Diebin der Nacht
Handelskapitänen zurzeit in Mode war.
»Ich wusste, dass Sie heute Abend hier sein würden«, sagte er, während er souverän zu ihr hinüberkam und sich vorbeugte, um ihr die Hand zu küssen.
Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und in ihrem Mund konnte sie den metallischen Geschmack der Angst schmecken. Er war gefährlich. Er hatte sie zu sehr in Verdacht, und nun spielte er mit ihr wie eine Katze mit einer Maus. Es war gut, dass sie schon bald nicht mehr da sein würde.
»Woher konnten Sie wissen, dass ich hier sein würde, Mr. Belloch? Haben Sie vielleicht die telepathischen Künste von meinem Onkel gelernt?« Ihre Stimme klang sicher und verriet nichts von ihrer Angst.
»Nichts derart Okkultes, Miss Rillieux. Es ist nur ziemlich vorhersehbar, dass eine Dame mit Ihrem ... interessanten geheimen Leben den Charakter einer Carmen anbetet.«
»Oh ja, entschuldigen Sie. Ich hatte ganz vergessen, dass ich ja Lady Moonlight bin«, sagte sie in spöttischem Ton.
»In der Tat. Und schließlich ist Carmen ja eine hinterlistige Verführerin, die alle Männer um sich herum betrügt.«
Kühn erwiderte sie seinen Blick. »Mir gefällt der Stierkämpfer sehr viel besser, der sie ersticht.«
Er legte ihren Arm in den seinen, noch bevor sie ihn wegziehen konnte. »Er ist auch mein Favorit. Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem guten Geschmack, meine Dame, wenn ich auch darüber nachdenke, ob ich diese gefährliche Schönheit nicht lieber nach Waffen absuchen sollte, bevor ich meine Loge mit ihr teile.«
»Ihre Loge?« Sie blieb stehen.
»Ja, es ist alles arrangiert«, verriet er ihr, nachdem die Sache anscheinend schon beschlossen worden war. Dann wurden seine Stimme und seine Augen weicher. »Sie sehen wunderschön aus heute Abend. Wie immer.«
Wir betäubt erlaubte sie ihm, sie ein weiteres Mal zu begleiten, denn sie wusste, dass sie von allen beobachtet wurden. Obwohl sie sich ganz und gar nicht danach fühlte, rang sie sich ein zuversichtliches Lächeln ab und sagte: »Wie freundlich von Ihnen, aber ich fürchte, dass ich im Vergleich zu Antonia lediglich wie eine unscheinbare graue Maus aussehe. Ich hätte in jedem Falle Verständnis dafür, wenn Sie es vorziehen würden, irgendeine andere-«
»Ich ziehe es aber nicht vor«, unterbrach er sie und duldete keine weiteren Diskussionen.
Ihr Lächeln wurde schwächer. Schüchtern vor sich hin murmelnd, warnte sie ihn: »Sie laufen Gefahr, galant zu erscheinen, Mr. Beiloch.«
Seine Hand auf ihrem Arm wurde zu Stahl. »Ich befürchte, dieser Eindruck wird schon bald wieder nach- lassen.«
Die summende Menschenmenge bahnte sich langsam ihren Weg in das Foyer mit seinen wertvollen Teppichen und dem riesigen Porträt von John Jacob Astor in einem vergoldeten Holzrahmen mitten auf einer der Wände. Elektrische Lampen mit Schirmen aus Milchglas verbreiteten weiches, angenehmes Licht.
»Ich glaube, ich trau meinen Augen nicht«, bemerkte Mystere, die entschlossen war zu zeigen, dass Rafe sie nicht verwirrte. »Schauen Sie nur. Da ist Abbot, und er begleitet Caroline und Carrie. Und das, nachdem er erst vor drei Tagen von ihr exkommuniziert worden ist.«
»Oh, Mr. Abbot hat einen ungeheuren Einfluss auf Mrs. Astor«, versicherte Rafe. »Vergessen Sie nicht, dass sie seinem beißenden Snobismus voll und ganz zustimmt, solange er sich nicht gegen sie oder ihre Auserwählten richtet. Was Sie heute Abend sehen, ist seine öffentliche Buße. Er muss sie und Carrie geduldig begleiten, da der männliche Teil der Astors sich in der Oper langweilt. Sie scheinen keinen Anteil daran nehmen zu wollen.«
Angesichts dieser unbezweifelbaren Wahrheit musste Mystere lächeln, denn sie hatte Astor einst sagen hören, dass alle Opern weiblicher Unsinn seien »mit Ausnahme von der mit diesem gerissenen Gauner Figaro; die ist nun wirklich mal eine richtig famose Vorstellung.«
Rafe erwiderte ihren Blick. »Caroline wird ihn auf Herz und Nieren prüfen. Aber vergessen Sie nicht, ein Familienstammbaum, der so alt ist wie der der Abbots, lässt sich nicht so leicht entwurzeln, auch durch Caroline nicht. Da spielt es keine Rolle, dass er den größten Teil seines Vermögens vergeudet hat oder dass er sich geweigert hat zu heiraten und einen Erben zu hinterlassen.«
Und dann ließ Rafe seine ironische Maske fallen und pure Boshaftigkeit funkelte in seinen Augen. »Die einzige Todsünde für Caroline und ihresgleichen ist die Armut. Mit ihr konfrontiert schließen sich sofort ihre Reihen. Und was
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