Diesen Partner in den Warenkorb legen
zu sein, sie trieb ihre Karriere voran und feierte viel. Sie lernte einen Arzt kennen, blieb zwei Jahre mit ihm zusammen, aber auch diese Beziehung zerbrach. »Ich hatte Angst, dass ich den Mann zum Kinderkriegen vielleicht schon getroffen hatte. Ich fragte mich: Was, wenn ich die Gelegenheit, eine Familie zu gründen, verpasst habe?«
Sie war jetzt 34, träumte noch immer von mehreren Kindern – und wusste: Viel Zeit bleibt ihr nicht. In einer Schnapslaune füllte sie zusammen mit einer Freundin ein Profil bei FriendScout aus – und stellte fest: »Da ist halb München.« Sogar ihr Arbeitskollege bei Red Bull, der vier Tische weiter saß, hatte ein Profil.
Anfangs war sie begeistert vom Prinzip Partnerbörse. All die Möglichkeiten, diese interessant aussehenden Männer, ein ganz neuer Markt. Dauernd loggte sie sich auf der Seite ein, überprüfte, wer ihr geschrieben hatte, es kam zu zwei Verabredungen. Doch bei beiden wusste sie sofort: »Das wird nichts. Mir sind die Füße mit diesen Männern eingeschlafen.« Ein Gefühl der Ernüchterung überkam sie. »Wie soll man ohne die Mimik, den Geruch und die Stimme eines Menschen sagen können, ob man sich zu dem hingezogen fühlt?« Sie war nun vorsichtiger, wenn Interessenten ihr schrieben. Und der einzige Mann bei FriendScout, den sie selbst spannend fand, antwortete nie auf ihre Nachricht.
Clara verlagerte ihre Suche wieder auf die Offline-Welt. »An die zufällige Begegnung im Supermarkt glaubte ich nicht. Also bin ich systematisch vorgegangen.« Sie hatte eine Freundin, die Nordistik studierte und immer zum Stammtisch der skandinavischen Gemeinde in München ging. »Ich dachte mir: Da könntest du auf genau die Art von Mann treffen, die du gut findest: groß, blond, so Naturburschen.« Und so war es auch. Doch ergeben hat sich auch beim Stammtisch der Nordisten nichts.
Eines Abends war sie mit Freundinnen auf einer großen Party in einer stillgelegten Halle der Post. Sie trug ihre Cowboystiefel, ihr Lieblingstop, und der Alkohol tat das Übrige: Sie fühlte sich annähernd unbesiegbar.
Als sich dieser Mann an ihr und ihren Freundinnen vorbeidrängte, sprach sie ihn einfach an. Paul. Das klang schon mal gut. Er war groß, blond und fünf Jahre jünger als sie, aber das war jetzt egal. Ein Steuerberater, er wirkte etwas konservativ. Auch das: sehr gut. Seit ihrer Zeit bei Red Bull wusste sie, dass diese hippen Mode-Männer nichts für sie waren, sie wollte einen soliden, gerne etwas spießigen Mann. Einen, auf den sie sich verlassen kann.
Die Musik wurde schneller, die Schreie auf der Tanzfläche lauter, und irgendwann küssten sie sich. Es fühlte sich immer besser an. Die Party war zu Ende, doch die Nacht hatte gerade erst begonnen. Sie barg das Versprechen, dass das mit Paul was werden könnte.
Als Paul und Clara aufwachten, stand überhaupt nicht zur Debatte, ob sie zusammen frühstückten oder nicht. Clara holte Sesambrötchen, Paul machte Rührei und quetschte ein paar Orangen aus. Alles war ganz selbstverständlich. Wie man das heute so macht, wenn man jemanden kennenlernt, wollte Clara Paul zu ihrer Freundesliste bei Facebook hinzufügen. Sie gab seinen Nachnamen an, sah sein Profilbild, und dann traf es sie wie der Schlag: Sie kannte Paul. »Du bist der Typ von FriendScout, der nie zurückgeschrieben hat!«
Paul war perplex: Es stimmte. Clara hatte ihm zwei Mal geschrieben, war an ihm interessiert gewesen. Doch auf dem gigantischen Marktplatz der Partnerbörse hatte er sie links liegen gelassen. Wahrscheinlich, weil sie fünf Jahre älter war. Oder weil er mit PR nichts anfangen konnte. Er weiß es nicht mehr. Sie war einfach nicht auf seinem Radar gewesen.
Clara zieht Paul bis heute mit dieser Geschichte auf. Und Paul ist sie bis heute peinlich; allein die Tatsache, dass er es »nötig gehabt hatte«, bei FriendScout nach einer Frau zu suchen. Seinen Freunden hat er erzählt, dass Clara und er sich auf dieser Party kennengelernt haben. Stimmte ja auch. Und hatte nicht diese wunderschöne Nacht den Beweis dafür erbracht, dass diese doofen Internet-Steckbriefe nichts, aber auch gar nichts aussagten? Dass das Schicksal, wenn es sein soll, die Marktgesetze des Internets aushebelt?
Als ihn Clara an diesem Morgen nach Hause fuhr, fragte er sie, ob sie nicht Lust habe, gleich auch seine Wohnung zu sehen. Er wollte, dass auch sie einen Einblick in sein Leben bekomme. Es folgten Verabredungen und eine Zeit voller weicher Knie und sehnsüchtiger SMS :
Weitere Kostenlose Bücher