Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

treffen. Hanse?«
    Er wartete einfach, aber sie schwieg so lange, bis er zu ihr
aufsah.
    »O Hanse, bitte… was stimmt denn nicht?«
    »Du weißt, worum es geht.« Er erhob sich, und er
sah genauso streng aus, wie seine Stimme klang.
    »Ich weiß es nicht, wirklich, ich weiß es
nicht!«
    Wunder rieb sich mit Begeisterung an seinem Bein, und Hanse sah zu
ihm hinab. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie dir das nicht
klar sein kann.«
    »Hanse, Liebling, ich…« Sie konnte nicht
weiterreden und mußte tief durchatmen, um das Zittern ihrer
Stimme unter Kontrolle zu bekommen. »Ich weiß es nicht,
Hanse, ich schwöre, ich weiß nicht, was nicht stimmt. Was
habe ich getan?«
    Er stieß die Luft durch die Nase aus. »In wessen Namen
schwören S’danzo?«
    »O Hanse!«
    Nach diesem kläglichen Ausruf sah er sie wieder an und dachte
kurz darüber nach, wie schwer es war, eisig und wütend zu
bleiben, wenn es um sie ging und er es eigentlich nicht bleiben
wollte. Und doch verschaffte es ihm eine gewisse Befriedigung, eine
Art Vergnügen, daß er sich verletzt fühlte und es ihr
heimzahlte. O Mist, dachte er und machte sich durch diesen
Ausdruck in Gedanken über sie lustig.
    Eigentlich sollte ich Mignureal eine große Freude machen, überlegte er weiter, indem ich ihr von den Pferden, von
meiner Schlauheit und dem erzähle, was ich über Geld
gelernt habe! Statt dessen muß ich auf dieser Geschichte
herumreiten. Wie kann ich damit aufhören? Er schwieg und
betrachtete ihr betroffenes Gesicht. Selbst ihr hübscher
lieblicher Körper wirkte plötzlich kleiner, kraftlos.
Hilflos.
    »Während der letzten Nacht war ich wirklich wegen der
Münzen und der Namen verängstigt, Mignureal. So mit
Zauberei leben zu müssen und nicht zu wissen, was passiert oder
demnächst passieren wird, und warum…! Ich konnte nicht
schlafen und mußte mich unterhalten. Du hast mir gezeigt,
daß du dich mit mir lieben wolltest, aber ich war da noch nicht
bereit dazu. Ich mußte mich… mußte mich erst einmal
beruhigen. Und während ich redete, bist du eingeschlafen. Ich
hatte es nicht einmal gemerkt, bis ich dich etwas fragte. Ich
hätte dich am liebsten aus dem Bett auf den Boden geschmissen.
Aber ich lag nur so da, wieder völlig verkrampft, und starrte
gegen die Decke. Ich habe sie nicht einmal gesehen! Wenn ich einen
ganzen Schlauch voller… voller Wein gehabt hätte,
hätte ich ihn völlig leergetrunken, das schwöre ich.
Nur um mich entspannen und schlafen zu können.«
    »O Hanse!« Sie sank auf das Bett und weinte. »O
Hanse, ich war nur so… ich habe ja gar nicht gewußt…
oh, es tut mir so leid! Es tut mir so leid!«
    Er starrte sie eine Weile an, und sie sah so winzig, so traurig
und so liebenswert aus. Dann ging er zu ihr, weil er nicht anders
konnte. Danach führte eins zum anderen, und die unerfreuliche
Geschichte war vergessen. Es war schließlich viel zu spät,
als sie die Treppe hinunterstiegen, und ihr Abendessen bestand aus
den Resten, die Chondey noch übrig hatte.
     
    Am nächsten Morgen schliefen sie lange, und als sie in den
Gästeraum kamen, wartete dort ein Mann auf sie. Gaise, der
Sergeant der Stadtwache von Firaqa. Obwohl er vollkommen freundlich
war, war er doch in offizieller Mission hier. Gaise hatte Fragen.
    War Hanse mit einem gewissen Lallias unterwegs gewesen, als dieser
arme Kerl von einem durchgegangenen Zugpferd über den Haufen
gerannt worden war? Hm-hmm; und warum war Hanse davongerannt? Ah ja,
das könnte zu diesem Zeitpunkt vernünftig erschienen sein,
und Gaise konnte die Panik verstehen, aber Fremde hatten in Firaqa
schon allein deshalb nichts zu befürchten, weil sie eben Fremde
waren! Zum Glück hatte es mehrere andere Zeugen gegeben, und auf
Hanse fiel nicht der leiseste Verdacht. Und was hatte er mit dem
Verstorbenen zu tun gehabt? Ah, und war es ihm dann gelungen, diesen
Horse zu finden? Oh, gut. Anorislas war als ein fast schon krankhaft
ehrlicher Mann bekannt.
    Perias und Tethras? Natürlich, ein jeder kannte sie und die
Einrichtungen ihrer Geschäftspartner. Seine Meinung? Nun, sie
waren Bankiers; alle, die mit Bankiers geschäftlich zu tun
hatten, hatten ihre Meinung dazu, meistens widersprüchliche.
»Niemand empfiehlt seinen eigenen Geldhändler weiter, oder
aber er wird es später bereuen.« Nein, keine weiteren
Fragen. Gaise äußerte nur den Wunsch, Hanse hätte die
Sachlage richtig eingeschätzt, um zu bleiben und zu
erzählen, was er beobachtet hatte. Aber natürlich, er
würde jetzt