gesellschaft hin.
Und was war mit den Melonen? fragte sie weiter. Ah, die
verbreiteten bereits einen üblen Gestank, weil sie vergammelten.
Aber… aber wenn der Bauer nicht eingesperrt wäre, stellte
Mignureal vernünftig fest, könnte er seine Melonen
verkaufen, und aus diesem Grund sei er ja hauptsächlich in die
Stadt gekommen. Dann würde er das Geld haben, um die Strafe zu
bezahlen!
Ah, das war richtig, bedauerlicherweise war das richtig, aber
Gesetz war Gesetz, und das war es, was zwischen der Zivilisation und
dem Chaos der Barbarei stand. Und davon abgesehen hätte der
Bauer nun kein Pferd mehr, das seine Wagenladung voll Melonen
hätte ziehen können, nicht wahr?
Mignureal sah zu Hanse hinüber und dachte an all die
Silbermünzen, die sie für den Verkauf von ein paar Pferden
bekommen hatten…
Hanse erkundigte sich nach den Machtverhältnissen in Firaqa.
Er hätte gehört, daß die Herdwächterinnen
über die größte Macht in Firaqa verfügten. Dann
hätte man ihm gesagt, daß zwei Männer namens Arcala
und Corstic die meiste Macht in Firaqa ausübten. Kurz vor seinem
Tod hätte Lallias gesagt, die Macht in Firaqa würde von
Zau… irgendwas ausgeübt.
Was war das?
Alle hätten recht gehabt, erwiderte Gaise, aber der Bankier
und Lallias seien der Wahrheit näher gewesen. Die
Herdwächterinnen seien eine öffentliche Institution und
stellten tatsächlich die Oberste Gerichtsbarkeit dar. Selbst der
Oberste Mag müßte sich ihnen beugen. Der… was? Der
Stadtherrscher oder so ähnlich; der Oberste Magistrat, der hier
offiziell gewählt wurde; so eine Art Stadtfürst oder
Bürgermeister. Aye, es gäbe auch eine Ratsversammlung.
Schließlich umfaßte Firaqa nicht alleine die Stadt,
sondern auch ein weites Gebiet rundherum. Aber was hatte es dann mit
diesem Corstic und Arcala auf sich?
Sie seien die beiden mächtigsten Männer der
Ratsversammlung, erklärte Gaise. Das machte sie zu den
mächtigsten Männern Firaqas. Die Leute redeten schlecht von
ihnen oder fluchten in ihren Namen. Wenn beide einen Kandidaten als
Ratsmitglied oder Obersten Mag ablehnten, könnte der Mann seine
Wahl gleich abschreiben. War einer gegen ihn, der andere aber
für ihn – das sei nur zu oft der Fall,
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