Dieser graue Geist
besteht für mich ein Unterschied.« Zitternd zog er die Decke enger um sich. »Das soll übrigens keine Beschwerde sein«, ergänzte er hastig.
»Natürlich nicht.« Es war offensichtlich, dass Ro sich ein Grinsen verkniff. Sie hatte ihr Scheit auf einen Baumstumpf gelegt und hieb nun mit der Axt darauf ein. Ein lautes Krack später, hob sie die kleinen Späne auf und warf sie ins Feuer. Die gierigen Flammen nahmen ihr Opfer dankbar an.
»Na also«, sagte sie leise, lehnte sich zurück und mit dem Rücken an den wettergegerbten Stumpf. Es dauerte eine Weile, bis sie sich in eine bequeme Position manövriert hatte. Dann sah sie zum mondlosen Frühlingshimmel. Kiefern streckten sich nach ihm aus, als sei er eine Decke, die sie mit ihren nadelbewehrten Ästen durchstoßen konnten. Hin und wieder brachte eine Windbö sie zum Schwanken.
»Na also«, wiederholte Quark. Hätte Treir ihn in diesem Moment wegen eines Notfalls kontaktiert, hätte er ihr mit Freuden die Hälfte seiner Bar überschrieben.
»Es ist nicht weiter wichtig, aber ich verbrachte die letzte Woche vor meinem Akademieantritt hier. Seit damals habe ich viel exotischere Orte besucht, aber irgendwie weckt dieser nach wie vor Ehrfurcht in mir. Millionen Jahre lang unterwirft sich das Land hier schon dem gnadenlosen Fluss. Fast ist es, als wüsste das Wasser, dass unter dem ganzen Dreck und Gestein die Seele des Planeten ruht, und als wollte es sie freilegen. Ihre ganze Größe zeigen.«
Quark blinzelte. »So poetisch kenne ich dich gar nicht, Laren.«
»Alle Bajoraner sind Poeten. Hast du das noch nicht bemerkt? Wir waren es schon, als deine Spezies noch Schleimspuren über Ferenginar zog.« Sie grinste.
»Mit Sicherheit. Aber hat eure Poesie je Profit abgeworfen?«
Ro warf einen Kiefernzapfen nach ihm.
»Und jetzt?«, fragte er. Welche Freizeittortur schwebte ihr wohl für Runde zwei vor?
»Oh, das ist eine vielschichtige Frage.«
»Warum?«
»Weil die Antwort, solltest du dich auf den heutigen Abend beziehen, vermutlich aus einem Essen, Kaffee und vielleicht einer Nachtwanderung besteht. Nicht weit von hier liegt eine Tränke, die viele Tiere frequentieren – hauptsächlich Rehe und Waschbären.« Sie hatte einen Stock aufgehoben und zeichnete Linien ins Erdreich. »Aber falls du wissen willst, was nach heute passiert – nach dieser Woche, dem nächstem Monat oder Bajors Föderationsbeitritt –, kann ich dir ehrlich nicht weiterhelfen.«
Quark schwieg. Die Zukunft erfüllte ihn mit einem Unbehagen, das Ro, wie er wusste, teilte. Sie fragten sich beide, ob in der neuen Ordnung der Dinge noch Raum für sie blieb. Der Gedanke, in irgendeiner Provinz wieder bei null anzufangen, hatte seit Quarks Jugend einiges an Reiz verloren. Vermutlich gefiel er Laren noch weniger.
Sie seufzte. »Weißt du was? Nach meinem zweiten Bruch mit der Sternenflotte glaubte ich, endlich erkannt zu haben, warum ich mich ihren Regeln nie unterordnen konnte: Weil ich überall auf Dinge stieß, die mir wichtiger als meine Karriere waren. Erst Garon II, dann der Maquis …« Sie legte sich auf den Boden und starrte in den Himmel. »Ich wollte mich nie gegen die Flotte stellen. Vieles dessen, was ich im Föderationsdienst lernte, machte mich zu der Person, die ich heute bin. Das sind gute Leute. Ich schulde ihnen Dank. Doch wann immer ich mit der Flotte brach, stand ich an einer Kreuzung. Und beide Male diktierte mir mein Gewissen die Richtung, die ich einschlug. Sie führte immer zu einer Katastrophe.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Quark. »Dass deine Entscheidungen falsch waren? Kann sein, kann auch nicht sein. Aber darum geht’s gar nicht.«
»Ach nein?«
»Nein. Das Traurige an der Sternenflotte besteht in ihrem Fundament, ihren Prinzipien. Die sind nämlich alles andere als fehlerfrei.«
Ro hob eine Braue und grinste. »Ich bin sehr gespannt, auf was du hinauswillst …«
Quark seufzte. Ihm war, als schwömme er wieder neben dem Lachs her. »Es ist ja schön und gut, sich zu wünschen, jeder möge glücklich sein. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Nur weil ein Volk ausreichend Nahrung, Medizin und Bildungsmöglichkeiten hat, ist es noch lange nicht glücklich. Die Föderation will alles heilen, woran der Quadrant leidet. Wie mir scheint, sind Gamma- und Delta-Quadrant auch nicht mehr lange vor ihrer frohen Botschaft sicher. Aber sie begreift nicht, dass ihr Modell nicht auf auf alles und jeden anwendbar ist! So sehr sie sich bemüht, so
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