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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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dem großen, umgekippten ›Faß‹, durch welches man den Videospielsalon betreten konnte. Sie gingen hinein.
    Hunderte von überspannten Geräuschen attackierten Berthelot. Computer-Blips. Das Glucksen intergalaktischer Waffenarsenale. Das Schwirren elektrifizierter Kormoranschwingen. Das Feuertosen von Technicolor-Drachen. Die vernichtenden Massenkarambolagen von Trickfilm-Rennautos. Die Geräusche wurden begleitet von unheimlichen Farben in einem desorientierenden Ambiente von zersplitterter Leuchtkraft. Berthelot taumelte durch die Spielhalle; ihm war, als habe er ein anderes Kontinuum betreten.
    Vielleicht hast du genau das getan, dachte er. Vielleicht ist das neue Kontinuum schon hier. Wenn ja, dann sind alle alten Gesetze ungültig. Die einzigen Gesetze, die du noch befolgen mußt, sind diejenigen, die dein Gewissen berühren, Hiram; diejenigen, die es nicht tun – nun, die müssen obsolet sein. Er las die Namen der Spiele. Asteroids. Fragger. Centipede. Drac-Man. Phun Ky Cong. Defender. Bigg-Bugg. Etliche entgingen ihm auch; ihre Bezeichnungen rollten sich um die Dächer der Zellen, wo der Spieler hineinschlüpfte und sogleich verschwand.
    Der Laden war voller Kids. Ein paar lichtscheue Schlägertypen waren auch da, die ebenso achtzehn wie achtunddreißig sein konnten. Diese warfen Hiram Berthelot und seinem Leibwächter aus trostlosen, tiefliegenden Augen Blicke zu, die ihre Gesichter in Witze oder Beleidigungen verwandelten. Twitchell ließ sich davon nicht schrecken; er patrouillierte zwischen ihnen hindurch und an ihnen vorbei, als wären sie stofflose Geister, Schemen in ungreifbarem Leder. Nachdem er von der Chipausgabe der Spielhalle aus zweimal die Runde gemacht hatte, fand er Le Boi Loan zusammengekauert in einer Zelle, die vorgab, die Kabine eines transdimensionalen Kreuzers zu sein. Er packte den amerikulturierten Vietnamesen bei den Revers seiner Jacke und brüllte den Namen seines Chefs.
    Berthelot drängte sich an Twitchells Stelle, dem das nicht recht war. Er beugte sich in die Zelle, um die fremdländischen Züge des Mannes zu studieren, der seine Frau ermordet hatte. Le Boi Loan wollte sich entwinden. Sein Gesicht – sein hilfloses Winden – versetzte Berthelot in Raserei, so daß er seine Hände von der Jacke des Angsthasen nahm und ihm um die dürre Kehle legte.
    So zerquetsche ich meinen Feind, dachte er. Ich quetsche meinen Feind, quetsche meinen Feind. So früh am Abend.
    Seine Finger fühlten Adamsapfel, Lymphknoten, Wirbelknochen, und er versuchte, alles zusammen zu einem Klumpen zu quetschen, der nicht größer als seine verschränkten Hände war. Mein Bester Quetscher ist ebenso wirkungsvoll wie dein Bester Quetscher, dachte er, und dabei quetschte er die ganze Zeit.
    Lone Boy fing an zu treten. Twitchell, der dicht hinter Berthelot stand, murmelte etwas darüber, daß es nicht ratsam sei, an einem so öffentlichen Ort an Graces Mörder Rache zu üben. Der Minister errege bereits Aufmerksamkeit.
    »Lassen Sie mich das machen«, sagte Twitchell. »Dafür werde ich bezahlt.«
    Aber Berthelot stemmte die Beine gegen den Boden, schüttelte den Leibwächter ab und bedrängte den um sich schlagenden Loan noch heftiger. Auch er hatte gemerkt, daß einige der Spieler im ›Spaßfaß‹ genauer herauszubringen trachteten, welcher Natur dieses Handgemenge sei, aber er schob seinen Rücken ins Blickfeld – keine unbeträchtliche Barriere – und tat, was er tun mußte. Das Grauen vor dem Leben ohne Grace Rinehart, Schauspielerin, Patriotin und Seelengefährtin, bestärkte ihn bei seinem Bemühen, und als Le Boi Loan endlich aufhörte zu strampeln, löste er seine Hände und sah, daß tiefe Falten den Hals seines Opfers verunstalteten.
    »Es ist schon gut«, tröstete er den Toten. »Wir werden nicht alle schlafen, aber wir werden alle verändert werden.«
    »Was?« fragte Twitchell. »Was erzählen Sie ihm?«
    »Nichts«, antwortete Hiram Berthelot und kam rückwärts aus dem Cockpit des transdimensionalen Kreuzers hervor. »Nur, daß er ein mieser kleiner Bastard war, und daß ich hoffe, er verrottet in der Hölle.«
     
    Matt Murdock alias Daredevil kann es nicht glauben. Seine Superkräfte haben ihn verlassen, und sein Erzfeind Kingpin hat ihm den Atem schier aus dem Leibe gepreßt.
    Aber warum? Womit hat er das verdient? Daß er eine Schlange in den Kinoraum des Salons gesetzt hat – und der Geliebten Kingpins ein bißchen Angst eingejagt hat –, rechtfertigt doch keine so heftige

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