Diese Dinge geschehen nicht einfach so
in einer
lappa
und einem etwas unpassenden roten Pop Warner Football-T-Shirt, drehte Fleisch auf einem Grill, der aussah wie der, den sie in ihrem ersten Haus in Boston gehabt hatten, einmal halb um den Globus. Hinter ihr endete die Straße in wucherndem Unkraut, ein riesiges Gelände aus trockenem Gras und mit einem einsamen Mangobaum.
Kweku hielt auf Höhe der Frau an, den Motor im Leerlauf. »Du bist bestimmt müde.« Er beugte sich vor und schaute hinaus. »Ich wollte nur, dass du das hier siehst, bevor wir nach Hause fahren – zu mir nach Hause – also dahin, wo ich wohne.«
Olu musterte die Frau. »Wer ist sie?«
»Nein, das Grundstück. Ich würde es gern kaufen. Und ein Haus für uns bauen.« Er nahm die Brille ab und putzte sie gründlich, während Olu schweigend neben ihm saß und wegen des »für uns« die Stirn in Falten legte. Sein Vater fuhr fast schüchtern fort: »Es ist nur eine Perspektive für die Zukunft. Wir fahren gleich weiter. Aber ich dachte, wir könnten kurz hier vorbeifahren. Das Haus, in dem ich jetzt wohne, ist ziemlich bescheiden. Ich habe es noch nie gut gefunden, zur Miete zu wohnen, wie du sicher schon gemerkt hast. Deshalb miete ich lieber eine einfache Wohnung – manche würden vielleicht auch hässlich sagen –, bis ich mir dann etwas kaufen kann, in der Größe, die ich möchte. Mein Vater hat nie etwas gemietet, musst du wissen, er hat sein Haus selbst entworfen. Ziemlich erstaunlich …« Er merkte, dass er abschweifte, und verstummte.
Aber Olu drehte sich zu ihm. Sein Interesse war geweckt worden. Er wunderte sich, dass Kweku seinen Vater erwähnte, über den er noch nie gesprochen hatte. Beide Elternteile waren extrem wortkarg, wenn es um ihre eigenen Eltern ging. »Ist schon lange tot«, lautete die allgemeine Auskunft, und Fola fügte noch hinzu: »Meine Mutter ist bei der Geburt gestorben.« Sie hatten keine Fotos, so wie Olu sie bei seinen Klassenkameraden zu Hause sah, im Treppenhaus, verblasst, gerahmt und wichtig, ganze Generationen, die er immer intensiv studierte, bis jemand sagte: »Du magst Familienfotos, stimmt’s?« Meistens war es der Vater, der ihm auf den Rücken klopfte und eine Besichtigungstour anbot (die Väter seiner Freunde mochten ihn, sie klopften ihm gern auf den Rücken und strahlten ehrfürchtig, als gäbe es auf der ganzen Welt nichts Wundersameres als Olu, diesen vielversprechenden, hochintelligenten Sportler mit der schokoladenbraunen Haut). Er machte diese Hausbesichtigungen mit und sehnte sich dabei nach einem Stammbaum, nach dem Gefühl, von gerahmten Gesichtern abzustammen. Dass bei seiner Familie quasi niemand auf der Hinterbank saß, fand er beunruhigend; als würden sie alle nur so tun als ob, als wären sie Schwindler, verlogene Hochstapler. Eine ordentliche Familie hätte Fotos neben der Treppe. Oder wenigstens Großeltern, deren Vornamen man kannte. »Was hat er gemacht?«, fragte Olu, plötzlich hoffnungsvoll.
Doch Kweku antwortete vage: »Das Gleiche wie ich.« Er setzte die Brille wieder auf und legte den Gang ein. »Also, dann mal los. Das reicht. Du bist müde. Und hungrig.« Er kaufte für sie vier Stücke gegrillte Kochbanane, in Zeitungspapier gewickelt und serviert mit kleinen Tüten geräucherter Nüsse, dann fuhr er zurück über die Kreuzung und parkte vor einer Reihe niedriger beiger Betonhäuser, die meisten ohne Haustür.
»Hier wohnst du?«, fragte Olu, als sie eintraten. Er konnte es nicht überspielen, dass der Gestank ihn störte: ein Drittel fritierter Fisch, zwei Drittel Urin und Mottenkugeln, die den Uringeruch neutralisieren sollten.
»Wenn man in Ghana etwas mietet, muss man gleich zwölf Monate im Voraus bezahlen«, erklärte Kweku. »Und ich spare auf ein Stück Land. Wie du gesehen hast. Es ist nichts Besonderes, aber ich zahl fast keine Miete, niemand stört mich, keiner weiß, dass ich hier bin.«
Olu fragte ihn nicht, warum es gut sei, wenn man irgendwo wohnt und keiner weiß, wo man ist. Er dachte:
Später, wir werden später zum Kern der Sache kommen
, ohne zu ahnen, dass er in zehn Minuten schon wieder gehen würde. Sie gingen die drei Stockwerke zu der Wohnung hinauf, die überraschend groß war, die gesamte oberste Etage. Und sauber, wenn auch etwas mönchisch, ohne jede Dekoration: ein Tisch, zwei Stühle, ein kleines Samtsofa, die Statue. Olu fragte nicht, wie sein Vater sie transportiert hatte, und unterdrückte ein Lachen, als er sie hier sah, diese Steinstatue, die sie alle
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