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Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition)

Titel: Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitch Albom
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vom Brandeis College kam, einfach weg, da ich vermutete, daß die Absender nur Geld haben wollten. Deshalb wußte ich nichts von Morries Krankheit. Die Leute, die mich darüber hätten informieren können, waren seit langem vergessen, ihre Telefonnummern in einem Kasten auf dem Dachboden vergraben.
    Es wäre vielleicht für immer so geblieben, hätte ich nicht irgendwann einmal spät in der Nacht durch die Fernsehkanäle gezappt, als ich auf eine Nachricht aufmerksam wurde …



Die Fernsehaufnahmen I
    Im März 1995 fuhr neben dem schneebedeckten Bordstein vor Morries Haus in West Newton, Massachusetts, eine Limousine vor. Darin saß Ted Koppel, der Moderator der Sendung »Nightline« im ABC-TV.
    Morrie saß jetzt den ganzen Tag über in einem Rollstuhl und gewöhnte sich allmählich daran, daß ihn Helfer wie einen schweren Sack vom Stuhl ins Bett hoben und aus dem Bett zum Stuhl. Er hatte begonnen, beim Essen zu husten, und das Kauen machte ihm Mühe. Seine Beine waren tot; er würde nie wieder gehen.
    Dennoch weigerte er sich, deprimiert zu sein. Statt dessen hatte er jede Menge Ideen. Er schrieb seine Gedanken auf Notizblöcke, Umschläge, Broschüren, Papierfetzen. Er schrieb Aphorismen über das Leben im Schatten des Todes: »Akzeptiere, daß es Dinge gibt, die du zu tun vermagst, und Dinge, zu denen du nicht fähig bist.« »Akzeptiere die Vergangenheit als Vergangenheit, ohne sie zu verleugnen oder beiseite zu schieben.« »Lerne es, dir selbst zu vergeben und
anderen zu vergeben.« »Geh nicht davon aus, daß es zu spät ist, um sich für etwas zu engagieren.«
    Nach einer Weile hatte er mehr als fünfzig dieser Aphorismen gesammelt, die er seinen Freunden zeigte. Ein Freund, ein Kollege vom Brandeis College namens Maurie Stein, war von den Sätzen so beeindruckt, daß er sie einem Reporter des Boston Globe schickte, der zu Morrie fuhr und ein langes Feature über ihn schrieb. Die Überschrift lautete:
    DER LETZTE KURS EINES PROFESSORS: SEIN EIGENER TOD
    Der Artikel fiel einem Produzenten der »Nightline« -Show auf, der ihn Koppel in Washington, D. C., zeigte.
    »Schau dir das an«, sagte der Produzent.
    Und als nächstes tauchten dann Kameramänner in Morries Wohnzimmer auf, und Koppels Limousine stand vor dem Haus.
    Mehrere von Morries Freunden und Familienmitgliedern hatten sich versammelt, um Koppel kennenzulernen, und als der berühmte Mann das Haus betrat, platzten sie fast vor Aufregung  – alle außer Morrie, der in seinem Rollstuhl heranfuhr, die Augenbrauen hob und den Tumult mit seiner hohen Singsangstimme unterbrach.
    »Ted, ich muß Ihnen erst mal auf den Zahn fühlen, bevor ich zustimme, dieses Interview zu geben.«
    Es folgte ein Moment betretenes Schweigen, dann wurden die beiden Männer in das Arbeitszimmer gebracht.
    »Mann«, flüsterte ein Freund, der davor stand. »Ich hoffe, Ted geht mit Morrie behutsam um.«
    »Ich hoffe, Morrie geht mit Ted behutsam um«, sagte ein anderer.
    In seinem Büro angelangt, bedeutete Morrie Koppel, sich zu setzen. Er verschränkte die Hände in seinem Schoß und lächelte.
    »Erzählen Sie mir etwas, was Ihnen am Herzen liegt«, begann Morrie.
    »Am Herzen?«
    Koppel sah den alten Mann forschend an. »In Ordnung«, sagte er vorsichtig, und dann sprach er über seine Kinder. Sie waren etwas, das ihm am Herzen lag, nicht wahr?
    »Gut«, sagte Morrie. »Jetzt erzählen Sie mir etwas über Ihren Glauben.«
    Koppel wurde es unbehaglich. »Gewöhnlich rede ich mit Leuten, die ich erst seit ein paar Minuten kenne, nicht über solche Dinge.«
    »Ted, ich sterbe«, sagte Morrie und schaute ihn über den Rand seiner Brille hinweg an. »Ich habe hier nicht mehr sehr viel Zeit.«
    Koppel lachte. Na gut. Glauben. Er zitierte ein paar Sätze von Marc Aurel, etwas, was ihm wichtig war.
    Morrie nickte.
    »Jetzt erlauben Sie mir, daß ich Sie etwas frage«, sagte Koppel. »Haben Sie jemals mein Programm gesehen?«
    Morrie zuckte mit den Achseln. »Zweimal, glaube ich.«
    »Zweimal? Das ist alles?«
    »Machen Sie sich nichts draus. Ich habe auch ›Oprah‹ nur einmal gesehen.«
    »Tja, und die beiden Male, als Sie meine Show gesehen haben – was hielten Sie davon?«
    Morrie zögerte. »Soll ich es ehrlich sagen?«
    »Ja?«
    »Ich dachte, Sie sind ein Narzißt.«
    Koppel brach in lautes Lachen aus.
    »Ich bin zu häßlich, um ein Narzißt zu sein«, sagte er.
     
    Wenig später rollten die Kameras vor den Kamin im Wohnzimmer, dort saß Koppel in seinem makellosen

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