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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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zurückgesetzte Erscheinung. Ich habe Von Braunville ausbaldowert, weil der Kern der Religion der Dienst an denen ist, die in Not sind. Und Sie hier oben und alle Menschen auf der Erde sind entschieden in Not. Ich wollte, daß Sie das Problem selber lösen, aber jetzt glaube ich nicht mehr, daß Sie es können, und deshalb bin ich gekommen, um zu helfen. Und ich bin hierher gekommen, weil ich gute Hinweise – göttliche oder wenigstens demiurgische Hinweise – habe, daß Sie drei, und vielleicht noch ein oder zwei andere, die Erlösungsschaltung hier am besten werden bewerkstelligen können.«
    Dolly fragt: »Was meinen Sie mit ›Erlösungsschaltung‹?«
    »Die Beseitigung dieser unterdrückerischen historischen Realität und das Hervorrufen einer freieren, humaneren Realität. Kürzlich habe ich – oder meine Seele – eine attraktive Alternative zu dieser Zeitlinie besuchen können, und auf die müssen Sie hinüberschalten. Das können Sie von Censorinus aus tun, indem Sie eine bevorstehende Gelegenheit ergreifen – eine, die Sie wahrscheinlich nie wieder bekommen werden –, die Geschichte abzureagieren.«
    Vear hat Kais Darlegungen nicht besonders gut folgen können, aber er sieht, daß Erica Zola übernatürlich wach aussieht. Ihre Augen, auch sonst recht groß, sehen aus wie zwei Gongs.
    »›Abreagieren‹?« wiederholt sie. »Sie setzen da einen psychologischen Terminus in einen seltsamen Kontext. Könnten Sie es ein bißchen klarer ausdrücken, Mr. Dick?«
    »Bitte nennen Sie mich Kai. Okay. Schauen Sie. In Ihrem Beruf, Doktor, bedeutet ›abreagieren‹, daß man eine schwere emotionale Belastung – unbewußten Scheiß – ausdrückt und entlädt, indem man sich in einer Sitzung mit einem Therapeuten darüber ausspricht. Mit jemandem wie Ihnen. Aber lassen Sie uns ›Abreaktion‹ erweitern und historisch anwenden.«
    »Aber wie denn? Der Terminus ist spezifisch für mein Gebiet.«
    »Wie anders als durch eine Analogie, Dr. Zola? Nur mal angenommen, daß unter dieser historischen Realität eine unbewußte Dimension von unterdrückten Ereignissen liegt – ja, eine ganze unterdrückte Geschichte –, die wir heraufholen und manifestiert werden lassen können, indem … ja, indem wir sie abreagieren. Wir würden die Geschichte verändern. Wir würden diese eingesperrten Begebenheiten freisetzen, würden ihnen erlauben, die verkorksten Ereignisse zu ersetzen, die unsere eigene alptraumhafte Zeitlinie formen, und diese wiederum würde versinken, verschwinden, aus den Augen, aus dem Sinn. Das wäre die erlösende Umschaltung – ja, ich weiß schon, ich mische meine Metaphern –, von der ich gesprochen habe.«
    »Es ist eine hübsche Analogie, eine unterdrückte Zeitlinie abzureagieren«, sagt Dolly. »Aber …«
    »Aber was, Mr. Dahlquist?«
    »Sie nehmen an, daß die Geschichte – wie das Bewußtsein – Schichten hat. Oder, wenn keine Schichten, unsichtbare Vettern verschiedenen Grades. Ich nehme aber an, daß sie weder das eine noch das andere hat, und wenn ich es annähme, Mr. Dick, dann würde ich mich fragen, wie Sie die unterdrückten Schichten oder die unsichtbaren Verwandten heraus ins Licht der Sonne zu bringen gedenken.«
    »Ich glaube, Sie haben mir nicht richtig zugehört. Ich nehme nichts an. Ich war drüben in dieser anderen Zeitlinie. Ich bin darin herumspaziert, ich habe meinen eigenen Platz dort untersucht, und ich habe – o ihr kleinen mein – gesehen, welch große Diskrepanzen zwischen den Ereignissen jener Zeitlinie und dieser hier klaffen.«
    Vears Mund ist wie mit Watte gefüllt. Er nimmt einen Schluck von der Traubenlimonade und bittet Kai, ihm noch ein paar Cracker zuzuwerfen. Kai schließt den Deckel der Schachtel und schiebt sie über den Tisch hinweg zu ihm herunter. Vear greift sich eine Handvoll Cracker heraus, und reicht Dolly die Schachtel, der einen Teil für sich herausnimmt, bevor er sie Erica anbietet. Unterdessen prickelt warme Traubenlimonade auf der Zunge des Majors mit der Kraft eines Alka-Seltzer-Sprudels von gestern. Wieso, denkt er, nennt Kai uns ›O ihr Kleinen mein‹, wenn er doch selber so klein ist?
    Dolly sagt: »Welches sind denn die größeren Diskrepanzen, Mr. Dick?«
    »Ich kann sie nicht aufzählen. Es würde zu lange dauern. Hier ist es besser. Das heißt, besser im Vergleich. Das Aufregende für mich ist: Die beiden Zeitlinien laufen zwar bis 1968 beinahe parallel, aber einer der großen Unterschiede vor 1968 besteht darin, daß ich hier ein

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