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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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bedeutender amerikanischer Autor bin, drüben aber ein Lieferant von Genre-Schund – das jedenfalls ist der Konsens der Kritik. Daß ich Mist geschrieben habe – hirnlose SF über Parallelzeiten, Paranoia, Androiden, Aliens und Gott. Solchen Scheiß.«
    »Bücher wie ›Valis‹?« fragt Dolly.
    »Yeah. Natürlich habe ich solches spekulatives Zeug auch in Ihrer Zeitlinie geschrieben, aber es ist alles unveröffentlicht geblieben. Was schmerzt, ist die Tatsache, daß es da drüben mehr oder minder der einzige Teil meiner Arbeit ist, der gedruckt wurde, und das literarische Establishment – die New York Times und die ganze Bande – tut es als triviale Popkultur ab. In ihren Augen gehöre ich zur Schundschicht, und mein Werk ist insgesamt belanglos.
    Ich habe dort drüben durchaus einen Anhänger-Kult, aber ›A Time for George Stavros‹, ›Pilgrim on the Hill‹, ›The Broken Bubble of Thisbe Holt‹ – niemand in der Zeitlinie hat sie auch nur verlegenswert gefunden. Mein Kult ist ein beschissener Kategorie-Kult – SF-Fans, die glauben, Phil Dick habe eine Pipeline zur Gottheit. Ich meine, ich sollte vermutlich froh sein, einen Kult zu haben, aber es ist schrecklich, zu wissen, daß ich es mit meinen frühen realistischen Romanen da drüben nicht zur Veröffentlichung gebracht habe. Und es gibt einen Verein, der nach mir benannt ist – den PKD-Wertschätzungsverein –, ein Haufen Kids, die finden, daß ›They Scan Us Darkly, Don’t They?‹ besser ist als ›Nicholas and the Higs‹.«
    Erica nimmt einen Schluck Traubenlimo. »Aber das ist die Zeitlinie, in die wir hinüberschalten sollen? Eine Zeitlinie, in der Sie als die Schundkanone gelten, als welche die Nixon-Regierung Sie hier drüben seit Jahren zu etikettieren versucht.«
    »Hey, hören Sie, glauben Sie mal nicht, daß mir das gefällt. Es gefällt mir nicht, daß ein Teil meines Gesamtwerks durch die Ritzen fällt und verschwindet. Aber wenn das der Preis ist, der bezahlt werden muß, wenn eine freiere Zeit abreagiert werden soll – schön. Ich meine, das Opfer ist klein, und wer bin ich schon im großen Gesamtbild? In dem wirklich großen Bild? Nur ein Schriftsteller. Weiter nichts.«
    Erica stellt ihre Limonadendose ab, gleitet von ihrem Schemel herunter und geht auf den Zwerg zu, die Hände in die Hüften gestemmt; sie erwägt, was Kai ihnen gerade erzählt hat. Kai beobachtet sie und hebt seine Hände in einer Gebärde, die besagt: Das ist nah genug, komm nicht zu nah, ich bin nicht bereit zu einem Kontakt. Erica respektiert sein Verbot, lauert aber am Rande seiner gespenstischen Aura, und Vear merkt, daß er die Psychotherapeutin für ihren Mut bewundert.
    »Gibt es sonst keinen Nachteil bei dieser Umschaltung?« will sie wissen.
    Wo etwas genommen wird, wird auch etwas gegeben, denkt Vear in der Erinnerung an sein imaginäres Gespräch mit Präsident Nixon. Und umgekehrt. Und das ›umgekehrt‹ ist es, was uns Angst macht. Was muß die Welt insgesamt – nicht nur Philip K. Dick – aufgeben, um diese freiere, humanere Zeitlinie abzureagieren? Eine wichtige Frage.
    Kai sagt: »Ich habe nicht über die Unterschiede zu reden, die sich nach ’68 ergeben haben, Dr. Zola. Ich darf nur sagen, daß die Welt größtenteils besser ist als diese hier.«
    »Wer ist zuständig für dieses Erlauben und Verbieten?« verlangt sie zu wissen.
    »Ich denke, das bedarf keiner Erwähnung – oder?«
    »Dann hat Ihr Kult da – in dem unterdrückten Zeitstrom – vielleicht recht, wenn er glaubt, Sie hätten eine Pipeline zur Gottheit.«
    »Ja, vermutlich habe ich eine. Aber jetzt bin ich ein Geist, und damals war ich keiner. Und technisch gesehen findet diese Diskussion ganz und gar außerhalb der Zeit statt. Betrachten Sie sie nicht als Maßstab für meine Aktivitäten als Sterblicher in diesem oder einem anderen Zeitstrom.«
    Vear stählt sich, bevor er das Wort ergreift. »Sie haben uns die persönlichen Nachteile der alternativen Geschichte genannt, die wir heraufbeschwören sollen, aber Sie müssen uns auch sagen, ob dafür auch ein nennenswert politischer Preis zu zahlen ist. Sie können nicht erwarten, daß wir uns miteinander verschwören, um diese untergetauchte Zeitlinie ›abzureagieren‹ – wie wir das auch immer anfangen sollen –, wenn wir über die globalen Konsequenzen im unklaren sind. Ihre Bereitschaft, Ihre literarische Reputation zu opfern, um die Dinge ›besser‹ zu machen, beweist nicht, daß Sie jeden wichtigen Aspekt in

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