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Diener des Boesen

Diener des Boesen

Titel: Diener des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
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erwiderte de Vere, drehte sich um und bahnte sich einen Weg durch die versammelten Adligen, die nach ihren Plätzen suchten.
    »Vater!«, rief Bolingbroke empört und wollte dem Grafen von Oxford hinterhereilen.
    »Nein!« Lancaster packte seinen Sohn am Arm. »Lass ihn! Er ist unausstehlich, aber harmlos.«
    »Wie kannst du das sagen!«, erwiderte Bolingbroke. »Wie kann er es wagen, dir zu drohen!«
    Lancaster lächelte traurig. »Die Welt hat sich verändert«, sagte er. »Mein Vater und mein Bruder sind tot, und nichts ist mehr, wie es früher war. Vielleicht sollten wir uns einfach damit abfinden.«
    Bolingbroke wollte noch etwas sagen, doch Lancaster brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Nein. Sprich es nicht aus, Hal. Nicht heute, denn ich bin zu müde. Komm, lass uns unseren Platz suchen… Tom, ich glaube, Ihr sollt hinter uns stehen. Komm, Hal, vergiss de Veres hässliche Worte.«
     
     
    Nachdem die Adligen Platz genommen und ihre Anhänger und Bewaffneten hinter ihnen Aufstellung bezogen hatten, während die Menschenmenge, die aus London herbeigeströmt war, um die öffentliche Demütigung der Franzosen mit anzusehen, von hölzernen Barrieren und scharfen Speeren und Lanzen in Schach gehalten wurde, ertönte eine Trompetenfanfare, und die Monarchen von England und Frankreich kamen in einer würdevollen Prozession hinter einer Reihe von Abschirmungen hervor, die den Eingang zur Palastanlage verdeckten.
    Oder zumindest Richard schritt würdevoll einher, mit Isabella von Bayern am Arm. König Johann schlurfte mit finsterer Miene auf den Tisch zu und blickte hin und wieder zum Himmel hoch, fast, als hoffte er, dort einen Raben zu entdecken, der ihm einen willkommenen Grund lieferte, das Abkommen, das auf dem Tisch vor ihnen lag, nicht zu unterzeichnen.
    Angesichts der ausgelassenen Menge hatten jedoch sämtliche Vögel auf den Turmspitzen von Westminster Hall, Abtei und Palast schleunigst das Weite gesucht, um sich irgendwo am ruhigen Ufer der Themse niederzulassen.
    Johanns Hoffnung war dahin; der letzte Grund, das Abkommen nicht unterzeichnen zu müssen, war davongeflogen.
    Verräterische Vögel!
    Hatte Johanns Altersschwäche in den letzten Monaten noch zugenommen, so hatte sich Richard, seit Neville ihn das letzte Mal gesehen hatte, von einem Knaben in einen jungen Mann verwandelt.
    Sein Amt als König bekam ihm offensichtlich gut. Er war immer noch grün gekleidet, fast als könne er den fröhlichen Maitag seiner Krönung nicht vergessen, oder wollte alle um sich herum ständig daran erinnern, doch nun waren seine Kleider mit so vielen Juwelen und Goldketten verziert, dass er die Sonne selbst an Macht und Herrlichkeit zu übertreffen schien. Sein Gesicht wirkte reifer, kantiger… und irgendwie wissender und gerissener, wenn das denn überhaupt möglich war.
    Jeder seiner Schritte strahlte Selbstsicherheit aus, in jeder Bewegung seines gekrönten Hauptes spiegelte sich die Macht, die er besaß.
    Richard war der König, und das war nicht zu übersehen.
    Isabella von Bayern schritt an seinem Arm aufrecht und stolz einher. Sie war zwar nicht mehr die Jüngste, doch Neville konnte sich nicht erinnern, jemals eine schönere und begehrenswertere Frau gesehen zu haben. Ihre Haare waren grau, die Haut von Falten durchzogen und ihre schlanke Gestalt vom Alter leicht gebeugt, doch ihre Augen funkelten saphirblau im Licht und ihr Gesicht… ihre Gesichtszüge waren so außerordentlich zart, dass Neville glaubte, dass es wohl kaum einen Mann gäbe, der nicht mit einer solchen Schönheit das Lager würde teilen wollen.
    Das englische Volk jedoch verabscheute sie. Die Frauen pfiffen und die Männer brüllten ihr unanständige Worte zu und entblößten sich vor ihr, bis die Wachen sie zur Ordnung riefen und sie dazu brachten, sich wieder zu bedecken.
    Isabella beachtete sie überhaupt nicht. Ihr ganzes Leben lang hatte sie Beleidigungen über sich ergehen lassen müssen, doch dank ihrer Macht und ihres Reichtums konnte ihr nichts davon etwas anhaben. Männer wie Frauen hassten sie, fürchteten sich jedoch zu sehr vor ihrer Rache, um tatsächlich etwas gegen sie zu unternehmen. Auf ihre alten Tage noch ließ sie Könige und Päpste nach ihrer Pfeife tanzen, und niemand konnte ihre Unabhängigkeit antasten. Sie hatte ihren eigenen Kopf und konnte dank des Reichtums ihres Gemahls, den sie in den Wahnsinn getrieben hatte, nach Herzenslust ihren Ehrgeiz befriedigen. Isabella von Bayern war eine Frau, die

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