Diese eine Woche im November (German Edition)
ausgestattet, polizia locale, steht am Rumpf.
Julia läuft die Stufen hoch. » Worauf wartest du? « , ruft sie über die Schulter.
Tonio will nicht weiter. » Da gehst du besser allein hinein. «
» Du bist mein Zeuge. «
Wie soll er ihr erklären, dass sie mit ihm als Zeugen wenig Staat machen würde? Man kennt ihn hier. Zweimal saß er schon in Jugendhaft.
» Es ist immerhin dein Vater « , versucht er sich herauszureden.
» Du kletterst die Hauswände hoch, du fällst ins Wasser, du rennst mit mir durch diese Geisterstadt, und auf einmal willst du kneifen? « Sie packt ihn am Ärmel. » Überhaupt ist mein Italienisch nicht so besonders. «
Tonio betritt mit Julia die Höhle der Carabinieri.
In der Eingangshalle sitzt ein müder Beamter in einer Glaskabine. Der Fernseher läuft. Julia geht auf ihn zu.
» Ich möchte eine Entführung melden. «
Der Beamte dreht den Ton leiser. » Was? «
» Bringen Sie mich zu Commissario Gianfranco. Es geht um ein Kapitalverbrechen. « Durch ihren Vater fühlt sich Julia quasi vom Fach. Präzise Angaben helfen, Zeit zu sparen.
» Zeigen Sie mir mal Ihren Ausweis. « Wenig beeindruckt streckt der Mann die Hand durch das Loch im Glas.
» Mein Ausweis ist weg. Ich hatte ihn zuletzt im Hotel. Hören Sie … «
» Sie melden also einen Diebstahl? « Der Polizist öffnet eine Schublade und holt ein Formular hervor. » Name? «
» Ich melde eine Entführung! Ich muss zu Commissario Gianfranco! «
Der Name scheint im Kopf des müden Beamten eine Erinnerung freizusetzen. » Gianfranco? «
» Ist er da? «
» Um zwei Uhr morgens? « Väterlich sieht der beleibte Mann sie an und greift zum Telefon. » Augenblick. Wollen Sie sich setzen? «
» Ich will mich nicht setzen! «
» Auch gut. « Er wählt eine Nummer. » Ispettore? Verzeihen Sie, dass ich Sie wecke. Es geht um Ihren Vorgesetzten. « Er redet leise weiter.
Siegessicher dreht Julia sich zu Tonio um. Endlich läuft das wie gewünscht. Tonio bleibt, soweit es geht, im Schatten.
» Der Kollege ist nicht im Haus « , sagt der Beamte, während er auflegt. » Aber er kommt, so schnell er kann. Warten Sie bitte so lange beim Bereitschaftsdienst. «
» Gibt es niemanden, den ich sofort sprechen kann? « , fragt Julia ungeduldig.
Der Beamte hebt die Schultern. » Aber ja. Sprechen Sie mit dem Bereitschaftsdienst. «
Am Ende der Halle geht eine Tür auf. Ein Uniformierter kommt näher. » Bitte hier entlang, Signorina. «
Julia sieht sich nach Tonio um. » Was verkriechst du dich dahinten? «
Er mustert die Schulterspangen des Polizisten. Es ist bloß ein Appuntato. Von so einem niedrigen Rang hat Tonio wohl nichts zu befürchten.
» Wieso bist du so nass? « , fragt der Carabiniere, als Tonio an ihm vorbei ins Innere des Polizeipräsidiums geht.
25
W ie heißt du? « , fragt Ispettore Doppio. Er ist der Assistent von Commissario Gianfranco. Seit letzter Nacht ist sein Vorgesetzter verschwunden. Nicht eigentlich verschwunden, er ist bloß nicht zu erreichen. Hebt sein Telefon nicht ab, beantwortet seine Mails nicht. Morgens fand Doppio das Büro des Chefs leer und aufgeräumt vor. Nachdem er erfolglos versucht hatte, ihn zu erreichen, öffnete er dessen Computer. Er konnte keinen Hinweis finden, der das Fernbleiben seines Vorgesetzten erklärt.
» Wie oft soll ich das noch sagen? « Julia ist wütend. Geschlagene fünfzehn Minuten musste sie warten, bis der Ispettore sie in sein Büro im dritten Stock brachte. » Ich heiße Julia Reichelt und bin die Tochter von Hauptkommissar Reichelt aus Düsseldorf. Mein Vater wurde entführt. Ich kann Ihnen sagen, wo die Entführer ihn hier in Venedig festhalten. Er ist in Lebensgefahr. Wir müssen sofort aufbrechen! «
Der Ispettore notiert Julias Namen. » Wir sind das Raubdezernat, Signorina. Für Entführungen sind wir nicht zuständig. Weshalb wollen Sie ausgerechnet zu Commissario Gianfranco? «
» Er hat mit meinem Vater zusammengearbeitet. Es geht um den Juwelenraub in Düsseldorf. « Julia springt auf. » Das habe ich alles schon erzählt! Wann stellen Sie endlich das Einsatzkommando zusammen? «
Tonio findet, dass Julia sich ungeschickt verhält. Einem Italiener vorzuschreiben, was er tun und lassen soll, bringt nichts. Italiener wollen umworben und verführt werden. Nur dann laufen sie zur Höchstform auf. Durch die Glaswand schaut Tonio nach draußen. Vor ihm liegt das Großraumbüro im Dunkeln.
Statt auf Julias Vorwürfe einzugehen, macht sich der Ispettore
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