Diener des Boesen
Norden nach Nürnberg zu reisen, die Frostbeulen an seinen Füßen wert gewesen war. Die Reise von Rom hierher war grauenhaft gewesen. Thorseby hatte sich einer Reisegesellschaft aus Pilgern und Kaufleuten angeschlossen, doch die trügerische Sicherheit, die sie anfänglich vermittelte, wurde zunichtegemacht, als sie dreimal hintereinander von Banditen angegriffen wurden. Vier Pilger und einer der Söldner, die die Kaufleute begleitet hatten, waren den Angriffen zum Opfer gefallen, während die Überquerung des gefrorenen Brennerpasses fünf weitere Leben forderte. Nur durch die Gnade des Herrn hatte Thorseby überlebt. Am zweiten Tage ihrer Reise über den Pass war Thorsebys Maultier ausgerutscht und in den Abgrund gestürzt, während sich Thorseby an einem eisüberzogenen Felsbrocken hatte festklammern können. Er hatte seine Mitreisenden um Hilfe angefleht, doch sie waren so sehr mit ihrem eigenen Überleben beschäftigt gewesen, dass sie seine Schreie nicht beachtet hatten, und Thorseby war nichts anderes übrig geblieben, als Gott um Beistand zu bitten und aus eigener Kraft wieder hinaufzuklettern.
Mit Mühe und Not hatte er es geschafft, auch wenn er sich dabei die Haut an seinen Fingern abgeschürft und seine Sandalen eingebüßt hatte. Nachdem er den Rest des Tages barfuß im Schneeregen über die eisbedeckten Wege des Brennerpasses gestolpert war, hatten sich seine Füße schwarz verfärbt.
Während der Tage, die seither vergangen waren, hatte er inbrünstig zu Gott gebetet, dass seine Reisegefährten dereinst in den Feuern der Hölle schmoren sollten, da sie sich geweigert hatten, ihm eines ihrer Reittiere zu überlassen. Dass sie geritten waren, während er, ein dominikanischer Mönch, hatte zu Fuß gehen müssen, bis er sich auf der anderen Seite des Passes ein neues Reittier kaufen konnte… das war wirklich unerhört!
Letzten Endes gab Thorseby jedoch Thomas Neville die Schuld an seinem Leiden. Wäre Neville nicht gewesen, dann würde sich Thorseby jetzt in seinem behaglichen Heim in Blackfriars befinden anstatt in diesem feuchtesten, kältesten und düstersten Winkel der Christenheit.
Thorseby runzelte die Stirn und hoffte, dass das, was er heute in Erfahrung bringen würde, die Mühe wert sein würde.
Es klopfte, und der Prior des Klosters von Nürnberg, Bruder Guillaume, betrat den Raum. Er war so unglaublich dick, dass er keuchend nach Luft rang, während er zu einem Stuhl hinüberging und sich darauf setzte. Er nickte Thorseby und den beiden Geistlichen, die mit gezückten Schreibfedern an einem Pult in der Ecke saßen, zur Begrüßung zu.
»Sie sind hier«, brachte Guillaume schließlich auf Latein heraus, der universellen Sprache aller Geistlichen.
Gott sei Dank, dachte Thorseby, denn wenn diese Verhöre vorbei sind, kann ich endlich nach Hause zurückkehren.
»Dann sollten wir keine Zeit verlieren«, sagte er so freundlich wie möglich, trotz seiner schmerzenden Füße.
Guillaume nickte und gab einem der Geistlichen ein Zeichen, worauf dieser aufstand und zur Tür ging.
»Als Erstes«, sagte Guillaume, »der Koch.«
Thorseby sammelte sich, setzte eine gleichgültige Miene auf, faltete die Hände im Schoß und versteckte die Füße unter dem herabhängenden Saum seines Gewandes. Der Koch behauptete, in der Küche einer Taverne in Karlsberg gearbeitet zu haben, einem kleinen Städtchen etwa eine Tagesreise südlich von Nürnberg, und dort eine Unterhaltung zwischen Thomas Neville und einem seiner Reisegefährten belauscht zu haben. Offenbar war diese Unterhaltung so ungewöhnlich gewesen, dass sie ihm in Erinnerung geblieben war.
Thorseby war äußerst gespannt, was der Koch zu berichten hatte.
Dieser war ein Mann in mittleren Jahren mit dunkler Gesichtsfarbe, dessen feines, schwarzes Haar unter einer schlecht sitzenden Mütze hervorlugte, während seine linke Schulter merkwürdig schief herabhing. Er schien misstrauisch – schließlich war ein Verhör durch einen Dominikaner nichts Alltägliches –, zugleich aber auch verschlagen, als wüsste er um den Wert dessen, was er zu berichten hatte.
Prior Guillaume begrüßte ihn knapp und bedeutete ihm, auf dem Stuhl Platz zu nehmen, der ihm und Thorseby gegenüberstand.
Der Koch setzte sich und zog dabei seine Mütze vom Kopf, sodass ihm das lange Haar auf die Schultern fiel.
Thorseby presste die Lippen zusammen, als sei das üppige Haar des Mannes eine Beleidigung seiner Tonsur.
Guillaume sprach den Koch auf Deutsch an, dieser
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