Diese eine Woche im November (German Edition)
venezianischer Retter in Düsseldorf. «
Ihr Retter, denkt er und umfasst Julias Hand.
Die kleine Freude bricht zusammen, als das Polizeiboot in den nächsten Kanal einfährt. Julia erkennt die Brücke wieder, das Eingangstor, den düsteren Palazzo. Sie zieht ihre Hand aus seiner und zeigt nach vorn.
» Da unten wird mein Vater festgehalten. «
Die Männer richten ihre Taschenlampen dorthin. Die Lichtkegel wandern hin und her. Feuchter Ziegel, Algen, Moos.
Julia entdeckt den Luftschacht, durch den sie entkommen ist. Er steht zur Hälfte unter Wasser. » Oh Gott. Papa! «
» Was ist? « , fragt Doppio.
» Das Haus ist abgesunken. «
Gönnerhaft legt er ihr die Hand auf die Schulter. » Mein liebes Fräulein. Venedig versinkt, das ist wahr. Doch es geschieht nicht innerhalb einer Stunde. Durch dieses Loch ist seit Langem keiner mehr gekrochen. Und wenn doch, wäre er ertrunken. «
Tonio mustert die Fassade. Etwas ist anders, seit sie von hier wegliefen.
» Das Haus ist verriegelt und verlassen « , sagt Doppio.
» Natürlich ist es verriegelt. Weil hier jemand gefangen gehalten wird! « , erwidert Julia. » Gehen Sie hinein und überzeugen Sie sich! «
» Nur aufgrund Ihrer Aussage kann ich nicht in ein verschlossenes Haus eindringen. Vielleicht irren Sie sich, vielleicht war es ein anderes Haus. Viele Gebäude ähneln sich hier. «
» Ich bin die Tochter eines Kommissars. Ich weiß, wie wichtig präzise Beobachtungen sind. Aus diesem Haus bin ich entkommen. In diesem Haus sitzt mein Vater. Wenn Sie nicht augenblicklich einschreiten, verständige ich seine Dienststelle in Düsseldorf. Ich informiere die deutsche Botschaft über die mangelnde Kooperation der italienischen Polizei. «
Tonio sieht sie bewundernd an. Chaos-Jule? Das ist die coolste Chaotin, die er je erlebt hat.
Doppio wendet sich an seinen Assistenten. » Haben Sie rausgekriegt, wer der Besitzer des Hauses ist? «
» Ein französisches Konsortium mit Sitz in Paris « , antwortet der Caporalmaggiore.
» Auch noch Ausländer. «
» Ich habe angerufen. Um diese Zeit hebt keiner ab. «
Der Ispettore seufzt und macht eine Geste zur Tür. » Na schön. Aufbrechen. «
» Ohne Gerichtsbeschluss? «
» Den besorge ich. Aufbrechen. «
Ispettore Doppio macht sich keine Sorgen wegen der Konsequenzen. Er weiß, weshalb Commissario Gianfranco verschwunden ist, weiß auch, dass sein Vorgesetzter nie mehr zurückkommt. Doppio wird auf dessen Posten nachrücken. Als langjähriger Assistent Gianfrancos wird man ihn an der Aufklärung des Mordes beteiligen. Da er erfolgreich sein wird, steht seiner Karriere nichts mehr im Weg. Daran denkt Doppio, als seine Leute auf die Brücke springen und die Türkette mit dem Bolzenschneider knacken. Sie rücken mit dem Rammbock an. Zwei Mann nehmen Aufstellung und donnern den Metallzapfen gegen das Tor. Das morsche Holz bricht beim dritten Stoß. Die Polizisten wenden sich zu Doppio um.
» Zufrieden, Signorina? « Er betritt das Haus als Erster. » Wir suchen eine Treppe, die nach unten führt « , ruft er seinen Männern zu. Vor einer Vertiefung bleibt er stehen. » Allerdings fürchte ich, das ist eher ein Job für unsere Taucher. «
Julia hat es gehört. Sie erreicht die Kante. Ein Stockwerk tiefer steht das Wasser fast bis an die Decke. Ihre Sorge verwandelt sich in blanke Furcht.
Plötzlich knackt es, knarrt es. Wie angewurzelt bleiben die Polizisten stehen.
» Was war das? «
Ein Zittern.
» Ich bin doch nicht lebensmüde « , murmelt einer.
Das Knacken setzt sich in die Höhe fort.
» Alle zu mir! «
Der Tross sammelt sich um Doppio.
» Einsturzgefahr « , konstatiert er. » Wir machen einen kurzen Check. Zwei Mann nach oben, drei ins Erdgeschoss. Ich bleibe hier. Treffpunkt in fünf Minuten. «
» Nach oben? Das ist die reinste Mausefalle. «
Die Polizisten schwärmen aus. Tonio ist bei Julia.
» Ihr bleibt bei mir. « Doppio tritt ihnen in den Weg. » Ich will nicht schuld sein, wenn euch was passiert. «
» Es muss einen anderen Weg geben … « Julia zeigt hinunter, dahin, wo das Wasser unaufhaltsam höher steigt.
» Es gibt keinen. Wenn dein Vater dort unten ist, lebt er nicht mehr. « Die sichere Lösung, denkt Doppio. Er ist mit Julia und dem Jungen allein. Jetzt oder nie.
» Sehen wir mal dort hinten nach. «
Die beiden folgen dem Strahl seiner Taschenlampe. Sie stoßen auf eine Balustrade, dahinter ist eine Bodenluke. Hier wurden vor langer Zeit Waren nach oben gehievt.
» Ich habe
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