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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Satteltasche zu verstauen. Danach ließ
er die Rolle, die hinter dem Sattel des kürzlich verstorbenen
reizenden Sinajhal befestigt gewesen war, auf das Bett fallen. Er
rollte sie auseinander.
    In die recht hübsche gestreifte Decke waren mehrere
Gegenstände eingewickelt. Hanse schüttelte einen flachen
Weinschlauch und gab bekannt, daß er fast leer war. Als
nächstes hob er eine zusammengefaltete rote Schärpe auf und
bemerkte lächelnd, daß sie auf einer grünen Tunika
lag, die genauso hell wie das Tuch leuchtete.
    »Möchtest du sie ausbreiten, während ich eben mal
die Tunika ausprobiere?« fragte er und reichte ihr die zu einem
Päckchen gefaltete Schärpe. Mignureal nahm sie entgegen und
mußte kurz darauf über Hanses mürrisches Gesicht und
über das pfefferminzfarbene Kleidungsstück lachen, das er
sich vor die Brust hielt. Die Tunika war zu groß für
Sinajhal, zu groß für Hanse, und sie wäre
wahrscheinlich nicht einmal für Khulna zu eng gewesen.
    »Verdammt!« stieß er ehrlich enttäuscht
hervor. »Verdammter dämlicher Steh-Mann! Er war älter
als ich und auf keinen Fall neu in diesem Geschäft, aber er
hatte es immer noch nicht gelernt, wählerisch in dem zu sein,
was er stahl.«
    Sie lachte. »O Hanse, entschuldige – aber was für
ein Ausdruck! Der unwählerische Dieb!«
    Sie duckte sich unter seinem Blick und bemühte sich um eine
ernsthafte Miene, während sie die Schärpe ausbreitete. Sie
fand sechs firaqanische Kupfer- und zwei Silbermünzen, die alle
das Flammensymbol trugen. Das war ein erfreulicher Fund, und sie
hatte natürlich auch recht damit, daß sie die Tunika gut
als Geschenk benützen könnten, zum Beispiel für
Khulna. Sie zu verkaufen, hätte problematisch werden
können, denn sie war zweifellos gestohlen worden. Würde es
nicht einfach köstlich sein, wenn sie versuchten, die Tunika
einem großen Mann zu verkaufen und dabei feststellen
müßten, daß sie ihm früher gehört
hatte?
    Hanse hatte währenddessen ohne große Begeisterung den
Dolch, den er gefunden hatte, beiseite gelegt. Er schien ganz
ordentlich gearbeitet zu sein, aber man mußte ihn untersuchen
und ausprobieren, bevor man wußte, ob er auch etwas taugte. Die
›Juwelen‹ in seinem Griff, da war er sicher, bestanden aus
Glas.
    »Nicht gerade ein Schatz, den wir da gefunden haben«,
nörgelte er und untersuchte das letzte Stück. Es war ein
hölzernes Rechteck aus mit Scharnieren versehenen und
zusammengeklappten Tafeln. Er entfernte das Band, das sie
zusammenhielt, und öffnete die zweiteilige, mit Bienenwachs
beschichtete Tafel. Eine Oberfläche war glatt und leer. In die
andere waren mehrere Worte hineingeritzt worden, die untereinander
standen. Hanse betrachtete die Liste, konnte aber nur Buchstaben und
nicht deren Sinn erkennen. Schnörkel, die in den Ton oder das
Wachs graviert waren.
    »Was ist das?« fragte Mignureal.
    »Worte«, sagte er und reichte ihr die Tafel, damit sie
ihm die Zeichen übersetzte.
    Sie las die Liste vor:
     
ELTURAS
ESTANE
LALLIAS
PERIAS
 
THUVARANDIS
     
    Als sie damit fertig war, blickte sie fragend auf. Hanse zog die
Stirn in Falten und spitzte nachdenklich die Lippen. »Ist das
alles?« murmelte er beunruhigt.
    »Das ist alles.«
    »Du hast den Namen Lallias vorgelesen«, sagte er
langsam. »Der ist dort aufgeschrieben? Na gut. Dann muß es
eine Namensliste sein. Einer von ihnen ist der Mann unten, derjenige,
der mich zu seinem pferdekundigen Bruder führen will. Oder…
der es zumindest behauptet.« Er verstummte, um etwas länger
über die merkwürdige Liste nachzudenken und sich über
ihre Bedeutung, wenn nicht gar ihren Sinn, klar zu werden.
    »Hier ist ein Freiraum«, bemerkte Mignureal. »Es
scheint, als hätte ein weiterer Name zwischen Perias und
Thuvarandis geschrieben werden sollen. Aber das Wachs ist an dieser
Stelle glatt.«
    Hanse schwieg noch ein paar Sekunden lang. Dann sagte er:
»Wir wollen uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, warum
Lallias einer der fünf Namen ist, die dieser Steh-Mann und Dieb
auf seiner Wachstafel aufgeführt hat, einverstanden?«
    Mignureal musterte die Liste stirnrunzelnd, und ihr
»Einverstanden« klang nicht gerade überzeugend.
»Aber etwas anderes, Hanse. Die Liste wurde in alphabetischer
Reihenfolge geschrieben, und…«
    »Habe ich nicht ein L beim ersten Namen gehört?«
unterbrach er sie. »Ich meine, ich kenne mich da ja auch ein
bißchen aus, Mignureal. Ich kann meinen Namen schreiben, ich
erkenne ein H, wenn ich eins sehe

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