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weil ich an der einen oder anderen Stelle andere Vorstellungen von meinem zukünftigen Partner habe.«
Was für ein sagenhafter Blödsinn! Diese verbale Luftmatratze, wonach man sich das Profil »aufmerksam« angesehen habe. So ein Quatsch. Steht halt nicht auf blond. Findet meine Nase zu groß. Mag keine Journalistinnen.
So entspannt ich zu Beginn dieses Experiments war, so sehr gehen die erfolglosen Anbahnungsversuche nun an mein Selbstbewusstsein. Woran liegt es, dass sich keiner mit mir treffen will? Ich bin eine intelligente Frau, ich sehe mehr als okay aus, bin leicht zu amüsieren, kann kochen, und noch viel wichtiger: Ich esse gern (das machen doch Mittdreißiger-Paare vor allem, oder?). Ist mein Marktwert wirklich so schlecht?
Wobei ich mir ja selbst eine gewisse Härte und Kompromisslosigkeit zugelegt habe: Nachdem mich derselbe Mann in drei Nachrichten mit »sexy Lady« angesprochen hat, ohne dass ich dieses Topkompliment jemals erwidert hätte, antworte ich, dass mich seine Achtziger-Jahre-Wortwahl abtörnt und dass er mir bitte nicht mehr schreiben soll. Auch im Gebrauch von Absagemails (bei ElitePartner und Parship) und dem Blocken von Mitgliedern (bei Finya) werde ich radikaler.
Am brutalsten sortiere ich aufgrund von Alter (jünger als 30, älter als 40) und Beruf aus. Wonach soll man auch sonst entscheiden? Bei Parship und ElitePartner sind die Fotos anonymisiert. Mein allabendlicher Partnerbörsen-Schaufensterbummel gleicht einer Rasterfahndung.
Ich schreibe einem Fooddesigner aus Erding. Im Kopfkino läuft »Der Gourmet, der mich liebte«. Vor meinem inneren Auge: ein Mann, der in einem edlen Restaurant arbeitet, Kichererbsenbetten (was für ein Wort!) herrichtet und Früchte für Desserts glasiert. Ich liebe Desserts. Er schreibt zurück, er habe ein bisschen übertrieben. Eigentlich sei er Koch in einem Schnitzelladen.
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Dich schickt der Himmel – Wie eine vernünftige Generation auf das Schicksal baut
Das Charmanteste an Patrick Mobergs Zeichnung war der Pfeil, der auf ihn selbst zeigte und unter dem not insane , »nicht verrückt«, stand. Denn ziemlich durchgeknallt war das, was der 21-jährige Illustrator vorhatte, schon: Aus elf Millionen Menschen, die im Großraum New York täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wollte er eine einzige Person ausfindig machen – das »Mädchen seiner Träume«. Mit diesem Mädchen war er am Abend ein paar Stationen in der Linie 5 gefahren. Seitdem ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf. Nicht ihre rosigen Wangen, nicht ihre gewellten braunen Haare und auch nicht die große Stoffblume, die sie darin trug. Zu kurz war der Moment, zu klein der Mut, sie anzusprechen. Also tat der 21-jährige Illustrator das, was er am besten konnte: Er zeichnete.
Noch am selben Abend fertigte er eine Suchanzeige im Comicstil an, er skizzierte sich und daneben die junge Frau: die Blume im Haar, die blaue Strumpfhose. Er musste sie mit den Augen eines Verliebten betrachtet haben, und so zeichnete er sie auch. Patrick Moberg startete das spannendste und romantischste Projekt seines Lebens. Er legte eine Internetseite an (nygirlofmydreams.com) und stellte seine Suchanzeige online. Seine Freunde bat er, ihm zu helfen, indem sie den Link weiterleiten, die Suchanzeige bei Facebook posten und allen möglichen Leuten davon erzählen.
Natürlich machten die Freunde mit. Wer ein solches Unterfangen nicht unterstützt, hat dort, wo andere ein Herz haben, wahrscheinlich eine Batterie. Und so verbreitete sich selbst in der Millionenstadt New York die Geschichte von Patricks Suche wie ein Lauffeuer.
Binnen 48 Stunden hatte er das Mädchen seiner Träume gefunden. Eine Kollegin hatte die Gesuchte erkannt und ihr den Link zu Patricks Seite weitergeleitet. Camille. Wie verheißungsvoll das klang! Nach französischem Gebäck und rosenzarter Haut. Camille Hayton war 22, kam aus Australien und machte gerade ein Praktikum bei einem New Yorker Magazin. Sie nahm sonst nie die U-Bahn (natürlich nicht), doch an diesem Tag – es war kurz nachdem ihr Apartment in SoHo abgebrannt war (klar) – stieg sie eben doch in die Linie 5 ein. Als sie von Patricks Suchanzeige erfuhr, kontaktierte sie ihn. »Ich hätte mich nie nicht mit ihm treffen können«, sagte Camille im Nachhinein einem Fernsehsender. Die beiden verabredeten sich zum Kaffee, und der Rest ist ein Happy End, das gleich mehrere Filmemacher so hibbelig gemacht hat, dass sie wenig später bei den beiden auf der Matte standen:
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