Diese alte Sehnsucht Roman
Raum nach dem anderen, und so hatten sie es dann auch gemacht oder vielmehr machen lassen. Im vergangenen Frühjahr waren die letzten Arbeiten abgeschlossen gewesen. Hätte Griffin das alles selbst erledigt – wäre er die Art von Mann gewesen, die Harve war –, dann hätte er vielleicht das Gefühl von Stolz und Erfüllung gehabt, das Joy empfand, die mehr involviert gewesen war und alle möglichen Kataloge studiert, die Materialien ausgewählt und die Handwerker angetrieben hatte.
Warum stellte er also gerade jetzt den Großen Truro-Traum infrage? Fand er, dass irgendetwas daran grundsätzlich ungerecht oder unklug war? Nein, natürlich nicht. Es war ja nicht so, dass er ihres guten Lebens, ihrer guten Ehe müde geworden wäre. Das wäre ernst gewesen. Er musste allerdings zugeben, dass er, trotz Joys Bemühungen, manchmal das Gefühl hatte, das Haus sei nicht ihr gemeinsamer Besitz, sondern gehöre allein ihr, als hätten sie sich scheiden lassen und das Haus wäre ihr zugesprochen worden. Es war ihr Haus aus dem einfachen Grund, dass es sie glücklich machte. Sie hatte, was sie wollte. War es möglich, dass der eigentliche Grund für seine Missstimmung ihre Zufriedenheit war? Ihre Fähigkeit, noch immer zu wollen, was sie vor so langer Zeit gewollt hatte? War dies ein Versagen?
Es war beinahe, als flüsterten seine Eltern, die vor so vielen Jahren den Wettstreit um die Vorbildfunktion für ihn und Joy verloren hatten, ihm nun zu, sie hätten es ja gleich gesagt.
Als Griffin seinen Martini getrunken und ein Steak bestellt hatte, wurden die beiden Barhocker rechts neben ihm frei, und ein Paar in mittleren Jahren nahm die Plätze ein. Die Frau war Ende vierzig und aufgedonnert, und sie sah sich in der Olde Cape Lounge um, als wäre das Lokal zu schön, um es mit Worten zu beschreiben, und als wollte sie sich alle Einzelheiten genau einprägen. Ihr tiefes Dokelleté zeigte einen Körper, der zwar ein wenig angesetzt, aber irgendwie nicht die Hoffnung verloren hatte. Auch ihr Begleiter, der ein paar Jahre älter zu sein schien, hatte ein Dekolleté: Sein dunkelbraunes langärmliges Hemd war so weit aufgeknöpft, dass man die Masse seiner grauen Brustbehaarung sehen konnte. Er reckte stolz seinen nicht unerheblichen Bauch, als wäre es dieser, der ihn für Frauen wie seine Begleiterin unwiderstehlich machte. In L.A. hätte man ihn für eine untere Mafia-Charge engagiert, für die Rolle eines entbehrlichen Fußsoldaten, als Futter für den zweiten Akt. Da er immerhin schon seit fünf Sekunden am Tresen saß, ärgerte er sich, dass der Barkeeper noch immer den Drink für einen anderen Gast schüttelte.
Die Frau musterte mit zusammengekniffenen Augen das Schild an der Wand. »Was heißt das?«
»Weiß ich nicht. Oder vielmehr: Wüsste ich nicht, wenn’s mir nicht scheißegal wäre.«
»Was soll denn kvonkei sein?« Sie beugte sich vor und sah Griffin von der Seite an. »Können Sie das lesen?«
Griffin gestand, das könne er nicht.
Ihr Begleiter sah ihn an und zuckte die Schultern, als wolle er sagen, man könne eben nie wissen, wofür Weiber sich interessierten. Das wäre doch mal ein Rätsel, das man lösen sollte. »Das da ist so was wie ein Spruch, ein Sprichwort«, sagte er. »Es hat nichts zu bedeuten.«
»Aber es muss doch etwas bedeuten. Das ist wie im Da Vinci Code «, sagte sie. »Alles hat etwas zu bedeuten.« Sie beugte sich wieder vor und wandte sich an Griffin: »Er liest nicht so viel«, erklärte sie. Und dann zu ihrem Begleiter: »Ich glaube, das ist so eine Art Zauberspruch. Vielleicht um böse Geister abzuwehren.«
»Es wehrt nur die Barkeeper ab«, sagte er. »Ich geh mal aufs Klo. Wenn unser Freund da drüben je in diese Gegend kommt, bestell mir bitte einen Maker’s. Und dir, was du willst.«
»Einen Cosmopolitan«, sagte die Frau und zog voll Vorfreude die Schultern nach vorn, sodass ihr Ausschnitt aufklaffte. Griffin bemerkte es, und das wiederum bemerkte sie, mit Dankbarkeit, wenn er sich nicht täuschte. Irgendetwas an ihrem Gesichtsausdruck vermittelte ihm den Eindruck, dass sie sich gewöhnlich zurückhaltender kleidete. Heute war ein besonderer Abend, und sie wollte, dass alles gut lief mit dem Mann, der sie gerade so abrupt allein gelassen hatte. Lieber besser als gut. Obwohl es meist nicht mal gut lief. » Wir werden jetzt rausfinden, was da steht«, sagte sie zu Griffin und zog abermals die Schultern nach vorn. »Sie und ich.«
Wie, fragte er sich unwillkürlich, konnte
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