Dieser graue Geist
unsere Transporterlogbücher überprüfen und mir die jedes nahen Schiffes schicken lassen.« Wieder und wieder glitt ihr Blick über den Sessel, die Flagge, das Messer, als hoffte sie, etwas übersehen zu haben.
»Werden Sie Botschafterin Lang informieren?«
Ro nickte. »Ich lasse ihr auch die Ergebnisse der forensischen Analyse zukommen, für den Fall, dass der Täter aus ihrer Gruppe stammt. Ein Cardassianer, der auf diese Art den Erfolg der Gespräche zu boykottieren hofft … Das hätte etwas von paradoxer Intervention, finden Sie nicht?« Sie hatte selbst gesehen, wie zögerlich sich Macets Mannschaft von ihren Waffen getrennt hatte. Könnte einer von ihnen, frustriert über den langsamen Verlauf der Verhandlungen, hier eine symbolische Warnung hinterlassen haben? Die Rune war kein Geheimnis. Sie befand sich in der Stationsdatenbank.
»Ich werde der morgigen Sitzung beiwohnen«, sagte Kira schließlich. »Botschafterin Lang muss wissen, dass sie unsere volle Unterstützung genießt. Zu welcher Seite der Täter auch gehört, es schadet nicht, alle Parteien im Auge zu behalten.«
Oder den Täter wissen zu lassen, dass wir ihn beobachten … »Ich empfehle, alle Diplomaten und Militärangehörigen zum Stillschweigen zu verpflichten«, warf Ro ein. »Was hier geschah, sollte nur den ranghöchsten Offiziellen und direkt Betroffenen offenbart werden. Wir wollen unseren Terroristen schließlich nicht ermutigen, indem wir ihm die Öffentlichkeitsarbeit abnehmen.«
Kira nickte zustimmend. »Sie sichern den Bericht, ich informiere Admiral Akaar und den Premierminister.«
Hoffentlich erkannten die Führungsoffiziere die Bedeutung dieses Befehls. Gerüchte würden die Arbeit der Sicherheit nur erschweren. Ro war gewillt, jedes Mitglied ihres Teams, das sich ihrer Ansage widersetzte, streng zu maßregeln. Es tat gut, eine Kommandantin zu haben, für die der Beruf an erster Stelle kam und die nicht auf politischen Einfluss oder Popularität aus war.
Gemeinsam traten sie zur Tür, doch der Colonel hielt inne und legte eine Hand an den Rahmen. Was mochte Kira noch auf dem Herzen haben? Es war doch alles besprochen.
»Ich vermute, Sie waren in der Holosuite, als ich Sie rief«, fragte sie mit dem Ansatz eines Lächelns.
»Windsurfen«, bestätigte Ro. »Mit Quark.«
»Und er …«
»Hasste es.«
»Sind Sie beide …«, begann Kira, brach aber ab. »Nein, vergessen Sie’s. Ich will es nicht wissen.« Kopfschüttelnd verließ sie den Konferenzraum.
Ro schritt zur entgegengesetzten Wand. In ihrem Geist hatte sich schon eine Strategie entwickelt, und nun schickte sie ihre Deputys aus, um die erforderlichen Ausrüstungsgegenstände aus dem Büro zu holen. Wartend saß sie da, die Finger verschränkt, die Ellbogen auf den Tisch gelegt, und betrachtete abwechselnd den geschändeten Sessel sowie den gesamten Raum.
Vor allem die Ordnung störte sie. Verbrechen aus Leidenschaft gingen meist mit einigem Durcheinander einher. Vermutlich war der Täter – oder die Täterin – in sein Quartier gegangen und hatte die Flagge präpariert. Wieder hier, hatte er sie auf Langs Platz gelegt und schließlich das Messer in den Sessel gerammt, um seine Aussage noch zu unterstreichen. Krankhafte Wut – die Sorte, die so wild und böswillig daherkam, dass sie zum Handeln verleitete – sorgte in aller Regel für weit weniger kontrolliertes Vorgehen. Hier lag ja nicht einmal ein Padd schief! Jeder Sitz war an seinem Platz, alles schön ordentlich.
Ro las das Namensschild vor sich auf dem Tisch: »Asarem Wadeen, Vizepremierministerin, Bajor«. Standardschrift. Und mit einem Mal begriff sie, was diese Ermittlung von ihr verlangen würde. Sie musste die mächtigsten Individuen unter die Lupe nehmen, die der Quadrant derzeit aufzubieten hatte! Die Liste derer, denen Zugang zu diesem Raum gewährt wurde, las sich wie das Who is Who der Nachkriegspolitik. Jeder, der an diesen Tischen saß, mochte ein Motiv haben.
Sie nahm das Schild in die Hand. Sogar Sie, Ministerin.
Dank der nächtlichen Attacke auf den Konferenzraum zog sich die Arbeit bis in den Morgen, und bereits zwei Stunden nach Beginn der Alpha-Schicht spürte Kira den ihr fehlenden Feierabend in den Knochen. Irgendwann mochte sie ein paar Stunden geschlafen haben, doch ob ein Kissen Teil dieser Tätigkeit gewesen war, wusste sie schon nicht mehr zu sagen. Was die Ausstellung betraf, hatte sie angeordnet, Ziyals Kunstwerke zu ihrem neuen Aufbewahrungsort bringen zu lassen. Dort
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