Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
grün oder rotbraun
waren, bot Firaqa einen hübschen Anblick.
Zumindest dieser Teil der Stadt, rief sich Hanse ins
Gedächtnis zurück, der Die Tore genannt wurde.
Sie machten sich nicht die Mühe, den sehenswerten Weg
einzuschlagen, den Khulna ihnen empfohlen hatte. Statt dessen gingen
sie zu der Straße, die durch das Tor führte, durch das sie
gekommen waren, und bogen nördlich auf die gepflasterte
Hauptverkehrsstraße ein. Sie hatte einen bezeichnenden Namen:
Torstraße. Khulna hatte ihnen erklärt, nach dem Tempel der
Flamme drei Querstraßen weiter zu gehen und dann links
abzubiegen. Das war dann der Kamelspurweg, und der führte genau
auf den offenen Markt. Als Alternative zum Basar hatte er die
Straße der Kaufleute vorgeschlagen.
»Bei uns zu Hause sind die Sachen im Basar meistens weniger
teuer«, hatte Hanse gesagt. »Ist das hier auch der
Fall?«
»Aye«, hatte Khulna geantwortet. »Ich
dachte…« Aber dann hatte er den Rest offengelassen, weil er
nicht sagen wollte, daß er angenommen hatte, ein Pärchen
mit rankanischem Silber wäre bereit, für seine
Einkäufe mehr Geld auszugeben.
Sie schlenderten die Torstraße entlang. Wie sie
wußten, lag irgendwo westlich von ihnen eine breite
Straße, die Karawanenweg hieß. Er durchzog die ganze
Stadt zur Länge und führte weiter durch das
Neustadtviertel, das außerhalb der Stadttore im Nordwesten
entstanden war. Aus unterschiedlichen Gründen und mit
unterschiedlichen Reaktionen fiel Mignureal und Hanse sofort ins
Auge, daß es in diesem Jahr unter den firaqanischen Frauen Mode
war, tief ausgeschnittene Kleider zu tragen, die den Busen betonten.
Im Gegensatz dazu waren die Röcke fast lang genug, um die
Füße ihrer Trägerinnen zu verbergen. Bei reichen oder
gesellschaftlich höhergestellten Frauen – oder solchen, auf
die beides zutraf – bedeckten sie die Füße sogar
völlig und schleiften über den Boden. Nur wenige trugen ihr
Haar lose. Meistens war es hochgesteckt und überreich verziert
und mit Nadeln, Kämmen und Ringellocken geschmückt.
Mignureal fiel auf, daß bei sieben von zehn Frauen die Farbe
der Tuniken, die als Blusen über eng um die Taillen
geschnürten Röcken getragen wurden, alle Gelbschattierungen
umfaßte. Von den restlichen drei waren zwei weiß oder
fleischfarben.
Es verblüffte Hanse und Mignureal nicht, daß sie so
häufig Menschen mit rotem Haar sahen, aber das lag nur daran,
daß Chondey sie an diesem Morgen darauf vorbereitet hatte. Sie
würden viele gefärbte Köpfe sehen, hatte sie gesagt.
Während der letzten Jahre waren scharlachrote Haarlocken der
letzte Schrei gewesen, seit der Einsegnung der letzten
Herdwächterin, die zufällig ein Rotschopf war. Sie hatten
nur dazu genickt, und Mignureal hatte sich für die Auskunft
bedankt. Sie hofften, selbst herausfinden zu können, was eine
Herdwächterin war, ohne nachfragen zu müssen.
Viele Passanten, die sie auf oder neben der Torstraße sahen,
trugen eine Kette der viereckigen Kupfermünzen, die man Funken
nannte, auf Lederketten oder Draht aufgefädelt um den Hals, so
daß viele Leute beiderlei Geschlechts die gleichen Halsketten
zu tragen schienen. Allerdings variierte bei jedem Träger die
Menge der so aufgefädelten Münzen.
Es überraschte sie, daß so viele Männer Hüte
trugen, meistens graue, kastanienbraune oder dunkelblaue mit Krempen,
die im Nacken und an einer Seite hochgebogen waren. Die wenigen, auf
deren Hüten Federn steckten oder von ihnen herabhingen,
mußten reiche Leute sein. Diese Männer trugen auch
meistens leuchtend bunte Hosen – oft sogar ganz erstaunlich
leuchtend und bunt, selbst für Hanses Geschmack – und
Stiefel mit hohen Absätzen. Ihre Tuniken, die von großen,
breiten Gürteln zusammengehalten wurden, hingen meistens
blusenartig unterhalb des Gürtels herunter oder standen sogar
wellenförmig ab. Hanse bemerkte, daß er Tuniken in allen
Farben außer rot erblickte; einige waren zitronenfarben,
scharlachrot oder zimtfarben gestreift, andere hatten Streifen von
einem himbeerfarbenen Rosa, das er überhaupt nicht mochte.
Selbst die meisten der völlig weißen oder fleischfarbenen
Tuniken waren an den Ärmeln und Säumen gestreift, manchmal
sogar mehrfarbig. Muster waren sehr selten.
Einige ältere Bürger trugen Roben. Einmal sah Hanse zwei
Frauen in gelbgoldenen Roben, die etwas steif und doch irgendwie
bescheiden und unaufdringlich wirkten. Die Frauen gingen hoch
aufgerichtet, orangerote Schleier fielen ihnen über den
Rücken
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