Diese eine Nacht mit dir
geben.
„Sie wird nach dem Lunch nicht schlafen wollen, wenn sie jetzt so tobt.“
Zwei graue Augenpaare sahen sie an, und Gypsy kam sich plötzlich wie eine Spielverderberin vor. Rico watete schweigend an den Beckenrand und reichte ihr Lola. Wie vorauszusehen war, begann seine Tochter lautstark zu protestieren.
Mit einer eleganten Bewegung zog er sich aus dem Wasser. Gypsy stockte der Atem. Sie vermied es, ihn anzusehen, und war dankbar, dass er Badeshorts trug und keine knappe Badehose.
„Ich muss wegen einiger Geschäfte für ein paar Stunden nach Athen. Wartet nicht mit dem Essen auf mich. Wahrscheinlich wird es spät.“
Gypsy mied seinen Blick. Auf einmal hatte sie das bedrückende Gefühl, ihn verletzt zu haben.
Rico steckte in einer der endlosen Autoschlangen fest, die sich durch das Zentrum von Athen schoben. Leise fluchend lockerte er seine Krawatte und öffnete den Kragenknopf. Sonst war er immer gerne nach Athen zurückgekehrt, hatte sich auf seine Arbeit und das Wiedersehen mit seiner jeweiligen Geliebten gefreut. Aber irgendwie war jetzt alles anders. Er sah Gypsys vorwurfsvollen Blick vor sich, als er ihr das Kind gab. Als hätte er etwas falsch gemacht. Eigentlich wäre er jetzt viel lieber bei den beiden und nicht hier im Auto.
Wieder fluchte er leise über seine Schwäche. Seine Tochter ließ ihn zu empfindlich werden. Und sein unerfülltes Verlangen vernebelte ihm den Verstand – das war alles.
Nach einer Woche in der Villa waren Gypsys Nerven zum Zerreißen gespannt. Jeden Morgen war Rico da, begrüßte sie und das Kind und frühstückte dann. Er spielte ein wenig mit Lola und verschwand dann in einem Hubschrauber Richtung Athen. Meistens war er bis zum Abendessen zurück. Ihre Unterhaltung verlief schleppend. Jedes Mal wenn Rico auf persönlichere Dinge zu sprechen kam, blockte Gypsy ab.
Sie hatte gehört, wie der Hubschrauber landete, und wartete jetzt mit Herzklopfen auf Ricos Ankunft.
Als er leise wie ein Panther den Raum betrat, verschlug es ihr den Atem – wie immer. Offensichtlich hatte er geduscht und sich umgezogen. Das noch feuchte Haar hatte er aus der hohen Stirn gekämmt. Das dunkle Hemd und die ausgebleichten Jeans erinnerten sie an ihr erstes Treffen in der Disco.
Gypsy schluckte und war dankbar, als Agneta den ersten Gang servierte. Rico fragte nach Lola, und sie erzählte ihm, dass sie zu einem nahen Strand gefahren und dort gepicknickt hatten. Schon am ersten Tag hatte Rico ihr die Schlüssel zu einem Jeep gegeben.
Er war mit seiner Vorspeise fertig und lehnte sich zurück. Unter seinem prüfenden Blick wurde Gypsy wie immer heiß und kalt. „Was ist?“, fragte sie schließlich. „Hab ich etwas im Gesicht?“
Lächelnd schüttelte Rico den Kopf. Er streckte die Hand aus und spielte mit einer ihrer Locken. „Wer hat dir eigentlich eingeredet, du müsstest dir die Haare straff nach hinten kämmen?“
Gypsy schob ihre Vorspeise von sich. Sie hatte keinen Appetit mehr.
Rico beugte sich zu ihr. „Gypsy, entweder erzählst du mir jetzt etwas über dich, oder wir werden uns in den nächsten zehn Monaten ziemlich schnell auf die Nerven gehen. Wenn es das ist, was du im Schilde führst, dann lass es. So geht das nicht. Du schuldest mir was.“
Während sie sich auf die Lippen biss, spielte sie mit ihrer Serviette. Sie hatte das Gefühl, am Rand eines Abgrunds zu stehen. „Mein Vater … Er mochte meine Haare nicht, wenn sie lockig waren.“
„Was für ein Narr“, knurrte Rico leise.
Gypsy sah ihn an. Das Leuchten in seinen Augen ermutigte sie. Mit diesem Blick betrachtete er manchmal Lola. „Er sagte immer, ich sähe wie eine Zigeunerin aus. Wenn wir also zu einer Veranstaltung gingen, bestand er darauf, dass ich meine Haare glatt frisiere.“
„Sogar als Kind?“
Sie nickte.
„Und was ist mit deiner Mutter? Was meinte sie dazu?“
Nun zuckte Gypsy zusammen. Agneta kam, trug die Vorspeisenteller ab und servierte den Hauptgang. Als sie gegangen war, wiederholte Rico seine Frage.
Gypsy sah ihn an. „Meine Mutter wurde krank, als ich sechs war. Von da an lebte ich bei meinem Vater.“
Rico ließ die Gabel sinken. „Sie waren nicht verheiratet?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Erzähl mir von ihr.“
Gypsy dachte zurück und lächelte. „Sie war Irin … und arm. Sehr naiv. Viel zu naiv. Mein Vater war ihr Chef. Er verführte sie, versprach ihr alles Mögliche. Aber als sie schwanger wurde, wollte er nichts mehr von ihr wissen.“
„Woher weißt
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