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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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daß sie dem Feuer nachempfunden
waren, dessen Farbe sie widerspiegelten. Mignureal konnte dort oben
keine einzige Statue erkennen, und sie machte Hanse darauf
aufmerksam.
    Hanse sah noch einmal hin. Sie hatte recht. »Nun, wie soll
man einer Flamme eine Statue bauen?«
    »Hmm«, machte sie, und sie gingen weiter. Ab und zu
blickten sie zu dem hohen und mehr als nur beeindruckenden Bauwerk
zurück, das höchstwahrscheinlich der Wohnsitz des
Schutzgottes von Firaqa war.
    »Hanse«, sagte Mignureal mit dem Tonfall in der Stimme,
dem normalerweise ein »Rate mal«, oder »Hast du jemals
darüber nachgedacht« oder »Oh, sieh doch« folgte.
»Schau dir jetzt noch einmal dem Tempel an – schau
über ihn.«
    Er tat ihr den Gefallen. Er sah Rauch. Es war zwar nur ein
dünner Dunstfaden, der dort aufstieg, aber er war
schwärzlich. Hanse nickte. »Mhm. Rauch. Ich schätze,
das ist genau das, was wir über einem Ort sehen sollten, der der
Tempel der Flamme heißt: Rauch. Was sollte sich auch in seinem
Inneren befinden, wenn nicht ein großes Feuer? Keine Statuen,
darauf würde ich wetten. Nur eine Flamme, die immer in Gang
gehalten wird. Eine Flamme, die nie ausgeht, würde ich wetten.
Und wenn sie doch einmal erlöschen sollte, könnte Firaqa
dasselbe Schicksal bevorstehen.«
    »Ihhh. Das ist… ihhh.«
    »Vorsicht. Wir befinden uns in einer fremden Stadt. In einem
anderen Teil der Welt mit anderen Göttern und einer anderen
Religion. Ich habe nicht behauptet, daß ich daran glaube,
Mignue. Aber dies ist nicht der Einflußbereich von Ils und
Shipri und dem Namenlosen Schatten. In ihrem eigenen
Einflußbereich sind die Götter stark, aber mit zunehmender
Entfernung werden sie schwächer. Wenn man in ein anderes Land
kommt, werden dessen Götter beherrschend, und die eigenen werden
schwach.«
    »Oh. Aber wie kommt es dann, daß die Götter von
Ranke zu Hau… in Freistatt so stark sind?«
    Hanse zuckte die Achseln, als sie ihren Weg fortsetzten.
»Wahrscheinlich, weil einige Leute das so wollten und sich keine
Gedanken machten oder sich nicht um die Tatsachen kümmerten, die
jeder über die Götter weiß. Und ganz davon abgesehen
ist doch irgend etwas mit Vashanka passiert!« Hanse
lächelte. Als Verbündeter der Götter hatte er auf
einer anderen Daseinsebene diesen Gott des imperialistischen
Kaiserreichs von Ranke in der einzigen Art und Weise getötet, in
der ein Unsterblicher getötet werden konnte, und er erinnerte
sich nicht mehr daran, weil er es so gewollt hatte.
    »In jener Nacht hat der Allsehende Allvater seine Allmacht
bewiesen!« Nachdenklich fügte er hinzu: »In einer
fremden Stadt mit uns fremdartigen Göttern sollten wir lieber
ein paar Dinge herausfinden, Mignue. Und wir sollten besser
vorsichtig sein mit dem, was wir sagen. Das schließt solche
Kommentare wie ›ihhh‹ mit ein.«
    »Es ist fremdartig, das stimmt!«
     
    Wie Khulna gesagt hatte, führte der Kamelspurweg direkt in
den Basar. Und dort endete er oder wurde zum Basar.
    Vielleicht hatte der Kamelspurweg einmal die Torstraße und
den Karawanenweg miteinander verbunden, und der Basar war erst
hinterher hier entstanden, ganz natürlich entlang der
Karawanenroute, die durch Firaqa führte, und jetzt wuchs er noch
weiter. Der weiträumige offene Markt war größer als
der von Freistatt, aber er sah genauso oder fast genauso aus.
Lärmend und voller Leute, die kauften und feilschten,
ununterbrochen in Bewegung, leuchtend bunt wegen der
verschiedenfarbigen Kleidungen und Waren und der gestreiften Markisen
über den Ständen der Händler, von den
unterschiedlichsten Gerüchen durchzogen, von Leder, Pferden,
Parfümen, Schweiß, Zimt, Knoblauch, Öl und den
gekochten Leckereien, die überall verkauft wurden, weil
überall immer irgend jemand Hunger hatte.
    Hanse und Mignureal verbrachten fast eine Stunde damit, durch den
Basar zu schlendern und sich alles anzusehen, den Kopf zu
schütteln, wenn sie von eifrigen Hausierern angesprochen wurden,
und in möglichst gerader Linie das andere Ende des Marktes zu
erreichen, das auf der anderen Seite des Stadtviertels Die Tore lag.
Sie sahen sowohl mehrere Polizisten als auch private Wachleute, und
sie waren darüber nicht unglücklich. Nachtschatten war ein
Einbrecher, der sich heimlich in ein Haus schlich – oder er war
es gewesen –, aber kein Beutelschneider, Taschendieb oder
Straßenräuber. Schließlich bemerkten sie, daß
erst kürzlich irgendeine Karawane vorbeigekommen sein
mußte. Ein halbes Dutzend

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