Diener des Boesen
weiterzureisen.
Im Morgengrauen hatte Bolingbroke die nutzlose und etwas angeschlagene Schatulle mitsamt ihrem Inhalt von zwei Männern Arundel bringen lassen, damit dieser sie wieder an ihren Platz im Palast von Westminster zurückstellte.
Wenn Richard überhaupt bemerkt hatte, dass die Schatulle jemals verschwunden war, so bestrafte er jedenfalls nicht die Männer, die etwas mit ihrem Verschwinden zu tun gehabt haben konnten.
Letztlich war es eine ziemlich unwichtige Schatulle.
Kapitel Acht
Am Test der Entrückung des
heiligen Eduard des Bekenners
Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(Donnerstag, 13. Oktober 1379)
Während sich die Gerüchte über Jeanne d’Arc und das Wiedererwachen des französischen Stolzes im Norden und der Landesmitte Frankreichs immer mehr verbreiteten, und nachdem die arbeitsreiche Erntezeit vorüber war, legte das einfache Volk zu Hunderten die Hacken und Schaufeln nieder und bewaffnete sich mit Schwertern und Lanzen. Sie machten sich auf den Weg nach La Roche-Guyon und schworen dort Karl die Treue. Es kamen auch viele Adlige mit ihren Anhängern, die nicht auf dem Schlachtfeld von Poitiers das Leben verloren hatten: Manche, weil sie den Gerüchten Glauben schenkten, dass Jeanne Gottes Stimme war, andere, wie Philipp der Schlechte, weil sie hofften, die Situation zu ihrem Vorteil nutzen zu können.
Wenn sie etwas gemeinsam hatten, dann den Wunsch, die Engländer ein für allemal aus ihrem geliebten Land zu vertreiben.
Doch nicht nur bewaffnete Männer kamen nach La Roche-Guyon. Papst Clemens VII. schickte eine Abordnung aus Avignon, die vom Erzbischof von Reims, Regnault de Chartrès, angeführt wurde. Clemens glaubte nicht recht an das Gerede über eine heilige Jungfrau, sondern betrachtete es als wahrscheinlicher, dass dieses Bauernmädchen eine Hexe war, die den Dauphin für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollte.
Der römische Papst, Urban VI. hielt die Gerüchte für gänzlich lächerlich und verlangte lediglich mehr Wein, wann immer jemand den Namen dieser törichten Jungfrau erwähnte. Wenn sich Karl mit verrückten Bauernmädchen umgeben wollte, dann war das seine Sache.
Andere, denen die Geschichten über Jeanne zu Ohren gekommen waren, lehnten sich nur zurück und beobachteten das Ganze, während sie darauf warteten, dass sich für sie eine günstige Gelegenheit ergab, wie es bei emotionsbeladenen religiösen Bewegungen stets der Fall ist.
Katherine stand auf den Zinnen von La Roche-Guyon und blickte auf das Armeelager hinab, das sich etwa eine Meile weit um die Burg herum erstreckte. Inzwischen hatten sich dem Dauphin so viele Männer angeschlossen, dass die Burg sie unmöglich alle beherbergen konnte.
Sie hörte Schritte hinter sich, wandte sich um und lächelte. »Philipp.«
Er gesellte sich zu ihr an der Brüstung und gemeinsam blickten sie auf das Lager hinab.
»Mit einer solchen Armee«, sagte Philipp, »könnte ein Mann die ganze Welt erobern.«
»So groß ist sie nun auch wieder nicht«, sagte Katherine. »Es sind nur etwa sieben- bis achttausend Mann. Johann standen bei der Schlacht von Poitiers wesentlich mehr zur Verfügung.«
Philipp drehte sich ihr zu. »Aber Johann hatte nicht, was Karl jetzt hat – die heilige Jungfrau Jeanne. Sie ist allein so viel wert wie zwanzigtausend Mann.«
»Schenkst du ihren Worten Glauben, Philipp? Betest du sie als Heilige an, oder hältst du sie eher für ein Werkzeug in den Händen desjenigen, der stark genug ist, sich ihrer zu bedienen?«
Philipp wusste nicht recht, was er von Jeanne halten sollte. Das Mädchen war zweifellos von einer Aura des Heiligen umgeben… aber war da wirklich Gott im Spiel oder litt sie lediglich unter Wahnvorstellungen?
»Glaubst du Jeanne«, fragte Katherine leise und musterte sorgfältig Philipps Gesicht, »wenn sie behauptet, Gott habe Karl für diesen Kampf auserwählt?«
Immer noch gab Philipp keine Antwort. Auch wenn er sich selbst nicht sicher war, ob er Jeanne Glauben schenken sollte, wusste er doch, dass Katherine das Mädchen von ganzem Herzen hasste. Den Grund dafür kannte er nicht. Vielleicht war sie eifersüchtig, weil ein Bauernmädchen einen solchen Einfluss auf ihren Bruder ausüben und sein Herz gewinnen konnte. Er fragte sich, was sich hinter Katherines Hass verbarg. Er wusste nur, dass Jeanne in gewisser Weise dafür verantwortlich war, dass Katherine nun das Lager mit ihm teilte, und dafür schuldete er dem Mädchen Dank.
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