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anlehnungsbedürftigen Part, das Ergebnis behauptet das Gegenteil. Ich sei in Beziehungen freiheitsstrebend, unabhängig, distanziert. Vielleicht liegt es einfach daran, dass kurz zuvor eine komplizierte Beziehung zu Ende gegangen ist? Kein Wunder, dass man unmittelbar danach eher Richtung Distanz antwortet, oder? Wie verallgemeinerbar ist das Testergebnis? ElitePartner gibt mir den Tipp, »meine Befürchtungen vor einem Autonomieverlust abzubauen«. Wow. Aha.
Im Konfliktfeld Autarkie und Versorgung liege ich im autarken Bereich: Ich neige also eher zum Alleinezurechtkommen und brauche keinen Kümmerer. Könnte sein.
Schlimm wird es beim Konfliktfeld Dominanz und Unterordnung. Viele Jahre konnte ich mir selbst gegenüber die Illusion aufrechterhalten, ich sei leicht zu handeln (trotz meiner Größe von 1,81 Meter). Von wegen: Laut ElitePartner bin ich in Beziehungen maximal dominant. »Möglicherweise haben Sie zum Teil die Tendenz, sich weniger nach anderen Menschen zu richten, und neigen etwas dazu, über andere zu bestimmen. Das könnte vom Partner als teilweise besitzergreifend erlebt werden.« Auch wenn die Wörter möglicherweise , etwas und teilweise die Diagnose abfedern sollen, trifft mich die Keule der Selbsterkenntnis mit voller Wucht.
Das klingt ja furchtbar. Fassungslos starre ich auf den Bildschirm. Will ein Mann mit so einer Frau zusammen sein? Mein Idealpartner liegt laut ElitePartner im Bereich »leichter Unterordnung«. Will ich mit einem solchen Mann zusammen sein? Zu viel Unterordnung würde dafür sorgen, dass sich die Extreme noch weiter ausprägen. Richtig sei ein »gesunder Abstand«, heißt es in meinem Gutachten.
Wenn ich mir das Ergebnis so anschaue, die starken Ausprägungen in meinem Persönlichkeitsprofil sehe, dann habe ich nicht mehr das Gefühl absoluter Unbesiegbarkeit wie noch zu anfangs. Im Hinblick auf meine beziehungsrelevanten Problemzonen (Dominanz!, Angst vor Autonomieverlust!) komme ich mir ziemlich durchschnittlich vor. Auf jeden Fall nicht wie ein Elitepartner.
Erste Erkenntnis: Man muss sich beim Online-Dating sehr stark mit sich selbst beschäftigen. Das hatte mir auch Christiane Schnabel, die wissenschaftliche Leiterin bei Parship, gesagt. »Der erste Schritt, um sich neu zu verlieben, ist zu wissen, wer man ist und was für ein Partner einem guttut.«
Ist das »wissenschaftlich gestützte Matching-Verfahren« also doch mehr als eine Rechtfertigung dafür, sehr viel Geld von den Abonnenten zu verlangen? Hätte ich mir womöglich Liebeskummer ersparen können, wenn ich von Anfang an besser darauf geachtet hätte, wie die »Konfliktfelder« meines neuen Partners ausgeprägt sind? Ist der Matching-Algorithmus die viel beschworene Haltbarkeitsgarantie für eine Beziehung?
3 Eine ziemliche Fangfrage, wie ich finde: Man hat die Wahl zwischen Supermodel (äußerst attraktiv), Topmodel (sehr attraktiv) und Model (attraktiv). Wer die beiden letztgenannten Möglichkeiten ankreuzt (sehr sympathisch / dazu möchte ich nichts sagen), gibt zu, dass er sich für unattraktiv hält. Ich entscheide mich erst für »attraktiv« und verpasse mir, ich muss es leider gestehen, einige Tage später ein Upgrade.
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Unterm Strich zähl ich – Wie sich die Super-Individualisten immer später binden
Als ich Sven im Juni 2011 nach vielen Jahren in einem Frühstückscafé wiedersehe, erkenne ich ihn kaum wieder: Wie er da im Anzug auf einem Barhocker sitzt, einen frisch gepressten O-Saft in der Hand und die FAZ auf den Beinen, wirkt er glatt und unnahbar. Er trägt jetzt Gel in den Haaren, und: Hat er was an seinen Zähnen gemacht? Seine Körpersprache ist raumgreifend und selbstsicher, seine Freundlichkeit wirkt ein bisschen einstudiert.
Wir haben uns seit mindestens acht Jahren nicht gesehen, waren aber immer lose in Kontakt. Daher wusste ich auch, dass er in Frankfurt arbeitet. Dass seine ältere Schwester inzwischen verheiratet ist. Und dass er zum Dreißigsten von seinen Eltern die Tumi-Vollausstattung geschenkt bekommen hat: Rollkoffer, Aktentasche, Anzug-Sack (ich war den beiden beim Kauf begegnet). Tumi, der Gepäckhersteller, hat so etwas wie den Scout-Ranzen für Erwachsene erfunden, das Rüstzeug der mobilen Generation. Und Sven ist ihr typischer Vertreter: Unternehmensberater bei Accenture, hohes fünfstelliges Jahresgehalt, Frequent Traveller bei Lufthansa – eh klar.
Der Sven Nüsslein, den ich von früher kenne, ist anders als der Tumi-Sven, und nach zwei Milchkaffees
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