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Diesen Sommer bin ich dein

Diesen Sommer bin ich dein

Titel: Diesen Sommer bin ich dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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nicht
immer eine bewusste.«
    »Alpträume?«
    »Du würdest es
nicht wissen wollen, Lauren«, sagte er. Aber er sprach dennoch weiter. »Ich
ging zum Militär, weil es das war, was mein Vater schon immer für seinen
zweiten Sohn geplant hatte. Und es war auch meine eigene Wahl. ich kann mich
nicht an eine Zeit erinnern, wo ich nicht davon geträumt hätte, Offizier zu
werden und mich auf dem Schlachtfeld auszuzeichnen. Ich war auch nicht
ernüchtert, nachdem mein Offizierspatent für mich gekauft wurde. Dieses Leben
gefiel mir. Ich konnte die Aufgaben gut erfüllen. Ich ergriff die Gelegenheit,
Erkundungsoffizier zu werden, als sie sich mir bot, und habe meine Wahl niemals
bereut. Als ich mein Offizierspatent letztes Jahr verkaufte, war das sehr
schwer für mich. Ich hatte in mancherlei Beziehung das Gefühl, einen Teil
meiner Identität aufzugeben. Obwohl ...«
    Der Schaukelstuhl
knarrte. Es war kein unangenehmes Geräusch. Es war beinahe beruhigend.
    »Obwohl?«,
wiederholte sie.
    »Obwohl es bedeutet
hatte, töten zu müssen. Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört zu zählen, wie
viele Männer ich getötet habe. Im Krieg gibt es natürlich alle Arten von
Rechtfertigungen für das Töten. Es ist eine Frage des Tötens oder
Getötetwerdens. Es ist höchst tröstlich, wenn auch nicht oft möglich, sich den
Feind als eine Masse böser Ungeheuer vorzustellen, die nichts Besseres als den
Tod verdienen. Gewiss muss man, wenn man Soldat ist, eine Möglichkeit finden,
seine Skrupel zu überwinden und einfach zu tun, was getan werden muss. Aber die
Gesichter der toten Männer begegnen mir in meinen Träumen. Nein, nicht die
Toten. Die Sterbenden. Die Gesichter sterbender Männer. Normaler Männer, die zu
Hause Mütter und Ehefrauen und Liebste hatten. Männer mit Träumen und
Hoffnungen und Sorgen und Geheimnissen. Männer wie ich. In meinen schlimmsten
Alpträumen hat der Sterbende das Gesicht des Mannes, den ich jeden Tag im
Spiegel sehe.«
    »Und so zeigt sich,
dass du ein Mensch bist«, sagte sie. »Der Krieg wäre wirklich ungeheuerlich,
wenn er alles Entsetzen vor dem Töten zunichte machen würde.«
    »Aber man könnte
besser schlafen, wenn man ein gefühlloses Ungeheuer wäre«, erwiderte er.
    Sie hatte sich nie
die Frage gestellt, ob die Gräuel des Krieges das Gemüt der Männer dauerhaft
schädigten. Sie hatte stets geglaubt, Engländer kämpften für Recht und
Gerechtigkeit und würden sich daher nichts auf ihr Gewissen laden.
    »Etwas, wofür ich
dankbar bin«, sagte er, »ist, dass du und meine Mutter und Großmutter und die
Kinder im Kinderzimmer niemals kriegführenden Heeren in den Weg geraten seid.
Dafür bin ich zumindest dankbar.«
    Sie öffnete die
Augen, wandte den Kopf und lächelte ihm zu. Es war an der Zeit, das Thema zu
wechseln, dachte sie, Zeit, die Düsternis zu erhellen, es ihm zu ermöglichen,
zum Haus zurückzukehren und traumlos zu schlafen.
    »Welche Freude die
Kinder sind, Kit«, sagte sie. »Ich bin nicht vielen begegnet, seit ich selbst
ein Kind war. Ich war ein glückliches Kind, musst du wissen. Warst du es auch?«
    »Ja.« Er erwiderte
ihr Lächeln.
    »Das haben wir also
gemeinsam«, stellte sie fest. »Ich glaube, es ist ein seltenes Glück. Ich denke
nicht oft an meine Kindheit zurück, aber es gab sehr viele glückliche Momente.
ich hatte Glück, Gwen und Neville als Gefährten zu haben, und da waren auch
noch Cousins und Cousinen, die wir häufig sahen.«
    Sie begannen, sich
gegenseitig Geschichten aus ihrer Kindheit zu erzählen, wie Lauren es
beabsichtigt hatte. Geschichten voller Humor und Abenteuer und Nostalgie -
und auf Kits Seite voller Übermut. Zunächst erzählten sie abwechselnd, ohne
Pausen dazwischen. Aber schließlich legte Lauren den Kopf zurück und schloss
erneut die Augen, und auch als die Pausen zwischen den Geschichten länger
wurden, fühlten sie sich nicht unwohl, sondern waren von herzlichen Gedanken
und einer behaglichen Kameradschaft erfüllt, die keiner Worte bedurfte. Das
Feuer, das er noch einmal geschürt hatte, brannte zischend und knisternd
herunter. Der Schaukelstuhl knarrte langsam.
    Ja, sie hatte eine
glückliche Kindheit gehabt, die ihr vielleicht nicht beschieden gewesen wäre,
wenn ihre Mutter und ihr Stiefvater von der Hochzeitsreise zurückgekehrt wären
und sie vielleicht irgendwohin mitgenommen hätten, wo sie allein mit ihnen
hätte leben müssen, fern von ihrem angenommenen Bruder und ihrer angenommenen
Schwester. Und doch hatte sie

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