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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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an einen von der Müllpresse komprimierten Bodybuilder erinnert.
    Sobald Horsy die Kinder auf die Pferde gesetzt hatte, kam er auf seinen krummen Beinen herübergewackelt, um die Erwachsenen zu fragen, welche Tiere sie reiten wollten.
    »Sophisticated Lady für Lia«, wies Jeff ihn an. Dies war ein junger Fuchs mit weißen Strümpfen.
    »Aber ich möchte Ubiquity«, wandte Lia ein.
    »Herrgott!«
    »Gib ihn ihr, Jeff!«
    Lia hatte gewußt, daß diese Wahl ihren Bruder weiter aufbringen und daß Suzi ihr wahrscheinlich zur Verteidigung beispringen würde. Aber warum diese Mühe, Jeff zu ärgern und Suzi aufzustacheln? Nun, weil sie nach der Rückkehr vom Cape nach Georgia nichts als abwechselnd öde und enttäuschende Tage erlebt hatte.
    Ihren Bruder zu kujonieren, war ein billiger Exorzismus an ihrer Gereiztheit – die erstens daher rührte, daß Cal so weit weg war, und zweitens daher, daß eine launenhafte Schauspielerin sie offenbar als Psychotherapeutin abgesetzt hatte. Mit bloßer Erpressung nicht zufrieden, verstärkte Grace Rinehart Lias Gefühl von Isolation dadurch, daß sie sie verließ.
    Aber ich werde meinen Sorgen davonreiten, dachte Lia. Ich werde meine Melancholie auf Ubiquitys Rücken zum Stehen bringen und meine Fähigkeit, zu staunen, wiederherstellen.
    »Ubiquity ist eine gute Wahl für das, was Ihnen fehlt«, sagte Horsy Stout und bestätigte auf unheimliche Weise ihre geheimen Gedankengänge.
    »Yeah«, sagte Jeff. »Er wird dich abwerfen, daß du auf den Kopf fällst, und alles, was dir fehlt, ist vergessen.«
    Aber dieser Sarkasmus war sein letzter Einwand, und Horsy verschwand in der Box des blauschwarzen Hengstes, um ihn für Lia reitfertig zu machen. Ein Sattel, so zart wie ein Lederdeckchen. Gebiß und Zaumzeug, so leicht wie eine übergroße Büroklammer. Steigbügel, stilvoll wie Makramee-Schlaufen. Lia stieg vom hölzernen Sims in der Box auf, und Horsy führte Ubiquity hinaus auf den Zementboden des Stallgebäudes zu Jeff, Suzi und den Kindern, die alle auf gemütlichen Warmblütern saßen; ihre Pferde sahen aus wie lahme Maultiere – das heißt, verglichen mit Lias majestätischem Vollblut.
    Horsy, weiter zu Fuß, führte die berittenen Bonners durch das langgestreckte Gebäude zur Ostweide.
    »Lassen Sie sie ordentlich laufen«, sagte er. »Aber dann bringen Sie sie zurück, damit ich sie abreiben und ihnen ihr Futter geben kann.«
    »Reiten Sie doch mit«, sagte Lia.
    »Haben keine Ponies hier, Ma’am, und die Fohlen sind erstens noch nicht zugeritten und zweitens nicht stark genug für diesen schweren Zwerg.«
    »Aber Sie haben doch die richtige Jockey-Größe, Horsy.«
    »Nur von Kopf bis Fuß. Von Schulter zu Schulter bin ich eine Kanonenkugel, die sie nicht gern balancieren.«
    Lia und die anderen ritten davon. Über die Ostweide ging es bergauf zu einem Kiefernwäldchen, das von einem Saumpfad zweigeteilt wurde. Sie brachten den von Kieferzapfen übersäten Weg in vierzig Minuten hinter sich und kehrten auf die Weide zurück. Hier trieb Jeff sein Pferd zu kräftigem Trab an. Martin und Carina jauchzten wie die Indianer und taten es ihm nach, Suzi ebenfalls, allerdings weniger freudevoll als die Kinder. Ubiquity – den Lia mit straffem Zügel und einem Strom von beruhigenden Nonsens-Worten geführt hatte – schnaubte, bäumte sich auf, zuckte und setzte den anderen galoppierenden Pferden nach.
    »Brrr!« rief Lia. »Verdammt, Yubik, langsam!«
    Aber der Vollblüter lief an Suzis Pferd vorbei, ließ die Kinder auseinanderstieben und überholte Jeffs keuchendes Tier etwa hundert Schritt vor dem östlichen Ende des Stalles. Ubiquity flog, und Lia hätte entspannt den Wind genossen, der ihre Augen peitschte – wenn sie nicht durch die Flanken des Hengstes die Sumpfigkeit des Weidebodens gespürt und zugleich gemerkt hätte, daß sie die Kontrolle über diesen pfeilgeraden Galopp restlos verloren hatte. Wie in einem kitschigen Cowboyfilm saß sie auf einem durchgegangenen Pferd, und Cal, der Held, den jeder Drehbuchautor zu ihrem Retter eingesetzt hätte, war eine viertelmillion Meilen weit weg.
    »Ich hab’s euch gesagt!« brüllte Jeff irgendwo hinter ihr Suzi zu. »Ich hab euch gesagt, daß sowas passiert!«
    Aber mir fehlt doch nichts, dachte Lia. Hier droht vielleicht Gefahr, aber nicht mir. Ubiquity wird eher Schaden erleiden als ich. Er läuft unter ungünstigen Umständen zu schrecklicher Geschwindigkeit auf, und ich warte darauf, eine seiner Fesseln knacken zu hören.

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