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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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Halbwüchsiger entfernte den
Tiermist von der breiten Straße.
    »Das ist also die Gegend, in die wir lieber nicht gehen
sollten«, sagte Hanse und blickte auf die andere
Straßenseite, wo sich Ledergerber und andere Handwerker
niedergelassen hatten, die dort Geschäfte mit Durchreisenden
machen wollten. »Dahinter liegt das verrufene Westende und das
Labyrinth namens Rote Zeile.« Er ließ seine Stimme finster
und doch zittrig klingen. »Meinst du, es gibt da hinten ein
Wildes Einhorn?«
    »Es gibt bestimmt nur ein Wildes Einhorn auf der ganzen Welt
und nur einmal Fuchs’ Kneipe. Aber ich wette, es gibt dort die
gleichen Kaschemmen, in denen es genauso zugeht. Ich möchte es
nicht herausfinden!«
    Ich schon, dachte Hanse und drehte sich um. »Laß
uns nach ein paar Geldbeuteln Ausschau halten. Bleib dicht bei mir,
hörst du?«
    Sie kauften zwei Geldbeutel für eine Kupfermünze und
verbargen sie unter ihrer Kleidung und vor den Augen des Hausierers,
dem sie zwei weitere aus dickerem Leder abkauften. Ganz heimlich
steckten sie ein paar Kupfermünzen und jeweils eine der
Silbermünzen, die Hanse ›Bumerang-Kaisermünzen‹
nannte, in die Geldbeutel, die sie offen sichtbar trugen.
    Dann wanderte Hanse ein wenig umher und holte höflich ein
paar Auskünfte ein. Er erzählte einigen Leuten, daß
ein Mann ihm eine rankanische Silbermünze angeboten hätte,
eine Kaisermünze, und er wollte nun wissen, ob er zugreifen
sollte. War sie etwas wert? War sie so viel wert wie eine
firaqanische?
    Drei Männer sagten ja und versicherten ihm, daß eine
Kaisermünze sechzig Kupferstücke wert sei – zehn mehr
als eine firaqanische; eine Frau fauchte: »Ranke!« und
spuckte aus; zwei Frauen und ein anderer Mann sagten
übereinstimmend, eine Kaisermünze sei zweiundsechzig
Kupferstücke wert und deuteten auf einen Geldwechsler. Als
dieser ihm sagte, er würde eine Flamme und neun Funken für
eine Kaisermünze geben, war Hanse sicher, daß ihr Geld in
Wirklichkeit eine Flamme und zwölf wert war, eine firaqanische
Silbermünze und ein Dutzend Funken. Es war befriedigend, einen
Eindruck vom Wert des hiesigen Geldes und seines eigenen zu
haben.
    »Ich glaube, dieser Bursche ist der Meinung, was er besitzt,
ist zweiundsechzig Funken wert«, sagte Hanse. »Und er
möchte Kupfermünzen, kein Silber.«
    »Oh. Das mag schon richtig sein, aber ich muß
natürlich dafür sorgen, daß bei mir Essen auf den
Tisch kommt«, antwortete der Wechsler. Er machte den Eindruck,
als sei er gerade noch in der Lage, das Resultat seiner
Eßgewohnheiten in die grüne Tunika aus Sinajhals Packen zu
quetschen. »Wenn er dafür Kupfermünzen haben will,
könnte ich vielleicht bis sechzig gehen.«
    »Angenommen, es wären zwei Kaisermünzen, und er
wollte dafür zweimal sechzig und drei?«
    Der Mann betrachtete Hanse mit einem wunderlichen
Gesichtsausdruck, der verriet, daß er – zu seiner
Überraschung – begriffen hatte, daß er mit dem
Besitzer von zwei rankanischen Silbermünzen sprach. »Dein
Akzent… seid ihr beiden, du und deine Frau, gerade aus Ranke
hierher gekommen?«
    Hanse schüttelte den Kopf. »Nein, nein, aus Mrsevada.
Weißt du, wir haben gerade ein Pferd verkauft,
und…«
    »Ein Pferd für hundertzwanzig Funken? Oh, bei der
Flamme, die ewig brennt, ich wünschte, ihr wärt zu mir
gekommen! Das war kein fairer Preis, junger Mann. Man hat dich
übers Ohr gehauen.«
    »Handelst du denn mit Pferden?« erkundigte sich
Hanse.
    Der Wechsler lächelte, und seine Augen blitzten selbstsicher.
»Oh, ich handle so ziemlich mit allem, mein Freund aus Mrsevada.
Fast mit allem. Also, bei einem guten Wallach mit gutem Gebiß,
jung und kräftig für die Arbeit, hätten wir beide uns
über sieben oder acht Flammen unterhalten.«
    »Eigentlich«, sagte Hanse, um weitere Informationen zu
bekommen, »war es ein Onager.«
    »Ah. Nun, in diesem Fall… Je nach seinem Alter und
Zustand wäre ich vielleicht bis zweihundertfünfzig
gegangen, fünf Flammen also. Wie schade. Ich wünschte, du
wärst zuerst zu mir gekommen!«
    Also, überlegte Hanse, ist ein gutes Pferd
wahrscheinlich zwölf Silberstücke wert, und Blödarsch
müßte demnach sieben oder acht einbringen. Wie gut,
daß ich hier nachgefragt habe! »Hör zu. Die
Münzen befinden sich in meiner Messerscheide, die unter meiner
Tunika steckt. Ich sage dir das, damit du nicht erschrickst, wenn ich
sie herausziehe.«
    Der Wechsler verdrehte die Augen und nahm eine Hand wie
beiläufig von seinem Ladentisch.

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