Dieser graue Geist
Tischkante und schaute ihn an. »Gestern entdeckte Lieutenant Ro Spuren von brutalem Vandalismus in der Ziyal-Ausstellung.« Brutal war noch untertrieben. Krank, bizarr. Nein, entartet war das richtige Wort.
Shakaars Braue schoss hoch. »Wurden die Täter identifiziert?«
»Nein. Der Schaden ist immens.« Säure, die Farbe von den Leinwänden ätzt. Wasser, das die Kohlestriche verwischt. Messerschnitte, die Obszönitäten darstellen … Als wäre Ziyal in ihrer Arbeit abermals gequält, abermals getötet worden.
»Können die Werke restauriert werden?«, fragte Shakaar und verstaute einige persönliche Gegenstände aus seiner Tasche.
»Die Kuratorin kann einige retten, auch wenn es Wochen dauern wird.« Vorausgesetzt, sie hört irgendwann wieder auf, zu weinen , dachte Kira traurig. »Aber andere sind hoffnungslos dahin. Man kann sie vielleicht durch Hologramme ersetzen, aber die Originale sind verloren.«
»Tragisch«, murmelte Shakaar und rieb sich nachdenklich mit dem Daumen über das Kinn. Dann nippte er an seinem Saft. Über den Rand des Glases sah er zu Kira, die seinem Blick reglos standhielt. »Das musstest du mir aber nicht persönlich berichten.«
»Richtig«, gestand sie. »Allerdings bin ich mir sicher, den heutigen Vorfall in der Ausstellung zumindest zum Teil auf die stationsweit vorherrschende anticardassianische Grundstimmung schieben zu können. Eine Stimmung, die Sie fördern, Premierminister.«
Er wollte gerade zu einer empörten Erwiderung ansetzen, als sie ihm das Wort abschnitt. »Sie wissen genau, was ich meine, Shakaar. Veralbern Sie mich nicht.«
Schweigend starrte er sie an. Kira kannte ihn zu lange, als dass es ihr noch entging, wenn er seine Taktik zu ändern wünschte. Wenn er sein Gegenüber als Freund oder Feind einschätzen wollte. Ungerührt saß sie da und ließ seine Neueinschätzung über sich ergehen. Dann sagte er: »Na los. Schaff es dir von der Seele. Danach wird’s dir besser gehen.«
»Sie haben Asarem beauftragt, sich aus den Verhandlungen zurückzuziehen«, sagte sie – bemüht, ihre Wut im Zaum zu halten.
»Eins habe ich immer schon an dir gemocht, Nerys.« Er lächelte zerknirscht. »Du kommst direkt zur Sache.«
»Also streiten Sie es nicht ab?«
»Du hast mich nie gefragt, wie ich zu den Gesprächen stehe«, gab er zurück. »Du beschwertest dich bloß über Ministerin Asarems Verhalten und batest mich, sie zurückzupfeifen.«
Kira schnaubte, konnte sich kaum noch beherrschen. »Sparen Sie sich die Wortklaubereien. Sie wussten genau, was ich meinte.«
»Dass Asarem nett zu deinen cardassianischen Freunden ist, genau. Also bat ich sie, weniger auf Konfrontation zu gehen. Ich tat, was ich dir versprach.«
Mit einem Mal war die Distanz, die sie sonst so krampfhaft zwischen sich und ihm zu wahren bemüht war, wie weggeblasen. »Verdammt, dir bietet sich hier die Chance, Bajor zu helfen!«, schrie sie den Mann an, den sie einst zu kennen geglaubt hatte. »Aber du fliehst vor ihr wie ein Deserteur!«
»Es gehört zu den Aufgaben eines Anführers, zwischen gleichwertigen Alternativen zu wählen. Es ist gut, wenn die bajoranische Nation Frieden mit Cardassia schließt. Doch der leichtere Weg – der, den uns eine Normalisierung dieser Beziehungen im Rahmen unseres Föderationsbeitritts ohnehin gewährt –, ist genauso gut. Warum also die komplizierte Option wählen?«
»Weil wir als Volk nicht heilen können! Als ein eigenständiges, unabhängiges Bajor. Nicht ohne einen anständigen Abschluss.« Sie atmete tief durch. »Früher hast du dich jeder deiner Schlachten selbst gestellt, Edon. Und jetzt überlässt du die größte – die, die den Krieg entscheiden wird – jemand anders?«
Shakaar fuhr fort, als wäre sie gar nicht anwesend. »Nimm dir nur mal das Geschenk, das sie uns brachten. Es passt zu ihnen, uns an unsere Schande zu erinnern.«
» Was? «
»All die hübschen Bilder, Nerys. Sie stammen von Dukats Bastard. Dukat nahm sich eine verheiratete Frau, raubte sie aus ihrem Heim und ihrer Familie. Er vergewaltigte sie. Mag sein, dass aus dieser Verbindung eine große Künstlerin entstand. Aber ich für meinen Teil gehöre nicht zu denen, für die der Zweck die Mittel heiligt, klar?«
»Was, bitte sehr, hat ausgerechnet Ziyal mit den Friedensverhandlungen zu tun?«
»Frieden. Die Cardassianer wollen doch keinen Frieden. Sie kamen her, mit ihrem Geschenk «, das letzte Wort spie er geradezu aus, »um uns daran zu erinnern, wo wir stehen. Daran,
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