Dieser graue Geist
Kriegsende kämpfte Shakaar dafür, Bajor eine aktivere Rolle im Alpha-Quadranten zukommen zu lassen, und steuerte sein Volk so in ein neues, komplexeres Zeitalter. Eines, in dem es sich bald als Mitglied der Föderation definieren musste. Bajor konnte seine alte Größe zurückgewinnen, daran hegte Kira keinen Zweifel. Doch jede Veränderung ging mit Wachstumsschmerz einher. Zu ihrem Job als Stationskommandantin gehörte es auch, unangenehme Aufgaben anzugehen und diesen Schmerz zu lindern. Seit dem Gespräch mit Macet war ihr klar, dass das Warten auf ihn zu diesen unangenehmen Aufgaben gehörte.
Sie seufzte. Es wurde Zeit, Shakaar zu kontaktieren. Kira setzte sich an ihren Schreibtisch, räusperte sich und bat Selzner, ihr einen Kanal nach Bajor zu öffnen.
Es dauerte frustrierend lange, bis ihre Anfrage die Kette aus niederen Regierungsangestellten durchlaufen hatte und Shakaars verwirrtes Gesicht auf ihrem Display erschien. »Nerys« , grüßte er knapp. »Wir sind hier ziemlich beschäftigt.«
Kira verstand die unausgesprochene Botschaft: Ich hoffe, du hast einen verdammt guten Grund, mich während dieser schwierigen und politisch sensiblen Verhandlungen zu stören. Nun, sie werden hiermit noch sensibler , dachte sie.
»Premierminister«, begann sie förmlich und umriss, was sie über Macets Mission und seine bevorstehende Ankunft wusste. Viel war es nicht.
Shakaar lauschte ihr ohne ein Anzeichen von Überraschung. »Ich danke Ihnen für die Benachrichtigung, Colonel. Ich muss gestehen, dass ich bereits mit einem Vorfall wie diesem rechnete. Der Zeitpunkt ist unglücklich gewählt. Was die Cardassianer auch wollen – es ist wohl das Beste, wenn sich die Station ihrer annimmt. Wir können es nicht riskieren, die Gespräche mit der Föderation zu belasten. Treffen Sie alle nötigen Vorbereitungen, um unsere Gäste zu beherbergen.«
»Selbstverständlich. Kann ich ihnen mitteilen, wann Sie zu einem Treffen in der Lage sind?« Kira schluckte. Hoffentlich erwartete Shakaar nicht von ihr, auf unbestimmte Zeit Macets Babysitter zu spielen.
»Geben Sie mir ein paar Tage, um einige offene Baustellen zu schließen. Ich bin vor Ende der Woche auf der Station.«
Kira hoffte, dass sie nicht zu erleichtert aussah. »Danke, Premierminister. Ich melde mich wieder, sobald …«
»Andererseits wäre ein Empfang vielleicht der höflichste Weg, sie zu begrüßen« , unterbrach er sie.
»Wie bitte?«, fragte Kira, unsicher über Shakaars Argumentationsabsicht.
»Wir müssen sie Admiral Akaar, Ratsmitglied zh’Thane und den anderen Würdenträgern vorstellen. Und wir können nicht warten, bis sie einander im Habitatring über den Weg laufen.« Shakaar gestikulierte wild mit den Händen. Wie früher, wenn er Angriffspläne auf cardassianische Patrouillen beschrieb. »Nein, wir müssen gründlich vorgehen. Zeigen, dass wir uns auf gehobene Diplomatie verstehen. Bajor ist immerhin Bürger dieses Quadranten.«
»Eine sehr gute Idee, Premierminister. Lassen Sie mich einfach wissen, wie mein Stab Ihnen helfen soll. Ich schätze, Lieutenant Ro kann die Sicherheit überneh…«
Lächelnd unterbrach er sie. »Nerys, ich fürchte, Sie missverstehen mich. Ich will, dass Sie diese Sache stemmen.«
Kira starrte ihn an. Ganz ruhig, Nerys. Sag jetzt nichts, was du später bereust. Sie verkniff sich den Kommentar, der ihr nahezu sehnsuchtsvoll auf der Zunge gelegen hatte. »Ich fürchte, das interstellare Protokoll übersteigt meine Qualifikation. Ich würde vermutlich den romulanischen Attaché neben den klingonischen Abgesandten setzen, und dann hätten wir den Salat.« Sie lächelte unsicher und ballte die Fäuste.
»Dennoch muss ich Sie nicht daran erinnern, wie ausgelastet mein eigener Stab momentan ist, Colonel. Ganz zu schweigen vom Militär, das noch immer der Europani-Krise hinterherräumt.« Shakaar zuckte mit den Achseln. »Aktuell kann ich niemanden entbehren. Sie kennen die beteiligten Parteien. Sie und Ihre Leute hatten ohnehin mehr mit Lang und Macet zu tun als wir alle hier. Ich denke, das qualifiziert Sie durchaus.«
Kira atmete tief durch, stand auf und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Premierminister, ich muss protestieren«, sagte sie so neutral wie möglich. »Ich fürchte, Sie überschätzen meine Fähigkeiten.«
»Meine Assistentin Enkar Sirsy steht Ihnen zur Verfügung. Sie wird Ihnen die Namen der Bajoraner übermitteln, die meiner Ansicht nach zugegen sein sollten. Außerdem kann sie Ihnen
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