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Diese alte Sehnsucht Roman

Diese alte Sehnsucht Roman

Titel: Diese alte Sehnsucht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Russo
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Valley-Haus hatte Laura ihre Kindheit verbracht, und immer wenn sie in Südkalifornien war, fuhr sie dort vorbei, um sich zu überzeugen, dass es noch stand und gut gepflegt wurde.
    Doch Griffin musste immer wieder daran denken, dass er beim Abschluss des Kaufvertrags, als ein ganzer Berg Papiere zu unterschreiben war, eine leise Stimme gehört hatte – seine Mutter? sein Vater? er selbst? –, die ihn darauf hingewiesen hatte, dass er und Joy nun nicht mehr »flexibel« waren und dass es schwer sein würde, sich loszureißen und weiterzuziehen, wenn sich etwas Besseres bot. Aber natürlich hatte auch er in einigen Dingen recht behalten. Sogar nachdem er das Darlehen in voller Höhe zurückgezahlt hatte, hörte Harve nicht auf, ihn daran zu erinnern, wer ihnen diese Starthilfe gegeben hatte und dass sie das Geld schon viel früher hätten annehmen sollen. Dann schimpfte Jill mit ihm, aber auch sie war, das merkte Griffin wohl, stolz darauf, das sie ihre Tochter und ihren Schwiegersohn zu Hausbesitzern gemacht hatten, und selbstverständlich war sie sich mit Harve einig, dass die beiden sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatten, erwachsen zu werden. »Wenn wir nicht gewesen wären, Jilly-Billy, dann wären sie jetzt noch Hippies«, gluckste Harve.
    Eigentlich ärgerte sich Griffin weniger über das Eigenlob und die Besserwisserei seines Schwiegervaters, als er gedacht hatte, und zu Harves Ehre musste man sagen, dass er das Geld, das Griffin ihm zurückzahlte, gar nicht haben wollte. Jane und June und ihre Männer hatten die Darlehen, wie er zugab, ebenfalls nicht zurückgezahlt – nicht dass er es von ihnen erwartet hätte. Dass Griffin eine Rückzahlung anbot, war schon genug. Aber Griffin bestand darauf, in der verzweifelten Hoffnung, die Tilgung der Schuld werde ihnen vielleicht ein bisschen Freiheit erkaufen.
    »Könnten wir Weihnachten nicht zur Baja fahren?«, fragte er Joy, als sie nach einem besonders nervtötenden Thanksgiving in Sacramento zurück nach L.A. fuhren. Die vierjährige Laura saß hinten; sie war die ganze Zeit krank gewesen. Schon bevor sie von L.A.  aufgebrochen waren, hatte sie Fieber gehabt, aber nein, auch ein krankes Kind war keine Entschuldigung.
    »Zur Baja«, wiederholte Joy. »Warum sollten wir Weihnachten nach Mexiko fahren?«
    »Na gut, dann schlag du was vor. Alles, nur nicht Sacramento. Irgendwas, wo niemand sagt: ›Na, wie geht’s eurem Haus? Sag nicht, das war nicht die beste Entscheidung, die ihr je getroffen habt.‹«
    Sie sah anderthalb Kilometer lang aus dem Seitenfenster, bevor sie antwortete: »Meine Eltern würden es verstehen, wenn wir deine  besuchen würden.«
    »Aber ich will meine Eltern nicht besuchen«, sagte er. »Gott behüte.«
    »Was dann?«
    »Ich verstehe einfach nicht, warum wir nicht einmal einen  Feiertag allein feiern können.«
    »Mit ›allein‹ meinst du uns beide? Oder dürfte unsere Tochter auch dabei sein?«
    »Das ist unfair.«
    Von hinten mischte sich Laura ein und machte ein Gesicht wie eine Donnerwolke. »Ihr streitet«, sagte sie, und Griffin, der sich noch gut an seine eigenen Rücksitz-Erlebnisse erinnern konnte, überlief es kalt.
    Also, wie war noch mal die Schlagzeile? JOY HATTE RECHT . Und nichts von dem Kleingedruckten, das darauf folgte, konnte dieser Schlagzeile widersprechen. Wie Tommy war seine Frau ein Mensch fürs große Ganze. Beide sahen das Gesamte, die Struktur, während Griffin der Mann für die Gesten und Dialoge war, für die kleinen, raschen Wahrheiten der Geschichte und des täglichen Lebens, die winzigen Kletten unter dem narrativen Sattel. Joys Fähigkeit, das Bild als Ganzes zu sehen, bewirkte, dass sie nur selten irgendwelche Zweifel hatte. Sie hatte immer eine grobe Vorstellung davon, was sie wollte. So war es auch, als sie dann an die Ostküste zogen. Das Landhaus in Connecticut war das erste Objekt, das der Makler ihnen zeigte: fünfzehn Kilomter von der Küste und gemächliche zwanzig Minuten vom College entfernt. Es war alt, weitläufig, unpraktisch und voller Charakter, es stand auf einem drei Morgen großen und an drei Seiten von Wald umgebenen Grundstück, und es war das Haus, von dem sie seit Truro geträumt hatte und das bis auf ein freundliches Gespenst alles hatte, was sie wollte. Ja, es kostete mehr, als sie sich leisten konnten, und sie würden eine Menge Arbeit hineinstecken müssen, aber sie sah es sich an und kam zu dem richtigen Schluss, dass es zu schaffen war, wenn nötig ein

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