Diese eine Nacht mit dir
du das?“, fragte Rico scharf.
Gypsy sah ihn an. Sie verstand nicht, warum er so heftig wurde. Ob er selbst ähnliche Erfahrungen gemacht hatte? „Ich weiß, dass meine Mutter ihn immer wissen ließ, wo wir waren. Er ist nie dort aufgetaucht oder hat uns finanziell unterstützt. Als sie dann krank wurde und wollte, dass er mich zu sich nimmt, weigerte er sich zuerst.“ Gypsy konnte die Bitterkeit in ihrer Stimme nicht verbergen. „Nachdem er einen Vaterschaftstest hatte machen lassen, nahm er mich dann zu sich.“
Wieder sah sie Rico an. „Ist dir auch so etwas passiert?“
Ricos schlanke Finger spielten mit dem fein geschliffenen Weinglas. Gypsy konnte seine Anspannung spüren.
„So ungefähr. Meine Mutter hatte eine Affäre mit einem reichen griechischen Industriemagnaten. Als sie schwanger wurde, kehrte er nach Griechenland zurück. Um den Ruf ihrer Familie zu retten, wurde sie gezwungen, eine Vernunftehe einzugehen.“
Er hob den Blick und fuhr fort: „Als ich sechzehn war, machte ich mich auf die Suche nach meinem Vater. Ich war entschlossen, ihn dafür, dass er uns verlassen hat, zur Rechenschaft zu ziehen. Als ich ihn dann tatsächlich hier auf Zakynthos fand, hatte er fast seinen ganzen Besitz verloren und nur noch weniger als ein Jahr zu leben. Er hatte immer geglaubt, meine Mutter hätte eine Fehlgeburt gehabt. Er wollte sie heiraten, aber nach der angeblichen Fehlgeburt bat sie ihn zu gehen und nie wiederzukommen.“
Sein Mund war eine bittere Linie. „Es waren also verlorene Jahre gewesen. Er glaubte, ich wäre nicht geboren worden, und ich glaubte, er wolle nichts von mir wissen. Und mein Stiefvater machte mir das Leben zur Hölle, weil ich ihn jeden Tag an diesen anderen Mann im Bett meiner Mutter erinnerte.“
Gypsy war zutiefst berührt. „Rico … es tut mir so leid. Wie muss das für dich gewesen sein … Du hast deinen Vater gefunden, nur um ihn wieder zu verlieren. Was für eine bittersüße Geschichte.“
Rico lachte hart auf. „Jetzt werde mal nicht zu romantisch. Als ich ihn traf, war er ein verbitterter alter Mann. Das Beste, was er für mich tun konnte, war, mir seine abgewirtschaftete Taverne zu überlassen. Ich habe sie wieder flottgemacht und ein paar Jahre später mit Gewinn verkauft. Und ich änderte meinen Namen. Wenigstens das schenkte ich ihm noch im Tod.“
Gypsy konnte ihm nicht in die Augen sehen. Der Hals war ihr wie zugeschnürt.
„Jetzt verstehe ich, wieso du so wütend warst, als du von Lola erfuhrst“, brachte sie mühsam hervor. „Hätte ich geglaubt, dass ich dir vertrauen kann, hätte ich sie nicht vor dir verborgen.“
„Und warum konntest du mir nicht vertrauen?“, fragte er.
„Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es jetzt kann. Seitdem du wieder in mein Leben getreten bist … in unser Leben … dominierst und kontrollierst du uns. Ich bin bei jemandem aufgewachsen, der das auch tat. Ich weiß ein wenig, wie es ist, abgelehnt zu werden, nur weil man existiert. Ich will nicht riskieren, dass Lola das Gleiche durchmachen muss.“
In der zunehmenden Dämmerung schimmerten seine Augen dunkelgrau. „Wie es scheint, stecken wir beide in einer Sackgasse. Du sagst, dass du mir nicht trauen kannst, und ich weiß nicht, ob ich dir verzeihen kann, dass du mir Lola vorenthalten hast.“
Gypsy versuchte ein ironisches Lächeln. Es gelang ihr aber nicht so recht. „Wir müssen nur diese fünfzehn Monate aushalten. Danach kannst du weiterleben wie bisher.“ Da war er wieder, dieser scheußliche Kloß im Hals! „Dann kannst du dir jemanden suchen, der deinen hohen moralischen Ansprüchen entspricht.“
So viel hatte er von seiner Vergangenheit preisgegeben, und zum Dank musste er sich das anhören? Rico hasste sich dafür, aber er handelte einfach aus dem Bauch heraus. Er fasste sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Er konnte fühlen, wie sie die Zähne zusammenbiss. Aber das steigerte nur noch seine Begierde. „Du wirst nirgendwo hingehen, bevor wir nicht etwas geklärt haben zwischen uns. Und zwar, warum wir so verrückt aufeinander sind.“
Gypsy versuchte sich loszumachen, aber es gelang ihr nicht. „Gut, gehen wir eben jetzt miteinander ins Bett und bringen es hinter uns“, stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
Seine Augen funkelten sie an, und Gypsy erkannte ein heißes Verlangen in ihren Tiefen. Trotz der Schmetterlinge im Bauch bereute sie ihre unbesonnenen Worte. Endlich ließ er sie los. Er lehnte sich zurück und trank
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