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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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erkennbare Spur von Sorge. Er fand einen kleinen Kalender in einer seiner Overalltaschen und konsultierte ihn.
    »Ostern ist immer am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der frühjährlichen Tag- und Nachtgleiche«, sagte er und sah Cal und Dolly an. »In diesem Jahr hätte es am elften April sein müssen. Aber wir haben’s nicht gefeiert. Easson hat überhaupt keine besondere Notiz davon genommen. Es war ein Sonntag wie jeder andere Sonntag auch.«
    »Ein Sonntag wie jeder andere Sonntag auf dem Mond«, korrigierte Dolly. »Vielleicht hat der Kaplan an diesem Sonntag Ostern deshalb nicht gefeiert, weil wir hier oben keinen Vollmond haben. Oder frühjährliche Tag- und Nachtgleichen. Oder genug fanatische Christen, daß es sich lohnen würde, um diesen Feiertag hitzige Umstände zu machen.«
    »Um Ostern?« sagte Vear empört. »Selbst laue Gläubige feiern das Osterfest. Wie konnte Kaplan Easson es total vergessen? Wie konnten wir es vergessen?«
    »Zu Hause ist es auch nicht gewesen«, sagte Cal. »Sonst hätte Lia mich in die Kirche geschleift.«
    »Hey, Gordon«, sagte Dolly. »Ich bin nicht mal lau. Ich bin im Grunde an guten Tagen Agnostiker und an schlechten Atheist.«
    »Und Kai?« attackierte Vear ihn. »Wie erklärst du dann ein Phänomen wie Kai?«
    Köpfe drehten sich nach ihnen um, und Cal merkte, daß er die beiden zum Schweigen bringen mußte, wenn er nicht riskieren wollte, außer Ostern noch etwas zu verlieren, nämlich die Gelegenheit, eine Zeitlinie abzureagieren, die es ihnen zurückbringen würde.
    »Kommen Sie, wir reden mit dem Bischof«, schlug er vor.
    Vear beachtete ihn nicht. »Und wenn du Agnostiker bist, Dolly, warum, in Gottes Namen, schreibst du dann eine Elegie für Kai, die lautet: ›Philip K. Dick – dieser Mann ist leider tot. / Einen Tritt in den Arsch verdienst Du dafür, lieber Gott.‹ Ich gebe zu, daß es verflucht unehrfürchtig ist, aber es enthält doch zumindest die Anerkennung der Tatsache, daß Gott existiert.«
    »Nicht so laut«, warnte Dolly den Major. Dreiviertel der Anwesenden im Raum hatten den Blick auf ihren Tisch gerichtet.
    Augenblick, dachte Cal. Einen Augenblick, verflucht. Dolly hat diese ›verflucht unehrfürchtige‹ Elegie nicht geschrieben. Ich habe sie geschrieben. Ich habe sie an dem Nachmittag geschrieben, als ich erfahren hatte, daß Dick tot ist. Dieser Kerl – dieser Computermensch – kann nicht mit meinem Gedicht abhauen, bloß weil er länger hier oben ist als ich …
    Erbost erklärte Cal, daß die Urheberschaft an der fraglichen Elegie ihm gehöre, nicht dem Zimmergenossen des Majors, und wenn Vear weiterhin anderes behaupte, sei er ein Lügner.
    »Vorsicht, Pickford«, konterte Dolly. »Gordon ist kein Lügner. Ich hab’s geschrieben. Vielleicht sollte ich mich nicht gar zu hastig als Autor eines solchen Knittelverses bekennen, aber die Ehrlichkeit hat auch etwas für sich, und so bin ich ehrlich und helfe Ihnen aus der Klemme.«
    Sehr clever, dachte Cal. Du arroganter Klugscheißer. Laut erklärte er: »Hören Sie, wenn Sie sagen, Sie haben meine Elegie geschrieben, dann sind Sie eines Plagiats schuldig.«
    Dollys Gesicht nahm den gespielten Ausdruck betretenen Entsetzens an. »O nein. Bitte bezichtigen Sie mich nicht, dieses schmuddelige Couplet plagiiert zu haben. Ich schwöre hiermit jedem Anspruch auf Urheberschaft ab. Es gehört Ihnen, Pickford.«
    »Sie können mir nicht geben, was mir schon gehört.«
    »Aber er kann Ihnen geben, was ihm gehört. Und Dolly hat dieses Gedicht geschrieben, kurz nachdem ich Kai ohne Anzug habe draußen herumtanzen sehen.«
    »Sie sind beide …« – Moment, dachte Cal. Das ist absurd. Wichtig ist nicht die Urheberschaft meiner Elegie für Dick; wichtig ist das Verschwinden des Osterfestes vom Kalender des Jahres 1982. Das ist das Problem. Und das sagte Cal laut.
    »Vielleicht hat Phil Dicks Auferstehung Ende März das Osterfest überlagert«, folgerte Dolly. »Vielleicht ist es ein Gesetz der Zeit, daß man pro Frühjahr nur ein großes Auferstehungsereignis haben kann.«
    Aber Vear brüllte: »Nichts ist so groß, daß es die Auferstehung des Gottessohnes überlagern könnte!«
    Ein hochrangiger Offizier an einem Nachbartisch stand auf und kam herüber. Zumindest ist es nicht Commander Logan, dachte Cal. Statt dessen war es Colonel Mick Hoffman, der leitende Shuttle-Pilot, der kürzlich den Commander überredet hatte, Vears ›Stubenarrest‹ aufzuheben, so daß er in den vollen aktiven Dienst

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