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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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ehemalige Klassenkameradin einer jungen Frau namens Lia Pickford, geborene Bonner. Sie haben ihren Mann kurz kennengelernt, als Sie in Colorado Springs zur Schule gingen und Sie einmal zu dritt einen draufgemacht haben, mit einer Flasche Wein, etwas erstklassigem Shit und einem verbotenen Jefferson-Airplane-Album im Hintergrund. Sie groovten mit der Musik. Sie fuhren ab auf eine P.K. Dick-Lesung, der Pickford Sie unterzog. Und unversehens – high von Liebfrauenmilch und stoned von Colombia Gold – stimmten Sie allem Negativen zu, das er und ich über Sie-wissen-schon-wen zu sagen hatten. Freilich, dann kehrten Sie zu Ihrem Studium zurück und vergaßen den ganzen Abend, aber vielleicht hat meine Manifestation bei Ihnen eine Anamnese ausgelöst, und Sie wissen wieder, was ich sage. Möglich?«
    Erica erscheint wie gelähmt. Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, denkt Vear. Sie versucht zu verdauen, was du ihr da erzählt hast.
    »Ich erinnere mich«, gibt sie zu. »Sie haben recht.«
    »Aber Sie haben Ihre Liebe zur Gerechtigkeit sublimiert in dem persönlichen Ehrgeiz, eine der ersten Frauen in Von Braunville zu werden. Und es ist Ihnen gelungen. Glückwunsch.«
    »Danke«, sagt Erica zweifelnd.
    Und dann sagt eine Zeitlang niemand etwas. Vear spürt: So gespenstisch diese Audienz mit dem Zwerg ist, sie genießen es doch alle drei – und keiner von ihnen war je besonders rebellisch –, Gelegenheit zu haben, der Kai-Erscheinung dabei zu helfen, den Tyrannen zu stürzen, dessen Regierung ihnen ihre Jobs gegeben hat. Sie lechzen danach, die mysteriöse Abreaktion zu bewerkstelligen, die den U.S.-Sieg in Indochina auslöschen wird. Die die Kuppeln von Von Braunville in dem Krater namens Censorinus aus der Lunarlandschaft verschwinden lassen werden, als hätte sie niemals jemand erbaut.
    Was auch, wenn die Abreaktion glückt, niemand getan haben wird …
    Dolly sagt: »Okay, wir sind dabei, Mr. Dick. Aber wie sollen wir tun, was Sie wollen, und wann sollen wir es tun?«
    »Wachet und wartet«, sagte der Zwerg und verblaßte unwiderruflich.
     
    Sobald die Erscheinung verschwunden war, ging Vear zum Ende des Sortiertisches. Er legte die Hand auf die Stelle, an der Kais Hintern gesessen hatte. Sie war wärmer als die umgebenden Bereiche der Tischplatte. War es möglich, einen ›Geist‹ zu halluzinieren, der … real war? Er hatte es eben getan. In der Gesellschaft einer geachteten Psychotherapeutin und eines Computerspezialisten, der für seine ausgeflippte Rationalität berühmt war.
    »Ist das passiert?« fragte er sie.
    Keiner der beiden antwortete. Aber mit ihnen zusammen sah er, daß die Schachtel mit den Crackers, die sie gegessen, und die Dosen mit der Traubenlimonade, die sie getrunken hatten, nicht mehr auf dem Tisch standen. Sie fanden auch keinen offenen Karton, der die Cracker-Schachtel hätte enthalten haben können, und keine Lücke in der Reihe der Limo-Dosen, die hätte erkennen lassen, daß Kai drei davon für seine verblüfften Gäste weggenommen hatte. Der einzige Beweis dafür, daß der Zwerg dagewesen war, bestand in der warmen Stelle auf dem Sortiertisch.
    »Und in unserer Erinnerung daran, daß es wirklich geschehen ist«, sagte Vear. »Ihr erinnert euch doch genauso wie ich an dieses Erlebnis, oder?«
    Die drei verglichen ihre individuellen Erinnerungen an die letzten vierzig Minuten, und sie stimmten überein. Was geschehen war, war geschehen. Oder sie hatten eine gemeinschaftliche Halluzination erlebt.
    Erica führte sie durch die diversen Kammern der Lagerkaverne hinaus und in den Tunnel zum Wohntrakt der Männer. Unterwegs bemerkten sie, daß die Luft einen leicht rosigen Hauch hatte, als sei eine Wolke von rotem Rauch in den letzten Stadien des Verwehens. Das Filtersystem der Kuppeln arbeitete; es saugte den anomalen Rauch – wovon? woher? – ab und entließ ihn in die lunare Nacht.
    Oder?
    Als sie zwei NASA-Kollegen zwischen zwei Schritten erstarrt sahen, entsann Vear sich, daß Kai gesagt hatte, es werde, objektiv gesehen, keine Zeit vergehen, während sie mit ihm redeten.
    Als sie wieder in ihrem Zimmer waren, bestätigte Dolly diese Behauptung. Sie waren kaum eine Minute weggewesen. Also würde heute ›morgen‹ keiner von ihnen zu irgendeinem Termin zu spät kommen. Wie die Luft in den Kuppeln war ihre Lage völlig geklärt. Sie hatten nur eine Sorge: Die verwirrende Bedeutung ihrer unerhörten kollektiven Erinnerung …

 
    21 Lone Boy betrat das ›Happy Puppy Pet

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