Diesen Sommer bin ich dein
zahlreichen Tanten,
Onkel, Cousins und Cousinen nicht beeinträchtigt. Es fühlte sich verführerisch
wohltuend an, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Lady Irene Butler
tätschelte gerne Laurens Hand und erzählte ihr, welch ein hübsches Kind sie
sei. Die Tanten und älteren Cousinen sprachen mit ihr bereitwillig über London
und die neuesten Moden. Die Onkel neckten sie gern mit allem, wovon sie
glaubten, es könnte ihr die Röte in die Wangen treiben. Die jüngeren Cousinen
wollten wissen, wer ihre Modistin sei, wer die wunderschönen Stoffe, die
eleganten Muster und die perfekt abgestimmten Farben ihrer Kleider ausgewählt
hätte. Und wie ihre Zofe ihr Haar so perfekt frisierte. Auch wollten sie
wissen, wie ihr Brautkleid aussehen würde. Die jüngeren Cousins machten ihr
Komplimente, einige davon sehr übertrieben und töricht. Sie nannten Kit einen
Glückspilz, und er stimmte ihnen aus vollem Herzen zu, während er ihr
zuzwinkerte. Die jungen Mütter nahmen sie mit ins Kinderzimmer, damit sie ihre
Kinder kennen lernte, in der Annahme, dass sie Kleinkinder mochte. Tatsächlich
fürchtete sie sie eher, da sie während ihres Erwachsenenlebens nur wenig mit
Kindern zu tun gehabt hatte. Aber sie lernte alle ihre Namen, und es berührte
sie, als sie Fragen stellten, ihr ihre Schätze zeigen, auf den Arm genommen
werden und mit ihr spielen wollten.
Sie achtete
sorgfältig darauf, Kits unmittelbarer Familie einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit
zu widmen, da sie sich seiner vollkommenen Versöhnung mit ihnen verschrieben
hatte. Der Earl of Redfield schien geneigt, sie mit Wohlwollen zu betrachten.
Und er und Kit mieden sich nicht mehr, auch wenn sie einander noch immer mit
etwas steifer Herzlichkeit begegneten. Die Countess nahm Laurens Hilfe freudig
an. Abgesehen von all den Plänen für den Geburtstag selbst, galt es, bei so
vielen Gästen jeden Tag Mahlzeiten und Unternehmungen und Blumenarrangements zu
planen. Die Countess war zwar durchaus in der Lage, alles selbst zu bewältigen,
schien aber bei einigen Einzelheiten für eine zweite Meinung und sogar einige
neue Vorschläge dankbar zu sein. Sie schien auch recht geneigt, ihren älteren
Sohn mit Zuneigung zu behandeln.
Lauren hatte die
Duchess-Witwe lieb gewonnen. Es fiel ihr niemals schwer, mit ihr
spazieren zu gehen oder bei ihr zu sitzen und ihr zuzuhören. Die linke Hand der
alten Lady war steif und nach ihrem Schlaganfall einwärts gekrümmt. Aber sie
war nicht vollständig gelähmt. Lauten nahm sie an dem Abend, nachdem alle Gäste
eingetroffen waren, in ihre beiden Hände und massierte sie sanft, öffnete
vorsichtig die Finger. Um der Witwe willen empfand Lauren die meiste Schuld, da
sie ihre Zuneigung vollkommen zu erwidern schien.
Nur zu Sydnam
Butler hatte sie bisher keinerlei Beziehung aufbauen oder auch nur länger mit
ihm sprechen können.
Sie sah Kit nicht
sehr häufig. Oder vielmehr sah sie ihn doch, da es den restlichen ersten und
den größten Teil des zweiten Tages regnete und alle gezwungen waren, im Haus zu
bleiben; aber sie verbrachte nicht viel Zeit in seiner Gesellschaft und
überhaupt keine Zeit mit ihm allein. Ihre Schwimmstunden mussten wetterbedingt
ausfallen, obwohl er nicht einsah, warum, da sie ohnehin nass würden, wie er auf
ihren Protest hin erklärte. Sie vermisste den morgendlichen Ausflug, die reine
Freude daran, sich treiben zu lassen und im Wasser zu plantschen. Sie fragte
sich, wie sie zur gegebenen Zeit ohne solche Unternehmungen zurechtkäme, aber
sie verdrängte diesen Gedanken entschlossen.
Am zweiten Abend
spielten sie im Salon Scharade. Die meisten nahmen daran teil, und man wurde
sehr lebhaft und lachte viel. Die jüngeren Leute wollten das Spiel nicht
beenden, so dass alle recht spät zu Bett gingen. Lauren saß danach noch eine
Stunde mit Gwen zusammen - wie an den meisten Abenden - und
unterhielt sich mit ihr. Es war bereits nach Mitternacht, als sie in ihr Zimmer
zurückkehrte, und selbst dann ging sie noch nicht sofort zu Bett, sondern blies
die Kerzen aus, stellte sich ans Fenster, bürstete ihr Haar und genoss erneut
den Anblick des Mondes und der Sterne. Der Regen hatte am Spätnachmittag
aufgehört, und die Wolken waren verschwunden.
Ob er wohl schlief?
Sie wusste, dass er, genau wie sie, zumindest zeitweise an Schlaflosigkeit
litt. Sie hatte ihn mehr als einmal außerhalb des Hauses gesehen, nachdem alle
zu Bett gegangen waren. Einmal war er den Fahrweg hinabspaziert, bis er außer
Sichtweite war.
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