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Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Titel: Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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erste Show so gut angekommen war. Diesmal fühlten sich alle, die Kameraleute und Produzenten, bereits wie eine Familie, als sie durch die Tür hereinkamen. Und Koppel selbst war merklich herzlicher. Es gab kein vorsichtiges Abtasten, kein Interview vor dem Interview. Zur Einstimmung tauschten Koppel und Morrie Geschichten über ihre Kindheit aus: Koppel erzählte davon, wie er in England aufgewachsen war, und Morrie erzählte von seiner Kindheit in der Bronx. Morrie trug ein langärmeliges blaues Hemd – er fröstelte fast ständig, selbst wenn es draußen zweiunddreißig Grad im Schatten waren. Aber Koppel zog sein Jackett aus und machte das Interview in Hemd und Schlips. Es war, als würde Morrie ihn aufbrechen, eine Schicht nach der anderen.
    »Sie sehen gut aus«, sagte Koppel, als das Tonband ansprang.
    »Das höre ich von allen«, sagte Morrie.
    »Sie klingen gut.«
    »Das höre ich von allen.«
    »Woher wissen Sie also, daß es schlimmer wird mit Ihnen?«
    Morrie seufzte. »Niemand kann es wissen, außer mir,Ted. Aber ich weiß es.«
    Und als er sprach, wurde es offensichtlich. Er gestikulierte nicht mehr so ungehindert wie bei ihrem ersten Gespräch, um seine Worte zu unterstreichen. Er hatte Schwierigkeiten, bestimmte Wörter auszusprechen – der Laut »ai« schien ihm ständig im Halse steckenzubleiben. Noch ein paar Monate, und er würde möglicherweise überhaupt nicht mehr sprechen können.
    »Also, was meine Gefühle betrifft…«, sagte Morrie zu Koppel, »… wenn ich Leute und Freunde hier habe, dann geht es mir sehr gut. Die liebevollen Beziehungen halten mich aufrecht.
    Aber es gibt Tage, an denen ich deprimiert bin. Ich will da ganz ehrlich sein. Ich sehe, daß ich bestimmte Dinge nicht mehr kann, und empfinde Entsetzen. Was werde ich ohne meine Hände machen? Was geschieht, wenn ich nicht mehr reden kann? Was das Schlucken angeht – das ist mir nicht so wichtig. Ich werde dann durch einen Schlauch ernährt – was ist schon dabei? Aber meine Stimme? Meine Hände? Sie sind so ein wesentlicher Teil von mir. Ich rede mit meiner Stimme. Ich gestikuliere mit meinen Händen. Das ist die Art, wie ich den Menschen etwas gebe.«
    »Wie werden Sie etwas geben, wenn Sie nicht länger sprechen können?« fragte Koppel.
    Morrie zuckte die Achseln. »Vielleicht werde ich sie alle zwingen, mir Fragen zu stellen, die man nur mit ›Ja‹ oder ›Nein‹ beantworten kann.« Die Antwort war so simpel, daß Koppel lächeln mußte.
    Er stellte Morrie Fragen zum Thema Schweigen. Er erwähnte einen sehr lieben Freund von Morrie, Maurie Stein, der Morries Aphorismen damals an den »Boston Globe « geschickt hatte. Sie waren seit Anfang der sechziger Jahre zusammen am Brandeis College gewesen. Jetzt wurde Stein allmählich taub. Koppel stellte sich vor, wie die beiden Männer eines Tages zusammensaßen, der eine unfähig zu sprechen, der andere unfähig zu hören. Wie würde das sein?
    »Wir werden Händchen halten«, sagte Morrie. »Und eine Menge Liebe wird zwischen uns hin- und herfließen.Ted, wir waren fünfunddreißig Jahre befreundet. Du brauchst nicht zu sprechen oder zu hören, um das zu fühlen.«
    Zum Schluß las Morrie Koppel einen der Briefe vor, die er erhalten hatte. Seit der ersten »Nightline«- Sendung hatte er eine Menge Post bekommen. Jener Brief kam von einer Lehrerin in Pennsylvania, die in einer Spezialklasse von neun Kindern unterrichtete. Jedes der Kinder hatte ein Elternteil durch den Tod verloren.
    »Also – ich habe ihr folgendes geantwortet…«, sagte Morrie zu Koppel und schob seine Brille vorsichtig auf Ohren und Nase. »›Liebe Barbara … Ihr Brief hat mich sehr bewegt.
Ich habe das Gefühl, daß die Arbeit, die Sie mit den Kindern machen, welche einen Elternteil verloren haben, sehr wichtig ist. Auch ich habe sehr früh einen Elternteil verloren …‹«
    Plötzlich, während die Kameras noch summten, rückte Morrie sich die Brille zurecht. Er stockte, biß sich auf die Lippen, und es schnürte ihm die Kehle zu. Tränen tropften an seiner Nase herunter. »›Ich verlor meine Mutter, als ich ein Kind war … und das war ein ziemlicher Schlag für mich … Ich wünschte, ich hätte eine Gruppe wie die Ihre gehabt, wo ich über meinen Kummer hätte reden können. Ich hätte mich Ihrer Gruppe angeschlossen, weil …‹«
    Seine Stimme brach.
    »›… weil ich so einsam war …‹«
    »Morrie«, sagte Koppel, »das war vor siebzig Jahren, daß Ihre Mutter starb. Und es

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